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Days of future past (S2:Ep4)

von | 2020 | 31. Mai | Die Serie, Staffel 2 - We didn't start the fire

In den Gassen der Provinz herrscht wieder Normalität,
der Pfingsttourismus ist da.
In der Quedlinburger Hölle,
zwischen Stieg und Pölle,
klatschen sich die Stadtführinnen und Nachwächter ab,
natürlich nicht ohne schuldbewusst
die Umstehenden aufzuklären,
dass so was eigentlich 500€ kosten würde.
Das Gelächter ist verhalten.
Weiter geht’s, hier entlang.
25 Menschen durch den engen Schuhof,
die anderen 25 Richtung Mummental.
Die Hölle ist ja bekannt
für ihre außergewöhnlich
gute Luftzirkulation,
also kein Grund zur Sorge.
Wohin die Touristen jetzt
wohl wieder zurückgefahren sind?
Na ja. Es scheint schlimmeres zu geben.
Die Nachrichten zum Beispiel.
Oder die Pest,
also die richtige, die von 1347 bis 1353.
Nicht die Justianische (527 bis 567),
sondern die, die halb Europa eliminiert hat.
Bei Arte gibt’s da jetzt ne spitzen Doku zu
(Das wollte ich immer schon mal schreiben)!
Darin heißt es jedenfalls,
dass einer der größten Faktoren
für die vergleichsweise rasante Ausbreitung
die Handelsrouten waren.
Auf denen ist der Erreger
nämlich unterwegs gewesen,
in Flöhen, die auf Ratten
auf Handelsschiffen
gemeinsam mit den materiellen Gütern,
auf der Suche nach Konsumenten und Wirten
durch Europa getourt sind.
(Was Ischgl schon damals für eine Rolle gespielt haben könnte,
wüsste Attila Hildmann, wenn er Weißwurscht essen würde.)
Ansonsten gab es in der Doku nichts,
was man nicht auch gewusst hätte,
hätte man eines der besten
Videospiele des letzten Jahres gespielt,
was ich hiermit allen Gamerinnen und Gamern
und allen, die das bäh finden auch,
nur mal kurz vorstellen will.

Weil es gut ist, weil es passt,
weil Videospiele inzwischen
besser sind als viele,
viele teure Filme,
und weil ein bisschen
Eskapismus und Katharsis
noch niemandem geschadet haben:
In der ernsthaft herzzerreißenden Geschichte
von „A plague tale – Innocence“,
rennen, schleichen und knobeln sich
die beiden Hauptcharaktere (Amicia, 17 und Hugo, 6)
durch ein grandios inszeniertes Frankreich
im Jahre 1347/48.
Nur mit einer Steinschleuder
und reichlich Grips
nehmen sie den Kampf mit
der Inquisition und den Ratten auf.
Und ohne es zu merken,
ist man hinterher gebildeter
als nach jeder Artedoku
oder Stadtführung
durch die mittelalterliche Provinz,
wobei vor dem ältesten Wohnhaus der Stadt,
dass zu Pestzeiten schon hundert Jahre gestanden hatte,
wieder die gleichen
halbgaren Geschichten erzählt werden;
die Pest wird beschwiegen.

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