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Endgame (S3:Ep17 – director‘s cut)

von | 2020 | 26. Oktober | Die Serie, Staffel 3 - Cope

Jawohl, es ist wieder soweit.
Keine Sorge, es folgt kein erneutes Covid Update,
ihr lest alle selber genug Nachrichten
über die neuesten Weihnachtsmarktabsagen,
die weltweit rasant steigenden Zahlen,
die nächsten Beschlüsse zu Hilfspaketen,
die nächsten Krisensitzungen,
die neuesten Maßnahmen.
Deswegen an dieser Stelle
erst mal ein erneutes Dankeschön an alle,
die hier immer noch,
wieder oder erst seit kurzem
mitlesen.
Die alle paar Tage dann doch wieder
auf “Mehr anzeigen“ tippen
und nach ein mal Runterscrollen entscheiden,
ob sie da jetzt grad Zeit für haben.
Und, was auch immer das hier noch wird,
als so eine Art Therapie ist es schon mal
sehr hilfreich.
An guten Tagen bilde ich mir sogar ein,
etwas sinnvolles zur Zeitdiagnostik beizutragen,
aber über das Jetzt zu schreiben,
hat schon so seine Tücken:

„In Zeiten des Umbruchs und der Ungewissheit wächst das Bedürfnis, besser verstehen zu wollen, in welcher Zeit wir eigentlich leben. Dabei gibt es nichts Schwierigeres, als das unmittelbare „Jetzt“ verstehen zu wollen, es in der Zeit einzuordnen. … Erst in der Retrospektive wird sichtbar, worin wir leben – und was vor uns liegt.“

(Peter Siller/Ole Meinefeld: Stichworte zur Zeit. 2020.)

Dass es sich aber beim ersten Jahr
der Doppelten Zwanziger
um ein Katastrophenjahr handelt,
damit lehne ich mich wahrscheinlich nicht
mehr all zu weit aus dem Fenster.
Denn egal, ob man die Pandemie
verharmlost,
überdramatisiert
oder einfach
ernst nimmt,
fest steht,
dass die Ereignisse dieses Jahres
sowohl in Menge als auch Drastik
zu unseren Lebzeiten einmalig sind.

Und egal, wann wir die Pandemie
überwunden haben werden
(und das werden wir),
sehr vieles wird nicht mehr so sein
wie vorher,
denn dazu hat sich schon
zu vieles verändert.
Was davon bleiben wird
und was sich weiter verändern wird,
darüber weiß man nichts genaues,
das kann und wird nur die Zeit zeigen.

Also wieder kopfüber in die Gegenwart.
Noch einmal tief Luft holen
vor der Staffelpause:
Nächste Woche um diese Zeit
sind es nur noch 24 Stunden
bis zu einem weiteren Staffelfinale:
Trump, Staffel 4 geht zu Ende,
und vielleicht, vielleicht
wird der Dreck dann endlich abgesetzt;
sogar die Avengers sind mit mehr Stil abgetreten…
Den Trailer zum Staffelfinale
hat am Wochenende
Sascha Baron Cohen,
der inzwischen wahrscheinlich
(neben Bansky)
bedeutendste Künstler der Gegenwart,
bei einem großen online Portal rausgehauen.
Geschrieben wird deswegen
seit Tagen nur noch über
Rudy Giulliani
(Ex-Bürgermeister von New York und
persönlicher Anwalt vom #Frisurensohn).
Warum?
Weil die brisante Szene aus dem Film
die ganze Misere um den Trumpismus
erneut auf äußerst eindringliche Art abbildet:
Der alte Mann,
der sein Leben seit Jahren nur noch
mit professionellem Lügen zubringt,
mit kriminellen Machenschaften, und
auf seine ranzig-toxische Männlichkeit
auch noch stolz ist,
liegt zu einer Zeit,
in der auch ihm klar ist,
dass es auf das Ende zugeht,
völlig schamlos (und besoffen)
auf einem Hotelbett,
während die junge Reporterin
das Exklusivinterview vorbereitet,
und „steckt sich das Hemd
zurück in die Hose“.
Mehr muss man gar nicht wissen.
H.C. Strache atmet auf,
endlich ist er nicht mehr der Typ
mit dem peinlichsten Politskandal
aller Zeiten (Ibiza-Gate).

Aber wie geht die Trumpsaga nun aus?
Dazu gibt es eine Menge Ansichten,
eine schrecklicher als die andere.
Gewinner der ganzen Sache
bleiben vorerst die Republikaner,
denn aller Voraussicht nach,
haben sie eines ihrer obersten Ziele erreicht:
Der Oberste Gerichtshof
ist auf Jahre in konservativer Hand
und die USA schreiten vorwärts
Richtung Vergangenheit.
Passend dazu wurde in der letzten Woche
das „Genfer Übereinkommen“ abgeschlossen:
Ein who is who
der frauenfeindlichsten Staaten der Welt
(Brasilien, Ägypten, Ungarn, Indonesien,
Uganda, Belarus, Saudi Arabien, Bahrain,
VAE, Irak, Sudan, Süd-Sudan, Libyen
und die USA)
einigen sich feierlich darauf,
dass Frauen nicht selber entscheiden dürfen,
was mit ihrem Körper geschieht.
In Polen, zum Beispiel, haben dagegen
auch die letzten drei Jahre Protest
nichts geholfen,
denn auch da wird Politik
von alten Männern gemacht.
Die neue oberste Bundesrichterin
wird sich sicher ein Beispiel daran nehmen,
die entsprechenden Klagen
sind seit Jahren vorbereitet.

Dass das Oberhaupt der katholischen Kirche
quasi zeitgleich verkündet,
dass für Gott alle Arten
der sexuellen Selbstbestimmung
gleich wertvoll sind,
ist dann der Treppenwitz,
den sich niemand hätte ausdenken können.
Aber zumindest das Kapitel Trump
wird wohl bald geschlossen.
Nur sieht es nicht so aus,
als ob das eine normale Wahl wird.
Jedes Szenario hat mindestens einen Haken.
Der größte wird allerdings erst einmal sein,
dass das endgültige Ergebnis
erst viele Tage nach dem Wahlabend
bekannt sein wird.
Womit wir beim ersten Szenario wären:
Die bis nächsten Mittwoch
ausgezählten Stimmen reichen Trump,
um erneut über das
diskriminierende Wahlsystem der USA
die Wahl zu „gewinnen“.
Das zumindest wird er sofort verkünden,
wenn nicht doch gleich klar sein sollte,
dass Biden gewonnen hat
(wonach es momentan allerdings aussieht,
aber dazu gleich mehr).
Falls dann im Verlaufe
der nächsten Tage bis Wochen
doch noch die vielbeschworene „Blue Wave“
über ihm zusammenbricht,
wird er von Betrug reden,
und hat mit dem frisch besetzten
obersten Gerichtshof
sicher hilfreiche Entscheidungshelfer…
Das wäre dann der endgültige Schritt
in den Faschismus
US-amerikanischer Prägung.
Das ist das hässlichste
und tatsächlich aber
unwahrscheinlichste Szenario.
Wahrscheinlicher ist da schon,
dass er kurz nach der Niederlage
zurücktreten wird,
bis Januar ist er ja faktisch noch im Amt.
Dass dann einfach nichts passiert,
ist wiederum sehr unwahrscheinlich,
da ihn das ja dann einfach so
der Justiz aussetzen würde,
da er keine politische Immunität mehr besitzt.

Bei der Latte an Strafverfahren,
die auf den Gerichten auf ihn warten,
würden ihm zur Strafvermeidung
nur zwei Optionen bleiben,
die Szenarien drei und vier:
Er kann das Land verlassen.
Geht aber schlecht,
weil: Pandemie.
Oder er kann sich
vom dann Übergangspräsidenten
begnadigen lassen,
was die Story vom alten weißen Mann
nur vervollständigen würde.
Hier ergibt sich ein weiteres Horrorszenario:
Mike Pence hat eine plötzliche Erleuchtung,
erkennt, dass die Pandemie
doch keine gerechte Strafe Gottes ist,
und ändert den Kurs
um 180 Grad.
Sprich: Lockdown, Ausgangssperren,
Verelendung von allen
die nicht privilegiert sind;
Gilead 2.0.
Hoffentlich bleibt das
aber nur ein Horrorszenario.
Das glimpflichste Szenario ist
dann aber auch das wahrscheinlichste:
Nach seiner Niederlage
gelingt es ihm irgendwie,
eine spektakuläre Opferrolle hinzulegen,
um fortan als Schattenpräsident
das Internet und seine Trolle zu beherrschen.
Und dagegen gibt es ein ganz einfaches Mittel:
Wegklicken,
auf stumm schalten,
aus dem Feed entfernen.
Es bleibt zu hoffen,
dass die Weltpresse, Twitter und Co.
ihre Lektion aus den
letzten vier Jahren gelernt haben,
oder wenigstens einfach
keinen Bock mehr
auf dieses Arschloch haben.
Wir haben echt
alle besseres zu tun.

Denn die Welt dreht sich
natürlich auch nach dem 4. November weiter,
und hoffentlich, hoffentlich
wieder in die bessere Richtung.

Sollte das wirklich passieren,
verspreche ich, dann nur noch ein mal
was über den Frisurensohn zu schreiben,
und danach
nie wieder!

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