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„Basketball wieder sexy“ (Spezialepisode)

von | 2022 | 19. September | Die Serie, Staffel 7 - Half a world away

„Wir
haben
den deutschen
Basketball
wieder
sexy gemacht.“

(Dennis Schröder. Twitter/Insta. 2022.)

 

Dennis, ich habe so viele Fragen.
Ich gebe ja gerne zu,
dass an der Aussage auch was richtiges ist.
Und vor allem mal
etwas völlig unverfängliches
und positives noch dazu.
Aber:
Wer ist „wir“?
Was ist „deutscher“ Basketball?
Was bitte ist „haben gemacht“ für langweiliges Deutsch?
Und was zur Hölle soll denn bitte „wieder“ bedeuten?

Bevor ich drei dieser Fragen
selber beantworte,
zunächst eine ganz allgemeine Feststellung:
Basketball und „sexy“,
das ist quasi deckungsgleich;
nichts weiter als das perfekte Synonym.
Also wenn man davon ausgeht,
dass Mannschaftsballspielsportarten
auf irgendeine Art „sexy“ sein können
(was ich aber grundsätzlich nachempfinden kann).
Unbestritten ist Basketball
unter allen artverwandten Spielen
(zwei Teams müssen
eine Art Ball
in irgendeine Art „Tor“ bugsieren,
um Punkte zu erhalten,
wer am Ende mehr davon hat,
hat gewonnen,
also:
Fußball,
Handball,
Football,
Volleyball,
Wasserball,
Lacrosse,
(Eis-)Hockey,
Baseball,
Cricket,
Polo, etc.
und deren Unterarten)
die mit Abstand attraktivste.
Athletisch, schnell, präzise;
einfach schön anzusehen.
Aber das gleich „sexy“ zu finden?
Wahrscheinlich Geschmackssache.
Ich verstehe die kommuninaktive Absicht dahinter,
sex sells,
aber Dennis,
man muss den Nichtwissenden
ja nicht gleich alles
unter die Nase reiben.

Aber es sind ja auch eher die anderen Teile
dieses netten Satzes,
die mich irgendwie aufregen.
Es ist natürlich für den Basketball
in Deutschland fantastisch,
dass die Nationalmannschaft
bei der Europameisterschaft
so fantastisch gespielt hat.
Mit Bronze war allerdings
nicht unbedingt zu rechnen.
Die Konkurrenz war übermächtig.
Erfolg macht eben sexy.
Und so ein drittes Viertel
wie im Viertelfinalsieg
gegen Griechenland (Top-Favorit)
bringt die Sache schon fast
in die Nähe von „horny“,
aber:
Basketball ist in Deutschland
schon etwas länger
„wieder sexy“.
Die seit einiger Zeit
bereits schon wieder wachsende Anzahl
der Jugendmannschaften zeigt das,
auch die vielen (aktuellen) NBA-Trikots
auf den Schulhöfen zeigen das.
Die Moves der Kids beim Training zeigen das.
In sämtlichen Teenieserien der letzten Jahre,
war die einzige Sportart,
die auch „die Guten“ spielen durften,
immer Basketball.
Die Antwort auf eine der Fragen lautet also:
Basketball ist nicht wieder sexy,
sondern schon immer.
Das weiß auch Dennis Schröder,
also muss er etwas anderes meinen.
Nach 26 Punkten im Medailien-Match
meinte er vielleicht auch ein bisschen sich selbst,
womit er ja auch nicht unrecht hat.
Aber trotzdem,
wer sollen denn diese „wir“ jetzt genau sein?
Klar, er meint seine Mannschaft.
Vergisst aber dabei alle anderen.
Alle Trainer in Deutschland.
Alle Spieler.
Alle Vereine.
Denn ohne die
wäre der Basketball
in Deutschland
ziemlich unsexy,
weil tot.

Und damit zur dritten Frage,
der nach dem „deutschen“ Basketball.
Ich mach es kurz:
So etwas gibt es nicht.
Basketball ist ein Spiel,
kann also schlicht keine Nationalität haben,
ist aus sich selbst heraus international,
deswegen gibt es ja auch, zum Beispiel
kontinentale und globale Meisterschaften.
Was Dennis also hoffentlich gemeint hat,
ist: Basketball IN Deutschland.
Und auch da stimme ich ihm dann voll zu.
Nur eben, dass der Erfolg einer deutschen Mannschaft
eben nichts über die Sexyness des Basketballs
in Deutschland aussagt.
Denn, in der medialen Wahrnehmung
ist Basketball schon mal relevanter gewesen.
In den 90ern.
Oder auf dem Höhepunkt
der Karriere von Dirk Nowitzki (NBA-Champ, MVP).
Ansonsten ist hier Handball noch populärer,
und das sagt eigentlich schon alles.

Sei’s alles drum.
Diese Spezialepisode gibt es eigentlich nur,
weil ich ein paar Ereignisse nachreichen will,
die bei dem ganzen Chaos sonst
nicht liegen bleiben sollen,
wie so eine getragene Socke,
die man in der Umkleidekabine vergisst.
Luka Doncic ist also doch ein Mensch
und kein Computerspiel.
Gerade noch auf dem Weg
zum ewigen Punkterekord der EM,
zack, schlechten Tag gehabt, rausgeflogen.
Giannis gings da nicht anders
(und die beiden Dreier
von Franz Wagner
in sein Gesicht
waren dabei nur die Krönung).
Am Ende ist es mal wieder Spanien geworden.
Basketball kann alles.
Sogar langweilig sein.

Oder eben sexy.
Wie zum Beispiel auch
die Las Vegas Aces,
die am gleichen Wochenende
ihre allererste WNBA-Meisterschaft gewonnen haben.
Oder wie ein
original im letzten Spiel getragenes Trikot
von Michael Jordan,
das am gleichen Wochenende
für 10 Millionen bei Sothebys versteigert wurde.
Oder wie Dennis Schröder,
der noch vor dem Bronzespiel
seinen neuen Vertrag
bei den Lakers verraten konnte.
Oder wie Franz Wagner,
der von alten deutschen Basketballgreisen
schon als der bessere Nowitzki verkauft wird.

Anyways,
Basketball bleibt geil
(und nicht bloß sexy);
in zwei Wochen geht die NBA wieder los,
und ich spiele bald
mein erstes Spiel
für die Alten Herren.
Und wehe,
einer nennt uns heimlich
Graue Panther!

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