„Despite that he saw blatant similarity
he struggled to find a distinctive moiety.
All he found was vulgar superficiality.
But he focused it to sharpness
and shared it with the others.
It signified his anger and misery.“
(Bad Religion: Them and us. 1996)
Und manchmal
gibt es einfach keine Metaphern mehr.
Nur noch Fassungslosigkeit.
Auch darüber,
dass sich dieser Zustand
immer noch steigern lässt;
egal wie oft man die Superlative
schon gestreckt hat.
Um dem zu entgehen,
ziehen es die meisten inzwischen vor,
gar nicht mehr hinzuschauen,
und wenn, dann nur ganz kurz.
So wie früher.
Und ehrlich,
das ist niemandem vorzuwerfen.
Wer noch nie in den Himmel geschaut hat,
nur um zu vergessen,
wie grausam es darunter geworden ist,
der*die kann den Stein auch einfach liegen lassen,
es fliegen doch eh schon mehr denn je.
Auf den heißesten September aller Zeiten
folgt also ein Herbst,
der sofort in Flammen aufgeht.
Die glühenden Wolken
an den Rändern der Tage
kommen mit der Symbolik
gar nicht mehr hinterher.
So.
Und vor lauter Fassungslosigkeit
habe ich heute auch keine Muße
für clevere Überleitungen.
Die Gründe dafür
folgen jetzt.
Unerträgliche Steigerungen garantiert.
Und, ich muss es mal wieder dazuschreiben:
Alles (und noch viel mehr)
ist wirklich (nur in dieser Woche) passiert;
keine Zuspitzungen,
keine Dramatisierung.
Chronische Gegenwart.
Die Woche beginnt bei bestem Wetter:
In Bordeaux werden Anfang Oktober
35°C gemessen,
auch über dem Harz strahlt der Himmel
nicht anders als in den letzten Monaten.
Auf der gerade zu Ende gegangenen Münchner Wies’n
wurde mit 7,2 Millionen Besucher*innen
ein neuer Rekord aufgestellt,
also das größte Volksfest aller Zeiten.
Und obwohl die Partystimmung
eigentlich nicht noch weiter überschwappen kann,
einigt sich die Welt sogar mal auf was sinnvolles:
Fast 10 Milliarden werden
für den „Green Climate Fund“
ausgegeben.
Allein die Hälfte davon
kommt aus nur zwei Ländern:
Großbritannien
und Deutschland.
You’re welcome.
Und dann geht die Feier
auch schon wieder zu Ende,
am Dienstag ist Feiertag.
Während
in Taiwan
Tropensturm „Koinu“
seine Spuren in der Geschichte hinterlässt,
und auf Teneriffa
die Waldbrände einfach nicht zur Ruhe kommen,
während
eine Sturzflut und ein sich anschließender Dammbruch
im Norden Indiens
das Leben hunderttausender für immer verändert,
und der Mont Blanc
schon wieder zwei Meter kürzer geworden ist,
und während
täglich
20.000 Kinder
vor der Klimakatastrophe fliehen müssen,
während all dessen
holt hier im Weltkulturerbe
der Wendewind
die Nüsse
vom Baum
hinterm Zaun;
die zweite Hälfte des Einheitstages
ist leicht verregnet.
Völlig normal
Anfang Oktober
überall in Deutschland.
Und deswegen hier also noch schnell
zwei nachgeholte Kommentare
zum „Ein Bus namens Wayne Tag“.
Ich zitiere zunächst
den Bundeskanzler,
der das hier
nicht in der Elbphilharmonie,
sondern bei X rausgehauen hat:
„Wo Neues am Horizont auftaucht,
bieten sich immer auch Chancen.
Wir verdanken dem Mut der Ostdeutschen viel:
Sie schenkten unserem Land
seine Einheit
in Frieden
und Freiheit.
Auch in herausfordernden Zeiten wie diesen
geht es darum,
Horizonte zu öffnen.“
Aha.
In dieser Logik
müsste also „unser Land“
den „Ostdeutschen“
(in meinem Falle also „uns“?)
dankbar(?)
sein?
Okay, bitte:
Gern geschehen?!
Merkt man nur
irgendwie nix von.
Und was für eine Sülze
soll denn bitte „Neues am Horizont“ sein?
Wie ungenau kann man Krisen beschreiben?
Und wo sind die Grenzen der leeren Metapher?
Und damit zum zweiten Zitat,
verbrochen vom Bundespräsidenten,
hier, wegen Gründen, im Konjunktiv:
Der Westen des Landes
würde
dem Osten des Landes
das Gefühl geben,
ein falsches Leben gelebt zu haben,
was nicht gut wäre.
Nee, das wäre
auch einfach nur falsch;
mal abgesehen von irgendwelchen Gefühlen,
die irgendwer irgendwem gegeben hätte.
Denn wie in diesen Tagen
auch immer offensichtlicher wird,
verhält es sich genau spiegelverkehrt:
„Der Westen“
gibt „dem Osten“
eben nur das Gefühl,
denken zu müssen, er
hätte
ein falsches Leben geführt;
Spiegelneuronen,
ick hör’ Euch trappsen!
Denn die Wahrheit ist doch auch die:
„Der Westen“ kann sich nicht ehrlich eingestehen,
dass er doch auch bloß
kein richtiges Leben geführt haben kann,
denn das gibt es nun mal nicht
im Falschen.
(Diese Pointe wurde Euch präsentiert
von Herbert W. Horkheimer,
und begleitet
durch das Tanzorchester Heinrichs-Platz.
Stabile Grüße gehen raus!)
Damit dann zum nächsten Wohlfühlthema:
Faschos.
Heute aber in der leichteren Variante,
denn, Bella, es gab zur Abwechslung mal
mehr zu lachen
als zu weinen.
Lokal ist die Kacke
zwar weiter am Dampfen
(in Wienrode
musste die Antifa noch mal vorbeischauen,
in Ballenstedt und Rieder verschönern Extreme
die Stadtmauern mit Mordaufrufen
(„Tötet die Grünen“).
Aber bundesweit
gab’s bestes selbstentlarvendes Entertainment,
so bescheuert,
dass es vielleicht doch noch
ein paar „Protestwähler“
rechtzeitig mitkriegen könnten.
Heiter los geht es dabei
erstmal in Gera,
wo die extreme Rechte Mitteldeutschlands
(Elsässer und Gefolgschaft)
im Regen
gegen gegen die „Hampelregierung“ demonstriert
und einen „Tag der Freiheit“ ausruft.
Der Chefeinpeitscher selbstpersönlich
kippt vor 1.600 Menschen
das braune Honigfass aus:
Gera sei deutscheste Kundgebung überhaupt!
Mindestens 600 Menschen
sehen das lautstark anders.
Mehr als ein durchnässtes Fahnenmeer
ist aber wohl nicht los.
Und zur Mitte der Woche
wird es dann richtig schlimm peinlich.
Alle die dachten,
sie hätten schon die aller dümmsten Opferrollen gesehen,
mussten sich als widerlegt betrachten:
Die AfD hatte Alice Weidel
als Hauptrednerin
zum Tag der Deutschen Einheit
in Mödlareuth geladen;
einem Ort,
der sowohl in Bayern
als auch in Thüringen liegt
und durch den früher
die innerdeutsche Grenze verlief.
Der Termin sollte
der Höhepunkt des AfD-Wahlkampfes in Bayern sein.
Sollte.
Denn nur Stunden vor dem Auftritt:
Alarm!!
Gefahr für Leib und Leben!1
Alice und Familie werden in ein Safehouse gebracht.
Nur einen Tag später
tauchen dann echte Bilder im Spiegel auf:
Alice mit Freundin auf Mallorca.
Aber es kommt noch dümmer,
und zwar ebenfalls in Bayern:
Alarm!1!
Tätlicher Angriff11!!!1
auf den Co-Vorsitzenden Chrupalla!18!!
Krankenhaus!11
Die Gerüchte schießen
sofort ins Kraut:
Nur Aufmerksamkeit erregen/von irgendwas ablenken?,
Provokation durch bezahlte Provokateure?,
Kantholz?,
nein?, Spritze?,
doch nicht etwa Corona??
Die Nacht verbringt er im Krankenhaus
auf der Intensivstation:
Am nächsten Morgen
keine Anzeichen für eine Verletzung,
aber tatsächlich eine Einstichstelle,
allerdings keine giftigen Substanzen.
Das Internet einigt sich später auf:
Wespenstich
(und vielleicht allergischer Schock).
Auch lustig
(auf diese strange Weise):
Elon Musk beteiligt sich auf X
an den rechten Verschwörungserzählungen.
Aber es gab ja auch noch handfeste
gute Entwicklungen:
Der BGH zieht einen Schlusstrich:
AfD-Richter Maier
darf nicht mehr als Richter arbeiten.
Ende der Durchsage.
Ähnlich deutlich wird das BVG:
Die AfD scheitert
mit ihrer Härtefallkommissionsverhinderung (Nazischeiß)
in Thüringen.
Und auch das führt in Bayern,
genauer in München,
zur nächsten Sause unter bayuvarischen Wolken:
Beim „Zammreissen“
versammeln sich 35.000 Menschen
gegen Rechts.
Einen Tag später ist die Stimmung aber wieder im Eimer:
In Österreich wird Peter Klien (stabiler ÖR-Dude)
von der Kickl-Security
in den Schwitzkasten genommen.
Presse- oder Kunstfreiheit?
Bei Faschos nur noch ideologischer Schmarrn.
Und außerdem können die
sich diese ganze Scheiße inzwischen eben leisten,
denn just in dieser Woche
haben sie auch auf den größeren Bühnen bejubeln können,
wie ihre Ideologie
zum neuen europäischen Standard wird.
Die EU einigt sich dann doch sehr schnell
auf eine ziemliche Verschärfung des Asylrechts.
Ungarn und Polen
sperren in Granada noch mal extra
gegen die gemeinsame Erklärung,
denn Orban fühlt sich geradezu „rechtlich vergewaltigt“.
Wenigstens nicht gleich „von den Flüchtlingen“.
In Sachsen hat man aber noch Anschlussverwendung:
Kretschmer will minderjährige Geflüchtete
am liebsten gleich in die Ausbildung schicken.
Wer nicht lesen und schreiben kann,
und minderjährig ist,
der unterschreibt doch immer gerne Verträge.
Und auch Bundespräsident Steinmeier
ist inzwischen bei einer „Obergrenze“ angekommen,
wahrscheinlich aber nur,
um der CDU das Wasser abzugraben.
Aber was soll er auch machen,
wenn ungezählte Landkreise seines Landes
massive Kürzungen für Geflüchtete fordern…
So.
Und apropos Landkreis.
Es folgt ein kurzer,
provinzieller Verschnaufer,
wenn Ihr mögt,
könnt ihr wahlweise
auch einfach mal ein paar Minuten in den Himmel schauen,
während Ihr langsam weiter runterscrollt.
Es geht um Fußballkultur,
einen Landrat aus Thale
und um einen Ehrenbürger Quedlinburgs,
der auch noch Schriftsteller war
und 1910 in Berlin gestorben ist.
Julius Wolff,
sowas wie der kleine Thomas Mann des Weltkulturerbes,
wurde vor fast 200 Jahren
hier um die Ecke,
im heutigen „Hotel zum Bär“,
als Sohn eines Tuchfabrikanten geboren.
Er ging brav durch die Gassen zum Gymnasium
und studierte dann in Berlin
Wirtschaftswissenschaften und Philosophie.
Er kehrte brav zurück,
übernahm die Fabrik seines Vaters
und musste sie nur wenige Jahre später verkaufen.
Von dem Geld gründete er die „Harz-Zeitung“,
nahm zehn Jahre später als Landwehroffizier
am Deutsch-Französischen Krieg teil
und ließ sich dann mit seiner Familie
als freier Schriftsteller in Berlin nieder.
In seinen letzten Lebensjahren
hatte er es bis zum Professor gebracht,
obwohl er nur ein „Butzenscheibendichter“ war.
Am bekanntesten dürfte seine Version
des „Rattenfängers von Hameln“ sein,
wo er ebenfalls Ehrenbürger ist.
Ihr fragt Euch jetzt zurecht,
was der denn bitte mit Fußballkultur
und einem Landrat aus Thale zu tun haben soll.
Sollt ihr ja auch.
Also:
Es ist der 7. Oktober 2023.
Im Stadion des 1. Magdeburger Fußball Clubs
fotografiert und postet
eben dieser Landrat
die Kulisse der Gegentribüne
bei einem Zweitligaspiel.
Schätzungsweise 8.000 Menschen
tragen ein ein riesiges Transparent,
auf dem das Vereinslogo,
das Wappen meines Landkreises
und in riesigen schwarzen Lettern „HARZ“ zu sehen sind.
So weit, so Sachsen-Anhalt.
Von Julius Wolff jedenfalls stammen die Worte,
die darunter,
in weiß umrandeter Frakturschrift
auf schwarzem Grund zu lesen sind:
„Um Deine Berge weht ein alter Sang
– Gewaltig, Grausenvoll wie Donnerklang“.
Und jetzt die entscheidene Frage:
Hätte Julius Wolff CDU gewählt?
Keine Ahnung.
Im Harz gibt es übrigens seit dieser Woche offiziell
wieder ein echtes Rudel Wölfe.
Und Schafe gibt es
auch immer noch genug.
Okay,
eigentlich wollte ich jetzt
nur noch ein paar halblustige Gags
zu Randthemen bringen,
bisschen USA,
bisschen Sport,
bisschen social media,
bisschen Kapitalismusbashing,
nochmal bisschen Faschobashing,
und dann
noch ein bisschen
den Abendhimmel genießen.
Aber ich hatte Euch ja auch
maximale Eskalation versprochen,
und damit kann ich auch nicht länger warten.
Denn vor den Ereignissen,
die gerade in Israel, Gaza,
und in Kurdistan
die Welt erschüttern,
dürfen die Augen
nicht mal zum Blinzeln geschlossen werden:
Der nächste Beginn des Dritten Weltkrieges.
Und dieses Mal
in richtig bestialisch.
Zu Wochenbeginn
nehmen zunächst die türkischen Bombardierungen
im Nordirak massiv zu,
in der Türkei selbst
werden mehr als 1.000 Menschen festgenommen,
„Terrorverdacht“.
Dann bombardiert Israel
mal wieder Stellungen in Syrien
und trifft dabei sehr wahrscheinlich auch die „Hamas“.
Am Donnerstag sterben in Homs
100 Menschen auf einen Schlag,
weiter als bis zu „Terror …“
kommen die Weltmedien aber nicht.
Denn:
Während die Türkei
die verbliebene Infrastruktur Kurdistans
in Schutt und Asche legt,
wird Israel mit einem Angriff überzogen,
den es in diesem Ausmaß noch nie gegeben hat.
Und ja, verdammt,
das will was heißen.
Zeitgleich mit bis zu 5.000 Raketen
wird das Land vom Gazastreifen aus überfallen:
Im Süden ziehen Islamisten durch die Dörfer.
Sie brandschatzen, vergewaltigen, morden;
sofort ist von mehr als hundert Toten die Rede,
und es sollen deutlich mehr werden.
Als ob das Mittelalter nie aufgehört hat.
Nichts anderes als das fürchterlichste Pogrom
seit dem Ende der Nazidiktatur.
Die „Hamas“ spricht vom „Tag der großen Schlacht“
und dem Beginn einer „Militäroperation“.
Israel und Gaza rufen zeitgleich
den Kriegszustand aus.
Der erste Gegenschlag
fordert über 200 Tote in Gaza-Stadt.
Benjamin Netanyahu
verspricht als erstem Joe Biden
den „endgültigen Sieg“.
Soliwellen wie selten
rollen durch das Internet.
Israels Oppositionsführer Lapid
sieht einen „harten, komplexen und langen Krieg“ kommen
und bietet selbstverständlich eine Notstandsregierung an.
Nicht wenige arabische Staaten
sehen Israel klar in der Verantwortung.
Und der Iran hofft tatsächlich
auf die „endgültige Ausrottung“,
wenn auch nur zur „Selbstverteidigung“.
Israel dreht dem Gaza-Streifen den Strom ab,
und die tagesschau
hat jetzt doch einen dritten Liveticker.
Zur Stunde tagt der UN-Sicherheitsrat
ebenfalls unter völliger Fassungslosigkeit.
Und alle dort müssten
erst wieder von ihren Tischen aufstehen dürfen,
wenn an keinem Himmel der Welt
mehr Raketen fliegen.
Stattdessen aber
stehen bloß die nächsten Pulverfässer
schon viel zu nah an der Lunte:
Armenien
bereitet sich bereits auf den nächsten Krieg vor
und die Bundeswehr plant eine größere Präsenz im Nordkosovo,
vor dessen Grenzen sich das serbische Militär sammelt.
Das ist eigentlich schon nicht mehr 1914,
das ist irgendwie schon ein Jahr später.
Und außerdem:
Nichts Neues.
Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe. Woche 83.
Der Krieg verschwindet für den Augenblick in die zweite Reihe. Montag: Mützenich weiß: Russland ist für die hohen Asylanträge in Deutschland verantwortlich. Der neue/alte (pro-russische) slowakische Präsident bleibt zunächst bei „Keine einzige Kugel“. Die EU-Außenminister treffen sich in Kiew. ACAB fordert einen neuen „Winterschutzschirm“ für die Ukraine. Italien übernimmt die Schirmherrschaft über den Wiederaufbau Odessas. In Donezk weiter nichts Neues. Musk macht sich über Selenskyj lustig, der findet das unlustig. Dienstag: In Charkiw wird die erste unterirdische Schule gebaut (60 Klassenzimmer in U-Bahn-Stationen). Selenskyj kommt beim Frontbesusch vorbei und verspricht, die Stadt werde das Zentrum eines starken Ostens. Über der Krim und großen Teilen der Ukraine arbeitet die Luftabwehr beinahe ohne Pause. Biden verspricht weitere Unterstützung, auch wenn der Wind im Kongress gedreht hat. Mittwoch: Über Brjansk, Belgorod und Kursk werden Drohnen abgeschossen. Die russische TV-Journalistin Marina Owsjannikowa (die mit dem Antikriegsschild vor 80 Wochen) wird zu achteinhalb Jahren verurteilt. Scholz will keine Taurus liefern, die Ukraine würden sich doch auf die USA verlassen, dafür gibt es mehr Patriot-Raketen. Donnerstag: Im Süden und Osten kommt niemand mehr voran. Hofreiter nennt die versagten Taurus-Lieferungen ein „verheerendes Signal“. Stromausfälle im Westen Russlands nach Drohnenangriffen. In Granada findet ein EU-Gipfel statt. Die Ukraine soll Streumunition auf russischem Gebiet verwendet haben. In Cherson wird eine Klinik getroffen. In Kupjansk wird ein Supermarkt getroffen, über 50 Zivilisten sterben. Wüst drängt Scholz zu Taurus-Lieferungen. Scholz will damit aber eine „Eskalation verhindern“. Putin verkündet in Sotschi die „Errichtung einer neuen Welt“. Freitag: Wieder steht die Region Charkiw unter massivem Beschuss, der Kreml beteuert, keine zivilen Ziele zu beschießen, was auch für den gestrigen Großangriff gelte. Steinmeier besucht das erste Mal Biden in Washington. Am „Lesja Unkrainka“ Denkmal in Moskau liegt ein blau-gelbes Blumenmeer. Samstag: In Odessa schlagen Raketen ein. In Cherson tötet eine Autobombe einen russischen Parteifunktionär. Sonntag: In der folgenden Nacht schlagen erneut russische Raketen ein und auch an der Ostfront wird unerbittert weiter geschossen, Kinder sterben. Am Abend spricht Selenskyj Israel sein Beileid aus.
Dieses Kriegsprotokoll schreibe ich übrigens
während das erste mal seit Kriegsbeginn
der Ukraine-Krieg vorübergehend
überhaupt gar nicht mehr
auf der Startseite der tagesschau zu finden ist,
an einem Sonntagabend, nicht mal nach dem Sport;
ich musste beim Guardian nachschauen.
Inzwischen werden die Meldungen aus Israel
immer nur noch schrecklicher…
Also kann ich nicht anders
und trauere wenigstens
der untergegangenen Sonne des Westens
(aka USA)
noch mal schnell hinterher.
Es hätte doch alles so schön werden können:
Die Late Night Shows sind wieder da!
Die Gewerkschaften der Gastronomiearbeiter*innen
haben einen Mindestlohn von 20$ erstritten!
Simone Biles ist endgültig
die mit Abstand beste Turnerin der Geschichte,
und Trump zieht vor Gericht
eine dumme Fresse.
Aber nein,
auch hier nichts mehr zu lachen.
Neues Oberarschloch der Staaten,
Matt, die „Skandale“ interessieren gar nicht mehr, Gaetz
will den Kongresschef absetzen.
Und das schafft er auch.
Jetzt ist die republikanische Partei
mal wieder endgültig durch.
McCarthy hat aber immerhin
ein „reines Gewissen“,
er „habe Geschichte geschrieben, oder?“
Und die wird natürlich
auch nur noch beschissener,
denn die ersten Namen für seine Nachfolge,
die die Runde machen,
sind Jim, Matt Gaetz, nur ein bisschen älter, Jordan
und, klar:
Donald Trump,
dem es momentan aber gerichtlich verboten ist,
sein Maul überhaupt aufzureißen.
Und derweil,
weil geht nun mal nicht anders,
lässt Joe Biden „The Wall“ einfach weiter bauen,
die Rechnungen sind nun mal schon bezahlt.
Draußen ist der Himmel inzwischen
wieder gewohnt schwarz,
und die Deadline steht ungeduldig im Türrahmen.
Unter den Geiseln der „Hamas“
sind jetzt auch offiziell Deutsche,
und tausende Terroristen bahnen
sich weiter ihren blutigen Pfad durch Israel.
Selten hatte ich so viel Lust,
die Episode einfach frustriert abzubrechen,
aber auch noch nie so viele Anlässe.
Und, ihr ahnt es,
mit denen sind #DieDoppeltenZwanziger
immer noch nicht fertig:
In Afghanistan fordert das nächste Jahrhunderterdbeeben
mindestens 2.000 Todesopfer,
während an den Grenzen von Pakistan
zwei Millionen ausgewiesene Afghanen*innen
auf die „Rückführung“ in ein zerstörtes Land
warten müssen.
In dieser Gegenwart
und unter diesem unendlich geteilten Himmel
bedeuten dann auch Nobelpreise nichts mehr.
Vergeben wurden sie aber trotzdem.
Der Preis für Medizin
geht an die Erfinder*innen der mRNA-Impfungen
(die Ungarin Katalin Karikó und der US-Amerikaner Drew Weissman).
Den Literaturnobelpreis erhält mal wieder ein eigentlich unbekannter:
Jon, „Fozzy Bear“, Fosse aus Norwegen,
der damit wenigstens beweist,
dass der Titelklau tatsächlich höchste Kunst ist.
Sein Thema?
Das Unsagbare,
der Tod.
Was auch sonst?
Und den Friedensnobelpreis
gewinnt die iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi,
die sich darüber im Gefängnis bestimmt
ganz dolle freuen kann.
Zu guter Letzt für heute
wollte ich eigentlich
noch mal über die Quedlinburger Wies’n herziehen,
aber was soll’s,
Katerlaune ist das Gebot der Stunde,
die Parties unter blauen Himmeln
sind für dieses Jahr
eben einfach vorbei.
Und nicht mal in Bayern oder Hessen
hat man noch die Wahl zu feiern:
Alles wie immer,
nur eben noch viel rechter:
Die AfD
gewinnt in beiden Ländern deutlich dazu
und hat damit bereits die Hälfte
der aktuellen Ostprozente erreicht.
Die Landesregierungen aber bleiben wohl „intakt“,
das hätte ja jetzt auch noch gefehlt.
So.
Endlich Schluss mit Doomscrolling
für diese Woche.
Denn auch mit X,
ehemals Twitter,
hat es sich dann endlich wirklich ein für alle Mal erledigt,
was wohl noch die beste Nachricht der Woche ist.
Denn der letzte Exodus hat begonnen,
die Kloake bleibt sich selbst überlassen,
und die halbwegs vernünftigen
haben endlich wieder einen neuen Hafen
für ihre Selbstvergewisserung gefunden.
Sein Name:
Blue Sky.
Und die Wolken ziehen weiter…

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