Foto: Besser so*. Quedlinburg. Mai 2024.
Was für ein höllisch gutes Wetter
zur diesjährigen Walpurgisnacht
im Harz!
Mindestens drei Sonnen am Himmel
über den voll ergrünten Berghängen des Nordrandes,
in der Luft Motorschirme,
die zum Brocken fliegen.
Und ich durfte mal wieder Hausgeist sein:
Auf dem Balkon das Panorama genießen
und immer wieder die Nase ins Buch stecken,
während die Katze auf der Brüstung
nach Mäusen Ausschau hält,
und die Hündin alle paar Minuten
von der Sonne in den Schatten wechselt.
Die Provinz ist in solchen Stunden
fast ein bisschen zu paradiesisch.
Dafür hängen an den Laternen des Weltkulturerbes
seit einigen Tagen bereits
die Kampfansagen für den nächsten Monat.
Wenn das Superwahljahr auch Quedlinburg erreicht.
Aber dazu später.
Denn am nächsten Tag schon,
dem ersten im Mai dieses Jahres,
kippt das Wetter schon wieder ins Negative:
Zum ersten Mal in diesem Jahr
brennt der ausgetrocknete Restwald am Brocken.
Ungezählte Ausflügler*innen sitzen
stundenlang auf dem Gipfel fest,
weil die Bahn den Betrieb eingestellt hat.
Revolten bleiben aus,
die Aussicht scheint auszuhalten zu sein.
Die Brockenbahn wird zum Wasserzug,
das gelbe Löschflugzeug löscht,
und die fitten unter den Ausflügler*innen
treten den Weg ins Tal zu Fuß an.
Nach ein paar Stunden
ist Urian bereits besänftigt,
die Flammen ziehen sich für’s erste zurück.
In diesem Geiste verlaufen auch
die landesweiten Mai-Demonstrationen.
Begleitet von einem deeskalierenden Großaufgebot
kommt es weder in Berlin noch in Hamburg
auch nur zu den kleinsten Zwischenfällen.
Was schönster Sonnenschein
und Cannabislegalisierung
so bewirken können.
Im Berliner „Görli“
wird gegen Zäune und Scheinwerfer demonstriert,
alles aber auch
ganz in Ruhe.
Nur Stuttgart maitanzt
überraschend aus der Reihe:
Dachlatten (mit Schrauben),
diverse andere Schlagwerkzeuge,
Pfefferspray,
Schläge und Tritte
gegen die Polizei.
Die nimmt 167 Personen vorübergehend fest.
Die Landesgerichte verdrehen frustriert die Augen.
Die landesweiten Newscycle aber
waren hauptsächlich mit einer anderen Demo beschäftigt.
In Hamburg marschieren
am vergangenen Wochenende
an die 1.000 Islamisten auf,
und auf drei Schildern
wird die Ausrufung des Kalifats gefordert.
Das finden natürlich alle schrecklich
und das sagen auch alle
in alle Mikrofone.
Gestern Nachmittag
läuft dann die bürgerliche Reaktion:
Mindestens genauso viele
halten eher so nichts
von der vorgeschlagenen „Lösung“
der Islamisten.
Und damit zu den heimischen Extremisten.
Denn leider, leider
scheint die Sonne
nun mal auch für Nazis.
Nur eben gerade nicht
im metaphorischen Sinne.
Denn die Skandale reißen nicht ab,
und die Gegenmanöver ziehen nicht.
Heimwichser Krah
spricht am ersten Mai
zu einigen hundert Fans in Dresden:
„Die wollen, dass ihr Spione sucht!“;
kein Kommentar notwendig.
Am Vormittag war er bereits in Chemnitz aufgetreten:
„Heimat ist immer da,
wo man sich nicht erklären muss.“
Klar, die „Freien Sachsen“
wissen ja, was der Maxe meint,
wenn er Nazischeiße erzählt.
Zum Beispiel sowas hier:
Als im Westen
das Wirtschaftswunder angelaufen sei,
habe man im Osten
die Legende von Kartoffelkäfern verbreitet,
die die bösen Kapitalisten abgeworfen hätten,
um Ernteerträge zu vernichten.
„Die Kartoffelkäfer von damals
sind die Spione von heute.“
Mit Kartoffeln scheint er sich auzukennen,
denn im Grunde
gibt er dann den Spion sogar zu
(der übrigens vor Krah
schon unter Aufsicht der SPD
seinem Tagewerk nachgegangen war).
Aber das spielt für seine Fans halt
alles absolut überhaupt gar keine Rolle,
denn für ihren Schampus-Max
haben sie sogar Schilder gemalt:
„Unser Krahnnzler“.
Auch so geht 1. Mai.
Aber halt in Dresden.
Die Linke war übrigens auch
in der sächsischen Landeshauptstadt:
Europawahl-Spitzenkandidatin,
Carola Rackete
fordert vor deutlich mehr Demonstranten:
„Vier Tage Woche jetzt!“
Ja, warum eigentlich nicht?
Für Zeitz haben sich die Faschos
auch was tolles ausgedacht,
was Sachsen-Anhalts finest,
André Poggenburg,
hinterher so zusammenfassen wollte:
„Ein fulminantes Programm
erwartete die mehrere(n) hundert Teilnehmer
am heutigen „Tag der Arbeit“.
Arbeiter- und Friedenslieder,
Klartext gegen die soziale Ungerechtigkeit im Lande
und die Kriegsversessenheit des Altparteienkartells(,)
sowie Rostbratwurst und Zwiebelsteaks vom Grill,
allerlei Getränke(,)
und vor dem Auto- und Traktorkorso
noch zwei Höhepunkte:
Das gemeinsame Singen
von „Kleine weiße Friedenstaube“
sowie der DDR-Hymne – also Ostalgie pur!“
– Klartext gegen Rostbratwürste?
In Zeitz?
Wenn man den 1. Mai
beim „Aufbruch Deutschland“ bestellt,
liegt der logische Darmdurchbruch
nur ein vergessenes Komma entfernt.
Den größten Auftritt hatte aber natürlich
der Parteiführer persönlich,
und was für einen.
Es folgt eine lupenreine Parabel darüber,
warum die Sonne zwar auch für Nazis scheint,
während sich der Rest des Landes aber
(wieder) über diese kaputtlacht:
Höcke hatte seine Inszenierung überraschend
in Dortmund geplant.
Als Kulisse soll dafür
die Zeche Zollern
als Ort der Arbeiter herhalten,
wo zur Zeit eine kolonialkritische Ausstellung
zu sehen ist.
Die Zeche Zollern verwehrt
den Faschisten aber couragiert den Zutritt.
Kurzfristig verlegen diese ihre Inszenierung zur Kokerei Hansa.
Auch dort sind sie nicht willkommen,
setzen ihren Besuch jedoch durch.
Kurz darauf dokumentieren einige Journalist*innen
den Aufmarsch auf dem Gelände der Kokerei,
wovon sich Höcke und seine Vertrauten
bereits gestört fühlen
und versuchen, die Berichterstattung abzuwiegeln.
Eine Führung über das Gelände bekommen sie auch nicht,
weshalb der bereits durch Kontakte zu Rechtsextremisten auffällige
und vom Parteiausschluss bedrohte Gerald Christ
den Führer spielen muss.
In der Zwischenzeit
trifft spontaner Gegenprotest
vor den Toren der Kokerei ein,
dessen Präsenz die Faschisten
zeitweilig am Verlassen hindert.
Höcke verbringt daraufhin erstaunlich lange Zeit auf dem Klo.
Und da hat er dann folgenden Mist ausgebrütet:
Er lässt über seinen persönlichen Referenten ausrichten,
dass er sich gerne vor einem Wandbild
mit Kokerei-Arbeitern fotografieren lassen würde.
Fotografieren lässt er sich anschließend
vom verurteilten Felix Cassel.
Höckes Abreise wird weiterhin blockiert
und nur mit hinzugezogenem Polizeischutz
kann er sich in seinen Dienstwagen retten
und flüchtet schließlich
mit quietschenden Reifen.
Das ganze läuft übrigens unter dem Motto
„Solidarischer Patriotismus“.
Die Maidemonstrat*innen haben
wohl mit der Sonne um die Wette gelacht.
Gar nicht lustig ging es für die Faschos
auch vor den Gerichten weiter:
Die „Reichsbürger“-Prozesse beginnen:
Prinz Wayne Hastenichgesehen von Soundso
und seinem Hofstaat wird eine anschauliche Menge vorgeworfen:
Aufbau einer Terrormiliz,
Planung eines gewaltsamen Staatsstreiches,
ein viel zu großes großes Waffenarsenal,
das Schießen auf Polizisten.
Gleich drei Verfahren beschäftigen die Oberlandesgerichte gleichzeitig,
was wohl historisch sein müsste.
So viel Gegenwind hat die deutsche Justiz
selten aufgefahren.
Ernüchternd ist nur,
dass sich der Prozess wohl über Jahre hinziehen wird.
Auch Rechtsanwälte wollen bei Faschos mitverdienen.
Die Bundesfaschos kommen genauso wenig voran:
Das Bundesverfassungsgericht
lehnt ganze 470 Beweisanträge ab.
Nichts davon taugt als Argument
gegen eine Einstufung als rechtsextrem(-istisch).
Es läuft also vorzüglichst für die Nazis,
und das ist sogar mal nicht ironisch gemeint.
Und dabei habe ich noch lange nicht
alle letzten Meldungen dokumentiert,
man kommt gar nicht mehr hinterher;
Drüberlachen als Übersprungshandlung.
Außerdem bilde ich mich momentan
auch lieber über die „tieferen“ Tiefen
des Neo-Nazismus weiter
und lese die fulminante Dissertation von Nicolai Busch.
Ich dachte ja,
ich kenne mich dem Schnellroda-Effekt einigermaßen aus,
aber: weit gefehlt.
Was ich jetzt alles noch mehr weiß
über deutsch-rechte Diskursstrategen,
die sich als deutsch-romantische Literaten phantasieren,
schlimm,
ganz ganz schlimm.
Deswegen nur noch ein kurzer Abstecher
ins proto/post-faschistische europäische Ausland,
und dann lasse ich die Sonne
erstmal wieder alleine
über Nazis scheinen.
Mini-1938 mal wieder in Polen:
Die Hauptsynagoge der Hauptstadt
wird in der Walpurgisnacht
mit Brandbomben angegriffen.
Am nächstem Tag wird ein 16jähriger Pole festgenommen,
und Duda holt sofort den Feuerlöscher raus:
„In Polen ist kein Platz für Antisemitismus!
Es gibt keinen Platz für Hass in Polen!“
Ach, hätte er doch Recht.
Und in Italien ist nach den Peitschen
gerade wieder Zuckerbrot angesagt:
Meloni sichert sich die Zustimmung
von „armen Familien“
und verteilt 100.000.000,
aber erst nächstes Jahr,
vielleicht.
Schon ein bisschen eklig auch,
dieser libertäre Post-Nationalsozialismus.
Gut.
Der 1. Mai ist auch dieses Jahr
nur einmal im Jahr.
Zurück zum Rest
der Sonnenseite des Planeten:
Schon am 2. Mai
ist in Deutschland „Earth Day“.
Seit einigen Tagen also
leben wir erneut über unsere Verhältnisse;
als ob sich das jedes Jahr neu zählen ließe.
Wahrscheinlich auch deswegen
plant die EU seit dieser Woche
am nächsten Flüchtlingsdeal.
Jetzt also mit dem Libanon.
Die „Festung Europa“ baut weiter
außerhalb des Kontinents
ihre Mauern.
Zu verdenken war das der EU
aber auch schon mal etwas mehr.
Denn jenseits der Grenzen
tobt der Dritte bereits,
als ob er schon voll ausgebrochen wäre:
Die Huthis bedrohen jetzt
das Mittelmeer;
„abgestürzte“ Raketen
über Saudi-Arabien
schon eingepreist.
Die Hauptakteure demonstrieren momentan
aber eher ihre ruhigen Hände.
Der Iran ist gerade mal nicht mehr wütend,
dafür lässt er seinen Hass
jetzt wieder an den eigenen Frauen aus
und zieht sich bis weit vor 1979 zurück.
Und Israel hat so etwas wie ein nachvollziehbares Ultimatum gestellt,
die Hamas muss nur noch einschlagen
(und die Geiseln entlassen),
dann würde eine Feuerpause
(unbestimmter Länge)
in Kraft treten können,
alle erwarten also in diesen Stunden
den Durchbruch in Kairo,
wo sich die Vertreter gerade treffen.
Vielleicht ist das aber auch nur das letzte Ultimatum
für Netanyahu selbst,
dem inzwischen offen mit einem Haftbefehl
aus Den Haag gedroht wird.
Der internationale Protest gegen den israelischen Rachekrieg
hat derweil auch die europäischen Universitäten erreicht:
Es kommt zu Festnahmen an der HU in Berlin
und der Sorbonne in Paris,
nur nach Blumen im Haar riecht es dabei noch nicht,
die Palitücher verströmen noch zu viel Muff.
Wer dazu natürlich auch eine Meinung hat,
wenn er mal nicht vor den Richtern und der Jury einschläft,
das ist der Frisurensohn.
Der sieht die Proteste in New York nämlich als schlimmer an
als die Capitol-Riots,
für die er selbst aber erst später
zur Rechenschaft gezogen werden wird.
Diskurse lassen sich am besten im Vorfeld verschieben.
Vor dem Gerichtsgebäude liefern ihm die Großstädter*innen
jedoch die entsprechende Antwort:
„New York hates you!“
Im Gerichtssaal
furzt er sich derweil an den 9.000$ „Gag Order“ vorbei,
während ein gewisser David Pecker als erster Hauptzeuge aussagt:
Ja, er ist der Herausgeber der Esquire gewesen.
Ja, er habe hässliche Stories über Trump gecatcht
und in seinem Tresor gekillt.
Ja, während des Wahlkampfs.
Ja, gegen Bezahlung.
Und das alles sagt er unter Eid.
Wieso kann der Prozess
nicht an dieser Stelle schon erledigt sein?
Weil nun mal auch in den USA Wahlkampf ist.
Und dabei kommt es zur nächsten Abscheulichkeit:
Eine potenzielle Kanditatin für die Vize-Präsidentschaft,
die Gouvenerin von South Dakota,
hat ein Buch veröffentlicht.
Natürlich über sich selbst.
Und darin schwärmt sie davon,
wie sie ihre 18 Monate alte Hündin ermordet hat,
weil sie nicht folgsam genug
und zur Jagd völlig ungeeignet gewesen sei.
Sympathiemäßig also schon ziemlich nah
am Spitzenkandidaten der Republikaner.
Die aber müssen in Arizona die nächste Schlappe einstecken:
Das oberste Gericht verhindert
den Backlash nach Achtzehnhundertirgendwas.
Das hält die Reaktion aber nicht vom Reagieren ab:
Den Studentenprotesten stehen inzwischen
Scharfschützen gegenüber
(zum Beispiel in Ohio),
und die Hamilton Hall der Columbia University
wird in bester Berkeley-Manier geräumt.
Zu guter Letzt geigt sogar noch Rober De Niro
den vermeintlich verirrten,
wahrscheinlich nur antisemitischen Studenten
die Meinung über die Schwarzen Spiegel.
Und „Civil War“ sorgt weiterhin
für klingelnde Kinokassen.
Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe.
Woche 114.
Odessa und/oder die Ostfront? Montag: Mit Semeniwka „fällt“ der nächste Ort in Donezk. Charkiw und Odessa werden bombardiert, die „Harry Potter Schule“ am Schwarzen Meer geht in Flammen auf. Deutschland liefert weiter: 10 Marder-Panzer, 1 Flugabwehrsystem + 30.000 Schuss dafür. Dienstag: Die Opferzahl in Odessa steigt auf mindestens 5, die ukrainische Staatsanwaltschaft macht dafür vor allem die Verwendung von Streumunition verantwortlich. Innerhalb von 24 Stunden schießt Russland ein halbes Dutzend Atacms-Raketen ab. In Kiew wird der „Bogen der Völkerfreundschaft“ abgebaut. Mittwoch: Erneut sterben in Odessa Zivilisten nach einem russischen Raketenangriff, Ziel war das Regionalhauptquartier der ukrainischen Armee. Ukrainische Drohnen greifen wieder russische Raffinerien an. In Charkiw sterben Zivilsten bei der Bombardierungen mit Lenkflugkörpern. Tschassiw Jar steht vor der Einnahme. Die USA melden den Einsatz von chemischen Kampfstoffen (Reizgas) durch die russische Armee. Donnerstag: In Orjol (Russland) fällt der Strom nach einem ukrainischem Drohnenangriff aus. Rin Großbrand wütet im Hafen von Odessa. Die russische Armee durchbricht einen weiteren Frontabschnitt (Otscheretyne). Gazprom schreibt 2023 erstmals rote Zahlen. Macron spielt wieder lauter mit dem Einsatz von Bodentruppen. Freitag: Hans-Thomas Tillschneiders (AfD) Kolumne in der russischen „Wedomosti“ wird bekannt. Kurachowe (westlich von Donezk) steht unter Beschuss. Russland droht mit einem verheerendem Gegenschlag, sollte die Ukraine erneut die Krim angreifen. Selenskyj sieht die nächste neue Phase des Krieges beginnen. Samstag: Charkiw steht weiter unter Artilleriebeschuss, weiter sterben Zivilisten. Die Ukraine hat gestern bewusst weggehört und beschießt die Krim mit Langstreckenraketen. Selenskyj wird von Moskau zur Fahndung ausgeschrieben.
Die Bundeswehr versucht
mit alldem vergeblich Schritt zu halten
und nennt diesen scheiternden Versuch
vorsichtshalber nur „Osnabrücker Erlass“:
eine Bundeswehrreform,
die eigentlich ja keine sein kann,
aber eine „Verschlankung“ bedeutet
sowie ein blitzneues Kommando,
das für den Cyber- und Informationsraum.
Anscheinend soll das 21. Jahrhundert
jetzt auch bei der Truppe beginnen.
Wie egal das
dem 21. Jahrhundert ist,
das zeigt der obligatorische Blick
auf die Klimakatastrophe:
In Vietnam ereignet sich ein massenhaftes Fischsterben
aufgrund der so auch noch nicht erlebten Hitzewelle:
In ganz Asien sind 50°C gerade keine Seltenheit.
In Kenia werden inzwischen hunderte Tote beklagt,
die Fluten haben sich noch lange nicht beruhigt.
Ja, sogar in Westdeutschland
kann man sogar das gerade nachfühlen:
Heftigste Regen- und Hagelstürme
setzen erneut das halbe Land unter Wasser.
Da muss der deutsche Blätterwald
schnell noch die nächste Katastrophe heraufbeschwören,
nicht dass hier irgendjemandem doch noch
die Sonne zu sehr aus dem Arsch scheinen könnte.
Auf gefühlt allen Titelseiten
wird am Freitag sinngemäß vermeldet:
Deutschland stirbt aus.
Sachsen-Anhalt ist dabei
schon wieder besonders fortgeschritten:
6,3% weniger Kinder als im Vorjahr.
Der Rückgang hält seit bereits sieben Jahren an
und bewegt sich auf den absoluten Tiefpunkt
nach dem Zweiten Weltkriegsende zu,
wie damals, Anfang der 90er…
Es ist zwar immer noch erst Samstag,
aber ich schließe die Episode für diese Woche.
Denn gerade eben ist es dann also passiert.
Die neu-rechten Schlägertrupps
haben das erste Mal im Superwahljahr losgeschlagen.
Vermeintlich erstmal nur einer davon,
der dafür aber gleich zwei mal.
Und niemanden überrascht jetzt noch wo:
In Dresden
wird erst eine Grünenpolitikerin attackiert
und dann der SPD-Europawahlkandidat krankenhausreif geschlagen,
auf offener Straße
und unter schnell wieder dunkler werdenden Wolken.
Was bin ich also froh,
dass der eröffnete Kommunalwahlkampf in Quedlinburg
noch über die Plakate ausgetragen wird.
Besonders heftig zwischen den Grünen und der AfD.
Alle anderen, außer dem lokalen Bürgerforum,
lassen es noch ruhig angehen,
die CDU hat noch gar nichts irgendwo hingehängt.
Das lässt sie die AfD machen:
„Spielplätze statt Waffen!“
„Sozialbetrug stoppen!“
„Festung Europa!“
„Unser Land zuerst!“
„AfD, was sonst?“
Meine Lieblinge aber sind dieser hier:
„Ihr hattet genug Zeit!“
und „Für eine ideologiefreie Schule im Harz!“
Ersteres besonders,
weil es immer ganz oben an den Lateren hängt,
und das „Ihr“ somit ins Nichts zielt.
Und zweiteres,
weil ich mich natürlich frage:
Eine nur?
Und wenn ja, welche?
Genug gelacht,
die Sonne geht auch heute wieder hinter dickem Grau unter,
und morgen tritt Reinhold Beckmann
in der Bühne 7 auf.
Bisschen Betroffenheit.
Bisschen Personenkult.
Bisschen Rotwein.
Bisschen mal über was anderes reden,
oder auch nicht.
„Nazi-Lachen übertönt Bürgerschweigen;
bitte nicht mit dem Finger auf Nazis zeigen!
War mein Fest nicht ein herrliches Fest, meine Lieben?
Wir haben so laut gesungen
und noch lauter geschwiegen!“
(Jan Böhmermann: Licht an! Licht an! 2019)
* Am Morgen nach der Aufnahme des Bildes hat die Anti-Antifa reagiert. Jetzt ist zu lesen: (Die) AfD (will ein Antifa) Verbot (jetzt) was sonst? Gegenfrage: Wer will wohl den Antifaschismus verbieten?

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