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Reputation (S12:Ep1)

von | 2025 | 2. Februar | Die Serie, Staffel 12 - Dancing With Wolves

Bild: OG Gilded Ages. Quedlinburg. Februar 2025.

 

 

„This is the first generation that will be able to look back on their entire life story documented in pictures on the internet, and together we will all discover the after-effects of that. Ultimately, we post photos online to curate what strangers think of us. But then we wake up, look in the mirror at our faces and see the cracks and scars and blemishes, and cringe. We hope someday we’ll meet someone who will see that same morning face and instead see their future, their partner, their forever. Someone who will still choose us even when they see all of the sides of the story, all the angles of the kaleidoscope that is you.“

(Taylor Swift. 2017)

 

So.
Als letztes habe ich gerade noch
den Schreibtischaschenbecher ausgeleert,
der Schreibtisch war schon kurz davor,
eine Eingabe zu schreiben.
Im Moment ist hier erst Donnerstag,
das heißt,
ich habe eigentlich noch drei Abende Zeit,
bis diese erste Episode
der zweiten Hälfte
von #DieDoppeltenZwanziger
fertig sein soll,
aber die Deadline hat gerade
eine Nachricht aus dem Staffelurlaub geschrieben:
„Fang lieber schon mal an!
Du weißt, dass dir dein Ruf
so langsam schneller vorauseilt.
Nicht dass du dich
oder deine Leser*innen
doch noch mal enttäuschen musst
und/oder dir kein cleverer Move mehr einfällt,
um zu übertünchen,
dass diese Chronik
immer unmöglicher wird
zu schreiben.
Cheers!“

Recht hat sie.
In den letzten fünf Jahren
konnte ich mir wenigstens
noch ab und an erfolgreich einreden,
ich würde irgendwie den Überblick behalten,
über die Lage,
aber spätestens seit dem 20. Januar
(also vor nicht mal zwei Wochen)
kann ich das nicht mehr
einfach so behaupten;
oder es fühlt sich nur wieder so an;
was ja aber auch
nichts neues ist.
Dieses Jahrzehnt arbeitet echt hart
an seiner Reputation.
Und vielleicht hilft es ja,
wenn Ihr Euch das Eingangszitat
als permanente Hintergrundmusik denkt,
denn, so viel kann ich versprechen,
die heutige Episode
wird maximal chaotisch,
denn,
sorry,
not sorry,
auch #DieDoppeltenZwanziger
haben einen Ruf zu verlieren.

Und welchen Ruf?
Diesen hier:
Schon ein halbes Jahrzehnt
(und also noch einmal genauso lang)
ein doppelter Tanz mit den Wölfen.
Der Balanceakt
zwischen Arbeit und Kunst
ist dabei nicht einfacher geworden.
Aber was soll man schon machen,
wenn man sich berufen fühlt?
Auf jeden Fall nicht
von einer vermeintlichen Aussichtslosigkeit
irritieren lassen.
Wo bliebe sonst die Kunst?
Zu diesem Ruf gehört (hoffentlich)
aber auch die große Lippe,
die hier mitunter riskiert wird.
Eine immer ernster zu nehmende Frage
ist dabei:
Kann ich das so,
bei langsam aber stetig wachsender Reichweite,
bedenkenlos weiter machen?
Jetzt, wo die Brandmauer
auch offiziell
eine Geschichte von gestern ist?
Jetzt, wo unsere Chance
auf ein echtes Revival der Weimarer Republik
nie größer gewesen ist?
Bringe ich mich
oder, schlimmer, andere
damit tatsächlich langsam in Gefahr?
Ich kann nur hoffen,
dass diese geisterhaften Fragen
einfach nur meinem überhöhten Wirkungsbedürfnis entspringen,
und ich nie, niemals,
etwas schreiben muss,
das diese Ängste bestätigt.

Und ganz ehrlich,
was weiß ich denn schon
über die Reputation
dieser Chronik?
Immerhin so viel:
Es gab mehr als einen Vorschlag
für den neuen Staffeltitel!
Und alle sind sie so gut,
dass sie früher oder später
ihren besonderen Platz bekommen;
danke dafür!;
keep it coming!
Eine Gemeinsamkeit kann ich verraten:
Die Vorschläge kamen allesamt
aus der hiesigen Provinz,
was nur noch mehr
für deren guten Ruf spricht.

Damit dann auch schon
zum Wochengeschäft,
schließlich habe ich
immer weniger Zeit zu verlieren.
Bleiben wir zu Beginn
zunächst wieder in der Provinz;
die Welt da draußen
ist einfach zu grausam geworden,
um sich nicht vor dem Auszug,
schon wieder das Fürchten zu lernen,
noch ein wenig
an der Beschaulichkeit
des normalen Lebens zu stärken.
Und gestärkt werden kann sich hier
schon nächstes Jahr
noch viel besser als bis jetzt:
Die neue Raststelle (samt Energiepark)
an der A36 bei Morgenrot,
also direkt vor der Stadtgrenze im Osten,
soll nämlich was ganz was besonders werden!
Schon seit Wochen berichten die lokalen Medien
über jede noch so kleine Ankündigung,
allerdings ohne wirklich was neues anzukündigen.
Alle sind am Raten:
Karls Erdbeerhof?
Erlebnispark?
Hotelanlage?
Mir würde ja schon
ein Starbucks reichen.

Es ist also
endlich wieder Sonntag,
und unterdessen
habe ich weiter unten
schon ein bisschen weitergeschrieben,
will aber jetzt,
so kurz vor Sonnenuntergang
am Ende eines sonnigen Winterferienendes,
noch ganz kurz hier bleiben,
im kaum gentrifizierten Weltkulturerbe,
wo Menschen noch ganz normale Dinge machen.
Einen zünftigen Harzmarsch zu Beispiel.
Am letzten Wochenende
haben Unmassen an Volkssportler*innen
ihre Meindl-Stiefel, Mammut-Jacken
und Osprey-Daypacks durch die Innenstadt getragen,
vergeblich auf der Suche
nach Waldboden.
Deutlich sinnvoller und zukunftsfroher
kann die Provinz aber auch:
1. Der unbeschwerteste Umzug,
bei dem ich bis heute helfen durfte,
wurde lange vor der Zeit abgeschlossen.
2. Meine Familie diskutiert ernsthaft,
sich zur Eröffnung der Grünen Bühne
auf den Hexentanzplatz einladen zu lassen.
3. In der Bodetaltherme zu Thale
kriegen seit Kurzem auch Quedlinburger*innen
einen ansehnlichen Nachlass.
4. Dauerkarten fürs Lokaltheater
sind ein phantastisches Nachweihnachtsgeschenk.
5. Deutsch-Vorabis zu lesen
und dabei sogar ein bisschen stolz zu sein,
fühlt sich gerade in diesen dunklen Monaten
wieder mal unerwartet gut an.

Nein, keine Sorge,
in der ersten Episode
lasse ich das Feld Schule
noch im Winterschlaf,
der Frühling wird heftig genug.
Und über das Darüberhinaus
heute vielleicht nur so viel:
Irgendein wichtiger Historiker (Michael Krüger?)
fordert in der letzten Woche
eine, Aaaach-tung!,
kriegsertüchtigende Reform
des Sportunterrichts.

Kommen wir also,
wie angekündigt,
zum sportlichen Teil,
er lässt sich nicht länger aufschieben,
denn die Deadline hat gerade geschrieben,
sie macht sich jetzt langsam auf den Rückweg
und freut sich fast schon
auf die Nachrichtenfront,
so schlimm
wird es ja schon nicht sein.

 

Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe.
Wochen 150 und 151.
Wenigstens der Krieg hat schon die ersten Sendepausen. Montag: Der Liveticker setzt erneut aus. Die Ukraine verspricht den möglichen Rückkehrer*innen (ca. 20.000.000) Unterstützung bei Job- und Wohnungssuche. Dienstag: Wowkowe (Donezk) ist „befreit“. In Dnipro schlagen russische Raketen ein. Im russischen Liskinska wird ein Öllager in Brand geschossen. In Smolensk brennt ein Flugzeugwerk, in dem auch Raketen gefertigt werden. Mittwoch: KNDS und die Ukraine gründen ein gemeinsames Rüstungs(reparatur)unternehmen. Im letzten Jahr hat Deutschland Rüstungsgüter im Wert von 8.140.000.000 Euro an die Ukraine geliefert. Sapadne (Charkiw) ist „befreit“. Trumps Friedensplan: Ohne eine Einigung „habe ich keine andere Wahl, als hohe Steuern, Zölle und Sanktionen auf alles zu erheben, was von Russland in die USA verkauft wird, sowie gegen verschiedene andere beteiligte Länder“, schreibt er in einem Beitrag auf der Plattform Truth Social. ACAB kann sich jetzt auch deutsche „Friedenstruppen“ in der Ukraine vorstellen. Donnerstag: Drohnengefecht in Saporischija, 20.000 ohne Strom und Wärme. Welyka Nowosilka (Donezk) ist eingekesselt. Freitag: Trump über Selenskyj: „Er hätte auch nicht zulassen dürfen, dass dies geschieht. Er ist kein Engel. Er hätte diesen Krieg nicht zulassen dürfen.“ Russische Raketen treffen Wohngebäude außerhalb von Kiew, drei Zivilsten sterben. Putin signalisiert Gesprächsbereitschaft mit Trump. Samstag: Gar keine neuen Meldungen bei der Tagesschau. Sonntag: Immer noch nichts Neues. Sagt sogar Oberst Reisner beim ZDF. Montag: Weitere Meldungen über Massendesertationen vor den ukrainischen Schützengräben. Drohnen greifen überall in der Ukraine an (Iwano-Frankiwsk, Kiew, Dnipro, Sumy). Im Kreml hat sich auch nach einer Woche noch niemand aus den USA gemeldet. Bei Cherson flammen Kämpfe um die Dnipro-Mündung auf. Dienstag: Weiterhin schwere Gefechte bei Pokrowsk und in Kursk. Dworitschna (Charkiw) ist unter russischer Kontrolle. Mittwoch: Die EU zerstreitet sich bei der Festlegung und Umsetzung neuer Sanktionen gegen Russland. Die Sankt-Andreas-Kathedrale in Saporischija wird durch einen russischen Angriff schwer beschädigt. Donnerstag: Wieder setzt der Liveticker aus. Freitag: Pokrowsk bleibt umkämpft, wird aber bislang nicht eingenommen, dafür aber ein weiteres Dorf (Nowowassyliwka). Laut der Ukraine werden die nord-koreanischen Soldaten aus Kursk abgezogen. Samstag: Das Zentrum von Odessa wird mit Raketen angegriffen, mehrere Menschen werden verletzt. In Charkiw, Sumy und Poltawa sterben bei Angriffen sechs Zivilisten. Auch in Sudscha (Kursk) schlagen russische Raketen in eine Schule ein. Sonntag: Die Ukraine meldet 1.400 russische Luftangriffe allein in der letzten Woche. Selenskyj stellt klar: „Sie mögen ihre eigenen Beziehungen haben, aber ohne uns über die Ukraine zu reden – das ist für jeden gefährlich.“ Der ukrainische Generalmajor teilt zudem mit: „Die Tötung von Militärangehörigen im rückwärtigen Bereich ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf. Wir haben nicht das Recht, stillschweigend der wachsenden Welle der Missachtung gegenüber den Verteidigern der Ukraine zuzusehen.“ Russland weiß inzwischen mehr über den Angriff gestern in Sudscha: Das waren natürlich die Ukrainer selbst. 

 

In Other Wars
entlässt die Hamas vier weitere Geiseln
(junge Frauen der IDF)
und inszeniert sich dabei
schon wieder als Machthaber.
Im Libanon bleibt auch alles wie es ist.
Israel in seiner aussichtslosen Lage zu Hilfe eilend,
hebt Trump das Lieferverbot für Megabomben auf,
fordert, den Gazastreifen zu „säubern“
(von Palästinenser*innen),
und macht schon mal Deals
mit Bau- und Immobilienfirmen,
immerhin liegen da gerade
viele, viele Meilen beste Meereslage
in Trümmern.
Hunderttausende Palästinenser*innen
kehren aber zunächst in den Norden zurück,
für die nächsten freigelassenen isralischen Geiseln
werden Walks of Shame veranstaltet,
und heimliche Zionisten
beschwören bereits die wirkliche Nakba herauf,
und zwar schon in den nächsten Monaten.
Der Grenzübergang Rafah
nach Ägypten wird geöffnet,
zuerst dürfen aber nur Kranke raus,
und dann vielleicht sogar Hilfsgüter rein.
Welche Version von Mittelalter
die Helfer*innen da wohl vorfinden werden.

In Other Wars
schießen sich die Menschen im Kongo
gegenseitig über den Haufen.
Goma ist nach wenigen Stunden Gefecht in Rebellenhand,
in Kinshasa brodeln gewaltsame Aufstände,
unzählige Botschaften werden attackiert.

 

Der Westen
hat für sowas aber wie immer
wenig Zeit
In Davos
sind sowohl Scholz
als auch Merz am Start.
Die Weltwirtschaft
stellt sich nüchtern auf Handelskriege ein.
Selenskyj kann sich auch 5% Natobeiträge
ganz gut vorstellen
(was in Deutschland
ca. 40% des Staatshaushaltes auchmachen würde,
den „Doppelwumms“ schon mitgerechnet…).
Der Kanzler bleibt aber stur zuversichtlich:
„Mit all dem (Trump)
können und werden wir umgehen.“
Abseits protestieren zeitgleich
370 Millionäre und Milliardäre,
sie fordern höhere Steuern für Superreiche.
Wahrscheinlich wettert Milei
auch deshalb hinter den geschlossen Türen
des Weltwirtschaftsforums
gegen den woken „mental virus“.
Und Trump?
Na was wohl?
Der wiederholt sich.

 

The Best Government That Money Could Buy
oder: Fascism Enters The Big Stage
oder: The „Revolution Of Common Sense“

Kaum ist der Frisurensohn vereidigt,
überlässt er seinem Partner in Crime
das Podium:
Mehr als eine Woche lang
wird überall breit und lang darüber diskutiert,
ob das wirklich zwei
eindeutig faschistische Grüße waren,
die Elon Musk
da auf der Siegesparade gezeigt hat.
Andrew Tate fühlt sich sofort inspiriert
und macht’s im Internet nach,
ruft dann zum Krieg in England auf;
Maxe Krah muss die Hose wechseln.

Nur eine Gegenstimme
dringt im Moment noch halbwegs durch,
zum Glück die von AOC.
Die Kongressabgeordnete aus New York,
Alpharüdin von „The Squad“,
hat eine einfache Antwort auf die Frage,
warum sie nicht zur Amtseinführung aufgetaucht ist:
„I do not applaud rapists.“

Trump hat die ersten Dekrete
jedenfalls direkt in der Halle auf der Siegesparade unterzeichnet.
Und er enttäuscht niemanden:
Zuerst werden 1.600 Rioters (Jan. 6th)
begnadigt und ins Weiße Haus eingeladen.
Die Polizei-Gewerkschaft schäumt.
Die Begnadigten kündigen umgehend an,
sich jetzt erstmal noch mehr Waffen zu besorgen.
Um von diesem Unakt
gleich wieder abzulenken,
steigen die USA per Unterschrift
wieder aus dem Pariser Klimaabkommen aus,
und weil das so einfach geht,
auch gleich wieder aus der WHO.

Was er mit der ganzen Unterschreiberei aber auch anrichtet:
den vermeintlichen Zusammenbruch der US-Justiz,
denn die Gewerkschaften, die Bürgerrechtsverbände
und die Demokraten
reichen gegen alles
sofort Klage ein.
So viele Anwälte
gibt es nicht mal in den USA.

Aber Trump kann auch progressiv:
Mit „Stargate“,
einem Deregulierungs- und Finanzierungsmodell
für die KI,
will er America wieder
auf Platz 1 bringen:
Open AI soll 500.000.000.000 investieren;
einige sehen darin bereits
das Manhattan Project 2.0.
Aber da wusste der Westen
ja auch noch nichts von DeepSeek (siehe weiter unten…).

Nur zwei Tage nach dem „Liberation Day“
macht die US-Regierung dann ernst:
Der US-Kongress billigt den „Laken Riley Act“,
ein umstrittenes Gesetz,
das die Maßnahmen gegen Migranten
ohne gültigen Aufenthaltsstatus
deutlich verschärft.
Bundesbehörden werden ausdrücklich verpflichtet,
Betroffene auch für geringfügige Vergehen
wie Ladendiebstahl
in Einwanderungshaftzentren festzuhalten.
Ohne Verfahren.
Zeitgleich setzen
in Chicago, L.A. und New York
ICE-Großrazzien ein,
nach einer Woche sind bald 4.000 Menschen
auf diesem Weg ihrer Freiheit beraubt.

Elon kuriert derweil seinen rechten Arm aus.
Den Höhepunkt des Diskurses
erreicht das Zentrum für Politische Schönheit,
selbst in den USA wird ausführlich
über deren letzten Geniestreich berichtet:
An die Außenhülle der Teslafabrik
in Grünheide (Brandenburg, Germany)
wird neben das Firmenlogo
eine übergroße Projektion
der Szene mit dem römischen/Hitler-/Faschogruß
geschossen,
darüber (und direkt neben „Tesla“):
„Heil“.
Das wird sogar Ramaswamy zu krass,
er zieht sich aus der Zauberbehörde DOGE zurück,
um vielleicht Governour von Ohio zu werden.
Und auch die anderen Tech-Irren
schwenken weiter auf Kurs ein:
Jeff Bezos entfernt
sämtliche Minderheitenrechte
bei Amazon.

Trumps erstes Interview jedenfalls
kriegt Sean Hannity.
Im Oval Office vor verdächtig goldenen Vorhängen.
Mehr als Wiederholungen
gibt es dabei aber nicht.
Dafür aber bereits
den ersten Richterspruch,
in Seattle:
Das Geburtsrechtdekret
verstößt gegen die Verfassung.
Auch und vor allem,
weil es die US-Verfassung ist.

Musk ist zunehmend beleidigt
und/oder einfach nur neidisch:
Stargate sei ein einziger Fake,
die Sache keinen Dollar wert.
Frage an DeepSeek:
Stimmt das?
DeepSeek: *kichert*.

Die Republikanische Partei
hat sich inzwischen völlig aufgegeben:
Auf der Suche nach Möglichkeiten
für Trump 3.0 oder gar 4.0
wird die Verfassung
öffentlich durch den Dreck gezogen.
Genauso wie die Granden der jüngeren Vergangenheit
zum Abschuss freigegeben werden:
Dr. Fauci, John Bolton und Mike Pompeo
haben ab sofort keine Security mehr,
die sie nicht selbst bezahlen.

Um die Kirche geht es auch noch kurz,
denn die ist Trump ja heilig,
denn schließlich hat Gott ihn ja …
Die episkopale Pastorin Budde
bittet Trump bei seinem ersten Gottesdienst
als neuer/alter Präsident
um Gnade für die Schwachen,
und muss sich dann tagelang dafür rechtfertigen,
einen von Gott gesandten
um Gnade
nicht nur für seine Fans
gebeten zu haben.

Und auch Trumps Kabinett
wird so schrecklich wie angekündigt.
Marc Rubio friert
als neuer Außenminister
erstmal fast alle Auslandshilfen ein,
vielleicht sogar die für die Ukraine.
Pete Hegseth wird tatsächlich als Verteidigungsminister bestätigt,
wobei sich die Republikaner sogar 3 Alibi-Gegenstimmen leisten können,
weil J.D. Vance Gefallen daran findet,
der Entscheider im Senat sein zu können.

Und dann fliegt Trump endlich nach Los Angeles.
Kurz sieht er sogar ernsthaft schockiert aus;
was die Realität dann doch noch so schafft…
Die Bundeshilfen
knüpft er aber natürlich an irgendwelche Bedingungen.
Die NYT fragt nicht nur deshalb:
„Wie beginnt die Tyrannei?“

Nun, die beginnt zum Beispiel auch so:
Als die ersten Abschiebeflüge
nicht in Kolumbien landen dürfen,
droht er dem Land umgehend mit einem massiven Handelskrieg,
woraufhin Kolumbien ohne langes Zögern einlenkt.
Die Bedingungen auf den Flügen
waren übrigens diese hier:
Gefesselt, kein Wasser, keine Hygiene.
„America is back!“

Das denken sich aber auch die Quäker
und klagen gegen die Anordnung,
die Razzien auch an religiösen Orten erlaubt.
Von den Evangelikalen hört man auffallend wenig
im Moment.
Außer, dass in Mississippi
ab sofort 1.000 Dollar an Kopfgeldjäger verteilt werden,
für jedes „illegal alien“.

Wer sonst
als ein weiterer Milliardär
kommt zur kurzzeitigen Ehrenrettung der USA.
Too little too late
übernimmt Michael Bloomberg
die US-Beiträge zum Internationalen Klimafonds.
Aber nur Stunden später wird die Finanzheuschrecke Bessent
als Finanzminister bestätigt.
Luigi Mangione
beißt ins zu kurze Handtuch
seiner Gefängniszelle.

Trump findet Zeit
für Innenpolitik,
also kind of:
Die USA werden das nächste Land,
das einen „Iron Dome“ hat.
Nur natürlich hundert mal so groß,
mindestens.
Benjamin Netanyahu
lächelt milde in Kameras.
Dann wird ein Gesetzesentwurf gepitcht,
der leider so erwartbar
wie größenwahnsinnig ist:
Mt. Rushmore,
die steingraue Ahnengallerie
der Gründerväter in South Dakota,
soll um einen fünften Betonschädel erweitert werden.
Wirklich wahr.
Per Gesetz!

Apropos:
Trumps Order,
die Auslandshilfen einzufrieren,
wird bereits in erster Instanz blockiert.
Die ersten Demokraten
erklären offen eine Verfassungskrise;
Verfassungskrieg trifft es wohl eher.

Die Lebensmittelpreiskrise,
die Trump schon vor Tagen beendet haben wollte,
bleibt hartnäckig.
Auf Fox News wird den Trumpisten
an langen Winterabenden erklärt,
dass die Nacht nun erst einmal dunkler wird,
bevor die goldenen Zeiten anbrechen werden.
Außerdem könne man Kaffee
doch auch in den USA anbauen
und ernten (lassen)!
Das Dutzend Eier
kostet derweil 10$
in Kalifornien.
(Fun Fact:
Hier sind Eier nicht viel billiger…)

Anyways,
was zählt,
ist einzig und allein
die Freiheit!
Und die nimmt sich jetzt
auch der Pressestab des Weißen Hauses:
Demnächst will man hier
mehr Influencer sehen
und nicht mehr so viele
klugscheißende Journalisten!
Common Sense, versteht ihr?!
Die neue Pressesprecherin,
Karoline Levitt (27),
ist verheiratet mit einem Immobilienmillionär (59)
und sagt in ihrer ersten Amtswoche
sowas hier:
Die neue Regierung
ist der Meinung,
die Verfassung verstoße
gegen die Verfassung.
So einfach kann regieren sein.

Weswegen es auch niemanden mehr schockiert,
dass RFK Jr.
tatsächlich als Gesundheitsminister bestätigt wird.
Allen Gegenargumenten (sehr viele)
und einer brutalen Anhörung
zum Trotz.

Als nächstes erreicht Mark Zuckerberg
das nächste Level im Arschkriechen:
Meta zahlt Trump 25.000.000 Entschädigung
für die Sperrung auf Facebook und Instagram
back in 2021
(Trumps „Meinungsfreiheit“ während der Pandemie:
Bleichmittel trinken, UV-Licht injizieren, u.ä.).

Mitte letzter Woche
kollidieren dann über dem Potomac,
also nur wenige Meilen vom Weißen Haus entfernt,
ein Helikopter und ein Privatjet.
Unter den 67 Todesopfern
ist auch das aktuelle Weltmeisterpaar im Eiskunstlauf.
Die Welt kommt mit dem Schockiertsein
kaum noch hinterher,
aber zum Glück hat Trump noch „Common Sense“:
Schuld sind Biden und Obama
und vor allem die Diversty Agenda!
Die stört den Frisurensohn nämlich so sehr,
dass erst vor ein paar Tagen
bei der zuständigen Luftfahrtbehörde
ein paar Leute rausgeflogen sind,
obwohl die sowieso schon eine Personaldecke haben,
die dünner ist als Reispapier.
Geraten hat ihm dazu natürlich Elon.
Nur zwei Tage später stürzt der nächste Privatjet ab,
die Trümmer eines dringenden Medizintransports
fallen auf das Zentrum von Philadelphia.

Ein Wunder also,
dass seine Zustimmungswerte nach nicht einmal zwei Wochen
immer noch bei 50% Prozent liegen.
Es gab nur einen Präsidenten der jemals schlechter gestartet ist:
Er selbst
vor acht Jahren.

Unterdessen wird von den ersten ICE-Razzien
in Schulen berichtet,
und Trump weiß auch schon,
wo die Gefangenen hinsollen:
Git’mo
(Guantanamo Bay, illegales Straflager für „Terroristen“)
soll wieder fit gemacht werden.

Nach 10 Tagen Trump 2.0
sagt endlich mal jemand etwas
mit gesundem Menschenverstand;
Naomi Klein bestätigt mal wieder:
„It’s all about shock an awe.“
Und ganz in diesem Sinne
beginnt Trump dann gestern noch
einen Handelskrieg mit Kanada
und verschärft die gegen Mexico und China.
Strafzölle, die allen schaden,
außer den Oligarchen.
Kanada schlägt umgehend in gleicher Höhe (25%) zurück,
die anderen überlegen sich ihre nächsten Schritte.

Und ja, Ihr wundert Euch zurecht,
aber Elon Musk hat offensichtlich nicht mehr so viel zu melden,
oder er ist tatsächlich freiwillig in den Schatten getreten;
mit Steven Miller in der Hinterkammer
lässt sich der Weltuntergang außerdem noch viel sinistrer planen.
Er fliegt jedenfalls aus dem Weißen Haus
und darf seine Pläne
auf der anderen Straßenseite spinnen.
Vielleicht haben aber auch die Medien
einfach mal die Schnauze voll von diesem Spinner.
Der ist sogar für die beste Satire noch zu viel Gold,
das würde diesen Irrsinn
nur über die Maßen normalisieren.
Dass Elon aber wahrscheinlich nur eine Atempause hat,
um bald dann so richtig, richtig durchzudrehen,
ist nur verständlich,
denn die Teslaaktie ist seit dem 20. Januar
zwischenzeitlich um 70% eingebrochen,
und die ästhetisierten rollenden Batterien
werden inzwischen „Swasticars“ genannt;
jeder bekommt die Reputation,
um die er gebeten hat.

 

So.
Bloß schnell raus aus der Gruselshow!
Und rein,
Ihr ahnt es,
in die nächste.
Beginnen wir mit den guten Nachrichten
aus Europa.
Oder besser mit den beiden guten Nachrichten,
die dann folgenden sind,
na, Ihr wisst schon…

In Österreich funktioniert
der Rechtsstaat noch,
aber noch regiert
der Volkskanzler ja auch nicht.
Rene Benko jedenfalls
sitzt seit einigen Tagen in Untersuchungshaft.
Genau, der Typ,
der für einen der folgenreichsten
Versicherungs-/Finanz“skandale“ der letzten Jahre
verantwortlich ist;
da hatten sich ein paar hundert Milliarden
über Nacht in Luft aufgelöst.

Und, man glaubt es kaum,
die italienische Justiz ermittelt
gegen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
wegen der umstrittenen Freilassung
eines vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH)
wegen Kriegsverbrechen gesuchten Libyers.
Sie wird unter anderem
der Beihilfe zu einem Verbrechen verdächtigt.
Die Staatsanwälte ermitteln auch
gegen Justizminister Carlo Nordio,
Innenminister Matteo Piantedosi
und den Staatssekretär für Geheimdienstangelegenheiten,
Alfredo Mantovano.
Der Palazzaccio bewundert sein Antlitz im Tiber.

Die schlechten Nachrichten
beginnen dann zunächst in Belgien:
Die westlichen Nachbarn
bekommen erstmals
eine von Faschos angeführte Regierung.
Der Königspalast bestätigt,
dass König Philippe
über eine Koalitionseinigung
der „migrationskritischen“ flämischen Nationalisten
mit vier weiteren Parteien informiert wurde.
Nach ganzen acht Monaten Verhandlungen.

Und damit
dann endlich, endlich
zurück nach Deutschland,
wo die Nazis
jetzt Kommunisten gerufen werden sollen,
oder andersrum,
je nachdem,
wo, wer, wie, warum und/oder wozu
gefragt wird.
Die Gretchenfrage
ist brandaktueller denn je:
Wie hältstes denn nu
mitter AfD?

Dazu dann gleich erstmal
die Auflösung der Quizfrage aus dem Januar:
Der stellvertretende Landessprecher
der Partei Die Linke Baden-Württemberg
und Bundestagskandidat im Wahlkreis Stuttgart,
Luigi Pantisano, erklärt:
„Heute habe ich Strafanzeige
gegen Alice Weidel,
die Vorsitzende der rechtsextremen Partei AfD,
wegen ihrer Äußerung
‚Hitler war ein Kommunist‘ erstattet.“
Das OVG Dresden bestätigt ebenfalls folgerichtig:
Auch die AfD-Sachsen
ist nach gewissenhafter Prüfung
gesichert rechtsextremistisch;
allein die Klage dagegen beweist das ja wohl.
In Sachsen-Anhalt
wollen derweil nur Nazis
die Landeszentrale für politische Bildung abschaffen,
ansonsten keiner;
der nächste parlamentarische Rohrkrepierer
klingt besonders gut.
Gar nicht gut klingt dagegen
Alice Weidel.
Und zwar in Halle.
Beim Parteitag mit Elon Musk,
der live zugeschaltet ist.
Vor übergroßen Monitoren
schaut Alice mit verdächtig glasigen Augen
zum Propheten hinauf,
der offenbar nebenbei auch noch
das gesamte Schnellroda-Playbook der Neuen Rechten
auswendig gelernt hat:
Schluss mit dem Schuldkult!
Den Hitlergruß denkt sein Volk
inzwischen eigenständig mit.
Vielleicht ist sogar Björn Höcke
sowas sogar ein bisschen peinlich.
Der Spiegel jedenfalls
checkt vorsichtshalber noch mal nach:
War Hitler nun Kommunist?
Nein.
Fakten.

Aber die Zeiten schreien nun mal
nach einer harten deutschen Hand,
und „Ausländer Raus!“
wird wieder Staatsräson.
Nur ein Aschaffenburg später
reist eben dieser Höcke durch die Republik,
legt einen Kranz nieder,
den Opfern der „Ausländerkriminalität“,
und hält ein betroffene Rede
als Vater.
Klar, dass die Antifas,
die diese Shitshow blockieren wollen,
da leicht als Buhmänner*innen
hinzustellen sind.

Und während der Verfassungsschutz
noch das bereits fertige AfD-Gutachten zurückhält,
ist das Maß für Merz auf einmal
endgültig voll.
In einem Anflug von falschverstandener Staatsmännischkeit
kündigt er an,
direkt nach der Machtübernahme
das Schengenabkommen zu brechen
und landesweite Grenzkontrollen zu befehlen.
Und!
Das dann auch
zur Not
mit den Stimmen
der AfD.
Okay? Sicher, Friedrich?
Am vergangenen Montag
beginnt dann eines der größten politischen Dramen
in diesen letzten fünf,
an politischen Dramen
wohl kaum armen Jahren.
So spannend,
dass es unter der Arbeitswoche
noch nie so viele Menschen gegeben hat,
die dem deutschen Bundestag bei seiner Arbeit zugesehen haben.
Für alle,
die das verpasst oder schon wieder vergessen haben:
Setzt Euch gerne hin,
ein Aschenbecher in der Nähe
kann auch nicht schaden.

 

 

„Zeitenwende“ (Friedrichs Version)

 

1

Am letzten Samstag beginnt sich die Wehrhafte Demokratie schonmal warmzulaufen: Es ist mal wieder Nie Wieder Ist Jetzt. In Berlin sollen irgendwas zwischen 5 und 100.000 zusammen-gekommen sein, allesamt gegen den Faschismus. In Köln waren es 40.000. Und in Osnabrück zählte eine Gegendemo gegen 30 Schwurbler*innen über 1.000 Teilnehmer*innen. Am Abend gibt es auf Sky Sport eine Doku zum Cantona-Kick, als vor genau dreißig Jahren ein englischer Fascho in aller Weltöffentlichkeit kriegte, was er verdient hatte.
Ab Sonntag steigt die Dramenkurve dann immer steiler an: Der geplante Entschließungsantrag, besser bekannt als Merz’ 5-Punkte-Plan, oder als Kern der AfD-Politik, soll schon am Mittwoch besprochen werden. Und, so viel ist gleich klar: Mit geltendem EU-Recht und der Deutschen Verfassung ist so gut wie keiner der 5 Punkte vereinbar. Ein Rohrkrepierer mit Ansage. Merz scheint das aber wirklich durchziehen zu wollen, und auch die FDP und große Teile des BSW signalisieren Bereitschaft. Nur innerhalb der CDU beginnt es zu brodeln. Merz, Linnemann, Klöckner und Spahn bringen nicht wenige Landesverbände gegen sich auf. Daraufhin darf Saskia Ludwig offen auch Koalitionen mit der AfD fordern. Die Volkspartei beginnt zu zerreißen, da ist das erste Wort zum Entschließungsantrag im Parlament noch drei Tage hin. AfD-Vize Chupalla hält derweil Reden in Hamburg: „Diejenigen, die Brandmauern bauen wollen, werden hinter diesen Mauern verbrennen.“, während vor der Tür Antifas vermöbelt werden. In Magdeburg lässt Hanns-Thomas Tillschneider dann noch mal wissen, dass auch er die Schnellroda-Dauerbrenner noch drauf hat: Die Landeszentrale für Politische Bildung befinde sich „im Dauermodus der latenten Selbstanklage.“ Der am späten Sonntagabend dann noch aufgedeckte Mord im sagenumwobenen Heilstätten (Brandenburg), ein Asylberechtigter soll einen CDU-Mann in dessen Wohnung erstochen haben, die dann abgefackelt ist, vermag es aber nicht mehr, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, die Flammenobergrenze ist da schon lange erreicht. Sogar die Kirchen stellen sich offen gegen die Migrationspolitik der CDU.

 

2

Der folgende Montag ist der 27. Januar. Vor der Springer-Zentrale in Berlin versammeln sich tausende Menschen. Denn drinnen findet an diesem Tag der sogenannte „Welt“-Wirtschaftsgipfel statt, an dem angeblich Weidel, Merz, Baerbock, Habeck, Lindner, Wagenknecht und Elon Musk teilnehmen. In Birkenau jedenfalls wird der 80. Jahrestag der Befreiung des größten Vernichtungslagers der Geschichte in einem riesigen Zelt begangen, das über das Haupttor gespannt ist. King Charles sitzt neben Steinmeier, sitzt neben Habeck, sitzt neben Scholz, sitzt neben Selenskyj. Alle zeigen Demut und Moral. CDU-Chef Friedrich Merz ist aus Termingründen nicht dabei.

 

3

Dafür aber natürlich auf der Gedenkfeier des Deutschen Bundestag zum gleichen Anlass, nur eben zwei Tage später. Genau, an dem gleichen Mittwoch, an dem das „Ausländer Raus“-Gesetz vorgestellt werden soll. Die weißen Blumengestecke sind noch nicht weggeräumt, da brennt die Hütte schon: Der Fünf Punkte Plan von Merz wird mehrheitlich angenommen (187 Abgeordnete von CDU/CSU, 75 AfD-Abgeordnete, 80 Angehörige der FDP-Fraktion sowie 6 fraktionslose Abgeordnete, das BSW enthält sich, alle anderen sind geschlossen dagegen). Merz ist immerhin ein bisschen unwohl, Scholz findet das unverblümt Scheiße: „Kein Fuß breit denen, die Hass und Hetze säen.“ Die wirkliche Antifashow aber übernimmt dann Heidi Reichinnek (Die Linke): Die auf ihren linken Unterarm tätowierte Rosa Luxemburg erwacht nach Luft ringend zum Leben als sie dem auch noch feixenden Merz die Leviten liest. Nur Stunden später jazzt sie die Taz zur neuen „Queen im Bundestag“ hoch. Gut, 1.000 Parteieintritte in 24 Stunden sind nicht nichts. Für Friedrich Merz werden die folgenden Tage aber nur noch schlimmer.

 

4

Angela Merkel distanziert sich deutlich („falsch“). Spahn und Lindner geben Interviews für Compact. Der AfD-Verbotsantrag wird in den Innenausschuss zurücküberwiesen, vielleicht behält sich Merz das auch als Wiedergutmachung/Rache warm. In Dresden wirkt er am nächsten Tag kaum entspannter. Die Vogue veröffentlicht einen offenen Brandbrief von deutschen A-Kultur-Promis. Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg gibt sein Bundesverdienstkreuz zurück. Michel Friedman tritt aus der CDU aus. Zur Strafe muss nicht Merz selbst, sondern Innenmministerin Faeser dessen Hirndurchfall in Brüssel rechtfertigen. Und am Vorabend des zweiten Teils des Dramas versammeln sich 6.000 stinksauere Menschen vor der CDU-Parteizentrale in Berlin, wozu ihm am nächsten Tag dann nichts dümmeres einfällt, als dass es die Demonstranten mit dem Demonstrationsrecht übertrieben hätten. Boah, Friedrich. Aber noch am selben Abend soll es übrigens auch noch zu einer ganz anderen Versammlung gekommen sein: Der frühere CDU-Chef Armin Laschet hat zu einem privaten Treffen in seiner Berliner Wohnung eingeladen. Dabei sind auch hochrangige Politikerinnen und Politiker von Union und Grünen anwesend: Außenministerin Annalena Baerbock, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Auf CDU-Seite sind Kanzlerkandidat Friedrich Merz und der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn dabei. Das Treffen findet unter dem (wirklich wahren) Motto »Auf ein Glas mit Armin Laschet« statt. Die Einladungen waren schon vor Wochen verschickt worden.

 

5

Am Freitag dann der (vorerst) letzte Akt: Das „Zustrombegrenzungsgesetz“ steht zur Abstimmung im Parlament. Am Morgen schlägt die FDP überraschenderweise die Rücküberweisung in den Innenausschuss vor, hat also offensichtlich kalte Füße. Nach einer sehr langen Unterbrechung (vier Stunden lange Gespräche der Fraktionsspitzen) zieht die FDP ihren Vorschlag dann wieder zurück, Merz will nun mal All In gehen. Es folgen großteils würdelose Reden, die würdeloseste hält Alexander Dobrindt (CSU), der allen Ernstes und mit aller Pietät, die ihm möglich ist, den genauen Tathergang von Aschaffenburg vorliest.
Petra Pau (Die Linke) macht es dann nicht noch spannender. Mit 338 Ja- zu 349 Nein-Stimmen, wird das Gesetz abgelehnt. Was? Ist das etwa so etwas wie ein Happy End? Hat die Wehrhafte Demokratie die Brandmauer wieder hochgezogen? Nun ja, am Ende des Dramas steht diese jetzt einfach nur woanders. Nämlich zwischen der SPD, den Grünen und den Linken auf der einen Seite und der CDU/CSU, der AfD, der FDP und dem BSW auf der anderen. Ein paar wenige Christdemokraten und Liberale haben übrigens doch so wie etwas wie ein Herz. Insgesamt 41 Abgeordnete haben gar nicht abgestimmt. Denkbar ist aber auch, dass sich die CDU-Abweichler eine Blamage mehr in Brüssel ersparen wollen. Die Tätowierung auf Heidi Reichinneks linkem Unterarm jedenfalls kann erstmal wieder ausatmen.

 

Nachspiel

Mein lieber Herr Parlamentsverein, wenn das mal kein Hauptseminar in Parlamentarismus war. Jetzt wissen doch erstmal alle wieder, wo sie stehen. Gut zu wissen.
Aber: Quo Vadis Merz? Was sollte das? Nur mal die Karten auf den Tisch gelegt? Für eine Minderheitsregierung mit der FDP (und der AfD als Mehrheitsbeschaffer) geprobt? Ist das zu schwarz gemalt? Denkt er, seine Ausgangsposition für die Groko oder gar Kenia damit gestärkt zu haben? Und ist das alles, egal wie, nicht trotzdem viel zu knapp, und eine halbwegs stabile Koalition gar nicht wirklich möglich? Focus Online jedenfalls bringt am schnellsten eine „Liste mit Abweichlern“, damit der Friedrich weiß, wo die nächsten Hebel anzusetzen sind, nicht dass die CDU noch so etwas wie einen christlichen Ruf behält. Den prominentesten CDU-Austritt hat übrigens Horst Köhler, Bundespräsident a.D., hingelegt: Mit 81 Jahren ist er gestern einfach nicht mehr aufgestanden.
Die ARD entscheidet sich abschließend für den Talk am Sonntagabend für die AfD. Alice Weidel darf Caren Miosga erklären, wie sie sich das neue Deutschland genau vorstellt.

 

Ganz untergegangen in diesem Spektakel
ist dann auch auch,
dass Olaf Scholz
die Klimakatastrophe nicht mehr egaler sein kann:
der Bundeskanzler begrüßt
einen energiepolitischen Schritt
des neuen US-Präsidenten Donald Trump
(„Drill, baby, drill!“)
Scholz sagt dazu dem Handelsblatt,
ein größeres Angebot auf dem Weltmarkt
bedeute niedrigere Energiepreise.
„Das wäre gut für Europa und Deutschland,
weil es uns in der Übergangsphase
hin zur Klimaneutralität hilft,
die ja ungefähr
bis zur Mitte des Jahrhunderts dauern wird.“
Hm, ungefähr.

Egal,
die Wehrhafte Demokratie hat also nochmal Bock.
Und bis zur Wahl sind es nur noch drei Wochen.
Am Freitag sind schonmal 20.000 in Hamburg unterwegs,
Karl Lauterbach läuft in Köln mit,
am Samstag sind es dann schon 70.000 in Hamburg,
10.000 in Bremen,
30.000 in Köln,
10.000 in Leipzig,
45.000 in Stuttgart.
Und heute dann der nächste Mega-Treff:
Campact-Demo in Berlin! (60.000 bis 250.000 Teilnehmer*innen)
Mit Michel Friedman und Luisa Neubauer.
Die Bubble bleibt stabil.
Außerhalb sieht es aktuell so aus:
CDU/AfD hätten (noch)
eine absolute Mehrheit (30/21).
Rot-Grün liegt bei nicht mal 30% (16/13).
Die FDP bleibt draußen.
Das BSW ebenso
(auch Mama ist enttäuscht).
Dafür ist Die Linke gerade wieder bei 5%!
Eat this, Anti-Komponisten-Pack!
Außerdem wird gerade
das dritte Rezessionsjahr in Folge angekündigt,
aber vielleicht fällt dazu
ja dem großen Ökonomen Merz was ein?
Ähm, nein.
Für morgen kündigt der kommende Kanzler an,
auf dem Parteitag sein Sofortprogramm
gleich noch mal zur Wahl zu stellen,
und wehe,
die Reihen schließen sich nicht wieder sofort,
denn er „garantiert“,
dass sich mit seiner Regentschaft
was ändern wird.
Und jetzt wissen ja auch alle,
was genau das heißt.
Reputation ist wichtig.

Okay,
die Deadline ist gerade wieder gekommen
und sieht richtig gut erholt aus,
die Sonne ist
hinter den Dächern verschwunden,
und ich habe also noch
genau drei Stunden
bis 20:25 Uhr.
Und so sportlich,
wie ich bis jetzt unterwegs war,
kann ich mir sogar
einen Ausfallschritt
zum Basketball erlauben.
Was heißt kann?
Ich muss!
Denn auch in der NBA
geschehen noch unvorstellbare Sachen,
die Liga hat anscheinend vor,
auch weiter im Gespräch zu bleiben:
Heute morgen schockiert
ein Spielerwechsel die gesamte Sportwelt.
Ich will ja nicht unken,
aber überrascht bin ich nur davon,
dass es vorher absolut gar keinen
medialen Krawall gegeben hat.
Die Dallas Mavericks
traden
Luca Doncic.
Genau,
The Don
wechselt für Anthony Davis
zu LeBron und Los Angeles Lakers!
Bazinga!
Nach einigen Stunden Schockstarre
hier meine Prophezeiung:
Die Mavs sind der gleiche Contender,
der sie schon letztes Jahr waren,
nur halt jetzt mit einem Hardcore Power Forward
in seiner absoluten Prime.
Und Doncic ist immer noch
erst 25,
das sind mindestens noch
10 Jahre Superstardom in der City of Stars.
Wenn er gesund und fit bleibt.
Aber da hat er mit LeBron James
ja den besten Experten,
den sich nur irgendwer wünschen kann.
So schockierend dieser Trade auch ist,
so gut ist er auch.

Und apropos gesund und fit.
Seit Beginn des Jahrzehnts
ist das ja auch immer weniger ein Thema,
weil das Gegenteil zur Normalität geworden ist.
Erst vorhin
ist ein Basketballfreund beim Schwätzchen
auf Abstand geblieben,
testen tut sich niemand mehr.
Dabei rollt nicht nur eine Keuchhustenwelle durchs Land.
In den USA wird das Phänomen
inzwischen schon „Quad-demie“ genannt,
bestehend aus
unterschiedlichen Grippeviren,
Sars-Cov-2,
RSV
und Noro.
Dass in Brandenburg vor einigen Tagen
der seit vielen Jahrzehnten
erste 10Jährige an Diphterie gestorben ist,
hat aber bestimmt nichts
mit den gesellschaftlichen Folgen
der bereits wieder gut vergessenen Pandemie zu tun.

Aber auch in diesem Zusammenhang gibt es,
wenn schon keine guten,
dann doch irgendwie ein bisschen gerechte News:
Das US-Pharmaunternehmen Purdue
und dessen Eigentümerfamilie Sackler
haben sich mit 15 US-Bundesstaaten
auf eine Zahlung
von insgesamt 7.400.000.000 Dollar
für ihre Rolle in der verheerenden Opioidkrise
in den Vereinigten Staaten geeinigt.
Die Mitglieder der Sackler-Familie willigen ein,
bis zu 6.500.000.000 Dollar zu zahlen,
das Pharmaunternehmen selbst
soll 900.000.000 zur Verfügung stellen,
das durfte New Yorker Generalstaatsanwältin
Letitia James bekanntgeben.
Auf dem Berliner Alexanderplatz
und dem Ku’Damm
ist offener Crack- und Fentanylkonsum
derweil aber auch kein Aufreger mehr.
Freiheit!

Zum Ende für heute,
dass ich das noch schreiben würde,
wie versprochen
noch der heißeste Scheiß
in Sachen KI.
Die neueste Version
kommt also aus China,
heißt DeepSeek
und stürzt die halbe Weltbörse
am Anfang der Woche
in eine tiefe Krise.
Weil:
Alles daran ist genauso gut
wie alles, was OpenAI und Google anbieten können,
nur eben, surprise!,
viel kostengünstiger und effektiver.
Es hagelt direkt die ersten Cyberattacken,
ohne nennenswerten Erfolg.
Im Gegenteil,
Nvidia (der Noch-Marktführer bei Grafikkarten)
steht da mit dem größten Tagesverlust
eines einzelnen Konzerns
in der Geschichte des Kapitalismus,
von 3.5000.000.000.000 Dollar
haben sich 590.000.000 Dollar
ins Tech-Nirwana verabschiedet.
Was auch Trump daraus nicht lernt,
ist, dass Sanktionen
eben auch zu einem Innovationsschub führen.
Das Jahr der Schlange beginnt also
mit einigem tief sitzenden und ziemlich giftigen Biss.
Und damit haben dann
auch die KI-Wars offiziell begonnen.
Etwas, das vor zehn Jahren noch
Science Fiction in Schwurblerforen war,
ist dabei, sich zu etwas auszuwachsen,
für das die allermeisten von uns
einfach mal noch nicht bereit sein werden.
Steht jedenfalls so im Internet.
Und da steht jetzt auch seit dieser Woche,
dass der Golf von Mexiko
jetzt der Golf von Amerika ist,
und auch der Mt. McKinley ist wieder zu finden,
jedenfalls bei Google USA.

Nicht im Internet,
sondern in Buchregalen,
steht dafür ab sofort
eine völlig neue Art von Büchern:
„Human Authored“
heißt das als neue Qualitätslabel.

Deswegen: Hey, Deadline!
Ich wär dann wieder so weit.
Nur noch das Klima
und noch was optimistisches
als Schlussakkord,
okay?

Blizzards (oberfiese Schneestürme)
ziehen in dieser Woche
zwischen Houston und New Orleans hin und her,
also entlang des „Golf von Amerika“,
und das zum allerersten Mal überhaupt.
In Los Angeles brennt es immer noch/schon wieder,
dieses Mal ist Santa Clarita dran.
Und in Bayern ist jetzt auch den letzten klar,
dass es dort spätestens 2030
gar keine Gletscher mehr geben wird.

Folgerichtig sind die Zeiger
der Doomsday Clock
wieder ein großes Stück nach vorne gerückt:
Nur noch 89 Sekunden bis Mitternacht.
Auf meinem Schwarzen Spiegel
sind es zwar noch knapp vier Stunden,
aber so genau kann ich das auch nicht erkennen,
denn ausgerechnet die Stelle des Displays,
wo mir die Zeit angezeigt wird,
ist immer noch zersplittert.

 

 

„I wanna be your endgame.
I wanna be your first string.
I wanna be your A-Team.
I wanna be your endgame,
endgame.“

(Taylor Swift. 2017)

 

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