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Radio Free Europe (S12:Ep8)

von | 2025 | 6. April | Die Serie, Staffel 12 - Dancing With Wolves

Bild: Stardust.

 

„Decide yourself
if radio’s gonna stay.
Reason it
could polish up the gray.
Put that,
put that,
put that up your wall!
That this isn’t country at all.
Radio station
decide yourself.“

 

So.
Na, wenn das mal nicht
einer der besten Auftakte
für irgendwelche Osterferien
überhaupt jemals ist!
Vollgepumpt mit Endorphinen
bis hinter die Ohren
und voller froher Erwartungen
für die nächsten beiden Wochen
sitze ich am Schreibtisch,
und vor die Fenster hat irgendwer
einen heiteren Himmel gemalt.
Die Gründe für meinen State of Mind
habe ich aber irgendwo
am Ende der Episode versteckt,
damit sie nicht
von den Sorgen der Gegenwart
gefunden werden.
Falls Ihr ihnen begegnet,
verratet sie nicht.

Denn, Ihr ahnt richtig,
wir alle haben
auch seit dieser Woche wieder
ganz andere Sorgen.
Seit drei Tagen
herrscht der brutalste Wirtschaftskrieg,
den der Kapitalismus je entfesselt hat.
Und damit steigen auch
meine ganz persönlichen Sorgen:
Die Reise im Herbst
steht wieder mehr in den Sternen
als dass sie unsere Träume streift.
Und das alles nur
wegen des Frisurensohns
und seinem Salon von Halsabschneidern.
Denn, was weiß ich schon,
wozu so KI-Datenkraken inzwischen in der Lage sind?
Sollten die nur ein bisschen Literaturgeschmack haben
und/oder über diesen Blog hier
mal einen Scanner laufen lassen,
würden sich sicher mehr als genug „Beweise“ finden,
um mir die Einreise zu untersagen
und mich direkt nach El Salvador zu deportieren;
der Feind hört mit;
das hoffe ich jedenfalls;
metaphorisch.
Ich kann also nur noch hoffen,
dass meine Mutter ungeschoren davon kommt,
auch wenn sich gegen die
bestimmt auch was finden lassen müsste;
was mich irgendwie
auch wieder stolz macht.

Aber ein bisschen Precaution zu Beginn
kann sicher nicht schaden,
vielleicht ist die KI ja auch nur
eine Kehrausleserin.
Beginnen wir also
mit dem eigentlich Schluss:
Sport und Wetter.
Die Blue Devils aus Duke sind raus.
Im Halbfinale der US-Collegemeisterschaft
müssen sie sich
den Underdogs aus Houston geschlagen geben.
Und Cooper Flagg hat einen Grund mehr,
noch ein Jahr zu studieren:
Unfinished Business.
Der Mann ist immerhin
gerade erst 18 geworden.
Kurz vor den Playoffs
knallt es auch in der NBA nochmal:
Nicola Jokic sichert sich den nächsten MVP-Titel:
61/10/10 gegen die Wolves aus Minnesota,
das haben in der Art
nur noch zwei andere Menschen geschafft.
Blöderweise hat er diese Statline
in der dümmsten Niederlage des Jahres abgeliefert,
was allerdings (offensichtlich)
nicht sein Versagen war,
sondern das von Russell Westbrook,
seinem Vorgänger in Sachen
irre Sachen mit Triple Doubles.
Am Ende der Verlängerung
verlegt der jedenfalls
einen offenen Korbleger
zur Dreipunkteführung
und foult dann auch noch beim Dreier
in der letzten Sekunde.
Zwei von drei Freiwürfen
und weg ist das Spiel,
das nur ein Spiel ist.

Oha!
Moment mal!
Kurz vor dem Wetter
erreicht mich noch diese Eilmeldung
durch den digitalen Äther:
5,8% mehr Lohn.
Danke auch dafür,
liebe Gewerkschaft!

Dann jetzt aber
das Wetter:
Bis auf den lauen Regenfall
am vergangenen Sonntag
zählen wir hier
die sechste Woche
ohne Niederschlag,
ansässige Bauern
sagen bereits massive Ernteausfälle voraus,
auf den Feldern kämpft zwar noch der Raps,
aber wenn das so weiter geht,
brennt der Vorharz
spätestens im Mai.
Im UK
ist das jetzt schon soweit.
United Kingdom,
das ist das,
wo es sonst eigentlich nur regnet.
In Zentralasien
liegen die Temperaturen
momentan
im Schnitt
10°C über
dem Schnitt.
In Griechenland
werden einige dicht besiedelte Inseln überschwemmt.
Vor Sydney
bauen sich fünf Meter hohe Wellen auf,
der dortige Schuldige
ist ein Zyklon mit Namen „Alfred“.
Im gesamten Mittleren Westen der USA
zerstören Sturzfluten tausende Existenzen;
das Alte Testament
liegt auf den Nachttischen
wieder weiter oben auf dem Stapel,
und auf Netflix schnellt „Noah“ wieder in die Top Ten.
Und auf allen anderen Sendern
läuft ja auch noch das hier:

 

Every Accusation is a Confession
oder: „Liberation Day“
oder: „Die Globalisierung ist zu Ende“
oder: „Short Term Pain is gonna become Long Term Pain“

Die Zehnte Amtswoche bei Trump 2.0
wird mit neuen Gerüchten eröffnet:
Irgendwer erwägt,
am 20. April (natürlich!)
das Kriegsrecht in den USA auszurufen.
Wegen White Genozide
oder irgend soetwas.

Der „DOGE Kingpin“ (Fox) verteilt Millionenchecks
vor der Supreme Court Wahl in Wisconsin
und trägt dabei
einen künstlichen Käse auf dem Kopf?
Nicht wenige diagnostizieren eine Narrenkappe.

Im Vollkostüm steht Kid Rock
im Weißen Haus
neben dem Frisurensohn
beim Unterschreiben eines Dekrets
wegen zu hoher Ticketpreise;
die sind nämlich Schuld daran,
dass nur noch Hirnis zu Kid Rock Konzerten gehen.
Dabei bemerkt Trump
in einem Nebensatz:
„DOGE is gonna end.“

Pam Bondi zieht schon wieder ihre Handschuhe aus
und beauftragt die Bundestaatsanwaltschaft,
alles zu versuchen,
um Luigi Mangione hinrichten zu lassen.

Trump vergleicht sich schamlos
mit Marine LePen (siehe weiter unten)
und beselbstmitleidet sich
auf dem obersten Masterlevel,
dabei dürfte er allerdings Schwierigkeiten haben,
die Worte „rechtmäßig“ und „Verurteilung“
richtig zu verstehen.

Elons Millionenchecks waren für die Tonne:
Die liberale Richterin Susan Crawford
gewinnt in Wisconsin,
sehr deutlich.

Der Demokrat Cory Booker
filibustert im Senat
25 Stunden am Stück
über Trump,
und hat nicht mal geschafft,
25% von dessen Bullshit zu callen.

Mitte der Woche
dann schon der Klimax
der aktuellen Übertragung aus Absurdistan:
Es ist „Liberation Day“!
Kurz vor seiner Wirtschaftsweltkriegserklärung
kündigt Trump sogar noch kleinlaut
Musks offiziellen Rückzug an,
und dann steht er mit großen Pappschildern,
auf denen viel zu kleine Buchstaben,
dafür aber viel zu falsche Zahlen stehen,
im Rose Garden hinter dem Weißen Haus.
Tariffs! Tariffs! Tariffs!
Sogar Pinguine kurz vor der Antarktis
werden zur Kasse gebeten.
Nein, stimmt nicht.
Ganzen sechs Ländern
wird kein Wirtschaftskrieg erklärt:
Kanada,
Kuba und Mexico,
sowie
Russland,
Belarus und Nordkorea.
Jährlich sollen wegen dieses Stunts
600.000.000.000.000 in die USA fließen.
Sagt er so.

Tesla ist jetzt auch
mit dem größten Quartalsverlust der Geschichte
in das Golden Age gestartet.
Und auch der Rest der Weltbörsen knickt ein.
Trump hat jetzt sogar die Pandemie übertrumpft.
Millionen von US-Bürgern
verabschieden sich von ihren Rentenfonds,
den Collegefonds ihrer Kinder
und überhaupt irgendeiner Form von finanzieller Sicherheit.

Noch Wirtschaftsminister Robert Habeck
vergleicht wie immer analogiesicher
den Handelskrieg
mit dem Ukrainekrieg.

J.D. Vance hat auch noch was beizusteuern,
wie immer die wahren Schuldigen:
Die Globalisten;
die Ohren des weltweiten Antisemitismus
sind gespitzt.

Aber die Welt reagiert,
Bluffs sind zum Callen da:
Die EU kündigt Gegenzölle an,
besonders für Tech-Konzerne.
Und auch China lässt sich nicht lumpen:
34% auf fast alles.
Der gesamte US-Aktienmarkt bleibt im freien Fall:
Bis zum Freitag hat die Weltwirtschaft
2.500.000.000.000 verloren.

Die Medien schalten verzweifelt um,
nicht mal bei Fox findet man noch Argumente,
außer vielleicht in der Haarpomade von Jesse Waters,
„Signal Gate“ ist ja auch noch lange nicht vorbei,
aber auch hier eher schlechte Neuigkeiten
für den Boysarschlochclub:
Das Pentagon
eröffnet ein Untersuchungsverfahren
gegen seinen eigenen Chef,
Pete, White Jihadist, Hegseth
darf den Leak bald wieter spindoctoren.
Das eigentliche Sicherheitsrisiko,
Sicherheitsberater Waltz,
rückt dabei auffällig in die hintere Reihe.

Und auch Marco Rubio lenkt fleißig mit ab:
In Brüssel, beim Nato-Gipfel,
fordert er offen 5% von allen,
dann und nur dann
bleiben die USA
vielleicht auch im Bündnis.

Daheim vor den Schwarzen Spiegeln
distanziert sich jetzt sogar
Sigma-Podcaster Joe Rogan
und findet das mit den illegalen Deportationen auch doof.
Weswegen Trump seine Güte erneut unter Beweis stellt
und die brandstiftneue „Trump Card“ vorstellt
(für nur 5.000.000
nur eine halbe US-Bürgerschaft).
Und außerdem verbieten die USA
ihren Diplomat*innen
ab sofort romantische und/oder sexuelle Beziehungen
mit Chines*innen.
Globale Enthaltsamkeit im Weltwirtschaftskrieg.

Der eher schlecht läuft.
So schlecht,
dass sich vier republikanische Senatoren
vor eine Kamera stellen,
um zu verkünden,
dass sie gemeinsam mit den Demokraten
gegen die Zollpolitik stimmen werden,
aber erstmal nur gegen die gegen Kanada,
womit sie den Entwicklungen auffällig hinterherhinken.

Denn natürlich rudert das Weiße Haus bereits zurück,
„Verhandlungen sind denkbar“.
Zum Beispiel ein Nachlass für China,
wenn sie Tik Tok (US) verkaufen.
Dafür fällt da nicht mal ein Sack Reis um.

Zum Wochenende dann
auch in Deutschland
altbekannte Nachrichten:
Der nächste „Schwarze Freitag“ des Jahrzehnts,
der DAX verliert über 5%.
Das interessiert den Frisurensohn natürlich herzlich wenig,
das Weiße Haus lässt wissen:
„The March jobs report
exceeds expectations
with 228,000 jobs added —
nearly 100,000 more than economists predicted.
The Golden Age has begun!“

Zum Glück (siehe oben)
hält die fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Welt
(Kalifornien) dagegen
und Gouvener Newsome
schlägt sogar eigene Handelsabkommen vor;
also auch noch Wirtschaftsbürgerkrieg.

Gestern dann:
Bei den „Hands Off Protests“ werden Millionen erwartet,
immerhin waren schonmal hundertausende da,
also überall im ganzen Land,
in allen Staaten gibt es gut zählbare Aufmärsche.
Barron Trump teilt kurze Zeit später
lustige Videos von lustigen Angriffen auf die Demos,
zum Beispiel davon,
wie ein lustiger weißer Dodge Ram
mit lustigen schweren schwarzen Abgaswolken
an den lustigen Demozügen vorbeifährt.

Musk kommt derweil kurz zur Besinnung:
Er schlägt eine Freihandelszone vor,
mit Europa!;
in Grünheide läuft immerhin noch Normalbetrieb.
Und sogar Ted Cruz hegt langsam
offen Zweifel an den Zöllen.

Aber da ist der US-Nationalismus unter Trump
schon wieder in die nächste Phase eingetreten:
Den Cliffhanger zur nächsten Woche
darf Pam Bondi darstellen.
Sie droht vom Podium des Justizministeriums aus
allen Richtern,
die sich gegen die „Rechte der Nation“ wenden
(und dabei die Verfassung verteidigen).

 

Und apropos Rechtsstaat:
In Europa funktioniert der sogar heutzutage
noch manchmal überraschend gut:
Marine Le Pen
muss wegen schwerer Korruption und Veruntreuung
zwei Jahre eine Fußfessel tragen
und darf innerhalb der nächsten fünf Jahre
für kein öffentliches Amt kandidieren,
ohne Berufung,
klar, dass sie wutentbrannt das Gericht verlässt
und am Abend im nationalen Fernsehen sagt,
die Richter seien politisch,
wenn nicht sogar autoritär;
Millionen seien empört;
sie muss es ja wissen.
Zögling Bardella darf auch nachlegen:
„Die Demokratie wurde exekutiert.“
Okay.
2026 soll aber vielleicht nochmal entschieden werden,
ob Marine Le Pen
vielleicht nicht doch noch Präsidentin werden darf.
Das ist noch über ein Jahr hin.
In diesem Jahrzehnt
sind das mehrere Ewigkeiten.

Und damit zurück vor die Tür.
Ob die neue Bundesregierung
bis Ostern (in zwei Wochen) steht,
kann weiter bezweifelt werden,
denn wirklich alle
geben sich wirklich sehr große Mühe:
Söder (CSU) schließt Steuererhöhungen völlig aus.
Laschet (CDU) wird mit 97 in einer 50er-Zone geblitzt,
aber Pistorius (SPD) muss seinen Führerschein abgeben.
Sämtliche Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandlungen
haben medialen Dauer-Durchfall,
so viel geleakten Dünnpfiff
kann niemand aufarbeiten.
Der zukünftige(?) Vizekanzler Klingbeil (SPD)
fühlt sich trotz allem
„verdammt“ zum Gelingen der Koalition.
CDU und AfD sind im letzten Deutschlandtrend
fast gleich auf (25%/24%),
und Friedrich schon ganz kurz vorm Keller.
Das nutzt die AfD,
zum Beispiel unser Siegmund:
Im Magdeburger Landtag
erfindet er den „Dolchstoß“ neu,
auch wenn er dabei den „Verrat“ des Merz
ziemlich treffend beschreibt.
Die Bild und die Welt
schreiben vorsichtshalber schon mal
die Minderheitsregierung herbei,
da könne doch bequem
„je nach Lage“ entschieden werden.
Boah, Springer!
In den Schützengräben der AfD
raucht es dafür weiter:
Erik Ahrens (Sigma-Rechtsintellektueller)
fällt Maxe Krah in den Rücken
und verrät, was alle wissen:
Der Maxe hat genau ein Interesse:
Mannsein,
und nach dessen Lehre heißt das:
Koks und Ficken.
Boysclub auf Teufel komm raus.

Auf der künftigen Regierungsbank
werden aber seit gestern
die „dicken Klopper“ gebohrt,
die schweren Späne daneben
setzen bereits wieder Staub an.
Innenministerin Faeser
bleibt aber zunächst noch beim individuellen Asylrecht,
auch wenn der BAMF-Chef
das ganz offen Bäh findet.

Derweil sind die Linken bei 10% angekommen
und können sich sogar schon wieder
solche Aprilscherze erlauben:
Die Kriegsfans aus Bremen und M-V
sollen jetzt doch ausgeschlossen werden;
selten so wenig gelacht.
Aber auch bei den Jusos
ist noch etwas Restverstand zu finden:
Philip Türmer lehnt den „Freiheitsdienst“ rundweg ab.
Das hindert aber weder den Spiegel daran,
weiterhin „schwierige Fragen“ zu stellen
(„Sind wir bereit,
unsere Kinder in den Krieg zu schicken?“),
noch kann sich die Tagesschau damit zurückhalten,
vom Girls Day bei der Bundeswehr zu berichten.

 

Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe.
Woche 160.
Zum Schicksal von Waffenruhen. Montag: Charkiw wird die ganze Nacht über bombardiert. Trump droht Selenskyj mit „großen, großen Problemen“, sollte der sich aus dem Deal um die Seltenen Erden zurückziehen. Russland wirft der Ukraine den andauernden Bruch der Teilwaffenruhe vor (Brjansk). Putin beruft 160.000 neue Rekruten ein. Dienstag: Die erste Nacht des Jahres ohne russische Drohnenangriffe ist vergangen. ACAB reist nochmal nach Kiew und verlangt von Putin eine Waffenruhe ohne Vorbedingungen. Xi wird als Hauptgast für den 9. Mai angekündigt. Mittwoch: Wieder russische Drohnenangriffe (Charkiw und Saporischija), in Sumy wird ein Umspannwerk getroffen. In Kursk verursachen ukrainische Drohnen Stromausfälle, so viel zur Teilwaffenruhe. Eine russische 3.000 kg-Bombe zerstört einen Damm in Belgorod. Bei einem russischen Raketenangriff auf Krywyj Rih, werden vier Menschen getötet und drei weitere verletzt. Donnerstag: Der Tagesschau-Ticker pausiert erneut. Ukrainische Soldaten sind jetzt auch Versuchskaninchen für Ketamintherapien („Valhalla on earth“). Freitag: In Charkiw sterben vier Zivilist*innen bei einem russischen Drohnenangriff, in Brjansk einer beim Gegenangriff. In Dnipro wird ein Lokalpolitiker bei der Explosion seines Autos getötet. Krywyj Rih wird von Raketen getroffen, 14 Menschen sterben sowie 85 ukrainische Soldaten. Samstag: Die Ukraine widerspricht den russischen Angaben über den gestrigen Angriff, Soldaten seien gar keine gestorben, stattdessen sei ein Wohngebiet samt Spielplatz getroffen worden, dabei gäbe es auch 12 tote Kinder. Der deutsche Reservistenverband braucht mittelfristig 1.000.000 Reservisten (aktuell: 350.000). Russland und die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig, Energieanlagen angegriffen zu haben. Sonntag: Über der Ukraine beginnt der Morgen mit dunklen Drohnenschwärmen und Raketengeheul, in Kiew arbeitet die Luftabwehr bis weit nach Sonnenaufgang, kann aber die Raketeneinschläge kaum verhindern. Polen versetzt seine Luftwaffe in Alarmbereitschaft, so nahe ist der Drohnenkrieg. Basiwka (Sumy, nahe Sudscha) wird von russischen Truppen eingenommen. Für die nächste Woche werden neue Rohstoffverhandlungen angekündigt; das Sterben geht weiter.

 

In Other Wars
legt die Militärjunta in Myanmar eine Waffenruhe ein,
das einzige, das gegen die Krieg hilft,
sind eben die noch größeren Katastrophen:
Die Hilfsdienste haben
nach dem Erdbeben
bereits 3.300 Todesopfer gezählt.

In Other Wars
übt die größte Marine der Welt (China)
schonmal in mega Ausmaßen
vor Taiwan.

In Other Wars
wird ein UN-Krankenhaus in Gaza bombardiert.
Die Massen fliehen erneut aus Rafah
und wissen wieder nicht wohin.
Im Norden beginnen die IDF
mit den Annexionen,
während sie noch weiter nördlich
Bomben auf Syrien und den Libanon fallen lassen.

Und wahrscheinlich deswegen
besucht Benjamin Netanyahu
seinen neuen Lieblingseuropäer in Budapest.
Die Kommunikation
mit den anwesenden Nachrichtenstationen aus aller Welt
wird auffallend runtergefahren,
dafür aber auf ganze vier Tage gestreckt.
Und anstatt den Kriegverbrecher festnehmen zu lassen,
kündigt Victor Orban an,
sein Land der Gerichtsbarkeit durch den IStG
dauerhaft zu entziehen.
Die Richtbarkeit von Staatsoberhäuptern
müssen die Sendestationen wieder woanders suchen.
Und zumindest in Süd-Korea
werden sie dabei fündig:
Der Präsident ist endgültig(?)
seines Amtes enthoben.

Gut,
die Woche hat auch davon gelebt,
dass wir zumindest am Dienstag
bei keiner Illusion auf unseren Schwarzen Spiegeln
sicher sein konnten,
ob wir nicht doch alle
in einem einzigen riesigen Daueraprilscherz leben.
Und weil diese Episode
mal so langsam
an ihr Ende kommen will,
will ihr nicht von der Deadline
die Frequenz abgedreht werden,
erlaube ich mir,
diesen Diskurs
durch zwei Beispiele
aus der Provinz zu ergänzen.
Und es sagt nicht zu viel,
dass ich den ersten Aprilscherz
deutlich länger geglaubt habe
als den zweiten:

Mega Ankündigung für die Brockenkuppe!
Das Brockenhotel kriegt einen neuen Betreiber
und eine Komplettsanierung!
Bald schon beginnen die Umbauarbeiten
und bereits im Herbst
soll auf dem Vordach des Turmes
eine riesige Neon-Gitarre stehen.
Der Harz bekommt sein eigenes „Hard Rock Café“!
Und damit der Sensation noch nicht genug:
Als Headliner für das zehntägige Eröffnungsfestival
auf und um den (von Waldbränden bedrohten) Brocken
werden auch keine anderen angekündigt
als AC/DC.
Der Donner
wird noch hier in der Hölle
die Glocken
zum Klingen bringen.

Leider deutlich unglaubwürdiger,
dafür aber deutlich lustiger
liefert dann die Abteilung Basketball
des legendären SV Stahl Thale ab:
Durch äußerst geschickte Verhandlungen
konnte für die kommende Saison
ein Regionalligalizenz ergattert werden.
Der Mythenort macht’s möglich.
Das mit viel versprechenden,
jungen Megatalenten gespickte Team,
das ausschließlich aus Thalenser Jungs besteht,
wird von niemand anderem
als der White Mamba, Brian Scalabrine, trainiert,
auch das wieder nur möglich
durch das hervorragende Management
des Vereins an der Bode,
der Mann kommt natürlich umsonst.
Der neue Name des Teams
atmet regelrecht die bierdunstige Luft
der letzten großen Ära des Basketballs
unterm Hexentanzplatz:
„Karlsquell United Bodetal“.

Leider kein Aprilscherz (oder?)
dafür im Weltkulturerbe:
Der „Mertik-Riese“,
also der Schandfleck,
der den Eingang zur Quedlinbuger Süderstadt markiert,
soll umgebaut
anstatt zerstaubt zu werden.

Also dann,
die Deadline dreht grade
tatsächlich schon an den Sendereinstellungen rum,
nur noch eine Stunde.
Und deswegen unterlasse ich es (für den Moment),
auch noch über den letzten Unfall
in der Bildungspolitik von Sachsen-Anhalt zu schreiben;
vielleicht nur so viel:
Frau Feußner findet digitale Bildung gaaanz toll
und versucht das den Lehrer*innen
mit was gaaanz tollem schmackhaft zu machen,
nämlich mit KI-unterstützter Korrektursoftware.
Dann also
Gute Nacht, Alphabetisierung.

Also, was soll’s,
wenn bald eh schon keiner mehr
lesen und schreiben (können) wird,
dann bleibt ja immer noch
das Reden und Zuhören.
Und damit zum abschließenden Höhepunkt der Episode:
Eine Ankündigung!, eine Ankündigung!
Alle weiterlesen!
Es folgt
der sogar für Signal noch zu geheime
absolute Geheimplan
für einen noch absolut und total geheimen Podcast.
Genau,
genau das,
was mir jetzt noch gefehlt hat.
Ich schreibe von mir,
denn ich darf mich freuen,
Teil dieses noch absolut total super geheimen
Geheimpodcast zu werden.
Hier dann also
der alles übertreffend
geheime Geheimpitch:

Die Befreiung
der europäischen Nachrichtenmedien
steht bevor!
Und der Hintergrund muss allen klar sein:
Die Unzufriedenheit mit der Lage
und der brennende Wunsch nach Engagement.
Nach ehrlicher Kritik.
Das Ziel:
Den Schüssel der Diskursverkürzung
im Schloss der versiegelten Filterblasen
abzubrechen,
und nebenbei noch die medialen Affenkäfige (aka Talkshows)
in Grund und Boden zu dekonstruieren.
Dysfunktionalitäten werden offen gelegt,
ohne sich dabei auf Häme zu beschränken
oder die eigene Position
den Rahmen halten zu lassen.

Na, ist das was?!
Meine Rolle dabei
durfte ich mir aussuchen,
und, surprise,
ich habe mich für die Redaktion beworben.
Am nächsten Wochenende
finden dazu in Berlin Mitte
die ersten Kennenlernrunden statt,
erste Redaktionssitzung:
Samstag, 10 Uhr,
da muss niemand von uns arbeiten.
Den Verlautbarungen nach
sind wir ein wildes Team:
Politikwissenschaftler,
Systemischer Therapeut,
Ex-Polit-Aktivist,
Lehrer,
Schauspieler,
Ärztin,
und der Kreis scheint noch zu wachsen.
Mir ist das Ressort
„Stil und Rhetorikcheck“ angeboten worden,
aber da geht sicher noch mehr.
Die sich allen gleich stellende Frage
ist dabei natürlich:
Welche Medien sichten wir?
Welche Sender verfolgen wir?
Welchen Frequenzen
lassen wir in unsere Blase?
Wie frei kann Europa sein?
Und wie frei der Rest?

Wir beschränken uns zu Beginn
zunächst auf Lokal- und Leitmedien,
für den Saum des Nachrichtenchaos
ist vielleicht in Retrospektiven erst Zeit.
Die Produktionszeit für eine Folge
veranschlagen wir im Moment
bei einem Monat,
mit dem Ziel,
nicht weniger als 45
und nicht mehr als 60 Minuten Material zusammenzutragen,
dass dann schonmal nicht ich einsprechen werde,
ich habe ja hier im Internet
immerhin auch noch andere Sachen zu tun.
Und damit enthülle ich auch noch
meinen ganz eigenen Geheimplan:
Denn für mich ist das eine Win-Win-Nummer,
denn ich betreibe einmal Recherche
für zwei Publikationen.
Des Anstands und der Vollständigkeit halber
folgt hier mein Portfolio,
Recherche zu den folgenden Medien
kann ich ohne zusätzlichen Aufwand beisteuern:
Das konkret.
Diverse relevante Youtube Kanäle.
Diverse US-Late Nights.
Den Guardian.
Das Compact
(know your enemies, even if they are dumb).
Natürlich die Tagesschau.
Und die junge welt.
Und die Welt.
Und Fabian Lehr und David Pakman.
Und Bernhard Torsch.
Wenn’s sein muss auch den Focus.
Und gerne auch mdr-Kultur,
die Mitteldeutsche Zeitung
und wegen mir auch
die Harzer Volksstimme.
Bring.
It.
On.
Einen Namen hat der Podcast
übrigens noch nicht,
und wenn,
dann ist der sogar für mich
noch zu geheim.

 

Oligarchie und Alltag
(Hidden Story)

Die Deadline des Brillenträgers saß am Sonntag Abend neben ihm am Schreibtisch. Dort hatte sie schon gestern Abend auf ihn gewartet, als er aus Leipzig zurück gekommen war und sie aber auf heute vertröstete. Auf der Rückfahrt hatte er keine einzige Minute Radio gehört, obwohl der Akku seines Schwarzen Spiegels bedrohlich leer war; gegen Welt-Müdigkeit half laute Band-Musik immer noch am besten.

Als er die Jurastudentin zurück in ihr begonnenes Jurist*innenleben nach Gohlis gebracht hatte, rief er den Gitarristen an. Und da Spontanität nicht selten unerwartete Überraschungen bietet, fuhr er nur Minuten später vom Norden der Stadt in den Westen, nach Plagwitz, um bald darauf wieder zu zweit nach Süden weiterzufahren. Dabei musste er östlich des Elsterbeckens einen langen Aufmarsch von eventorientierten aber lamen Ultras passieren lassen, die von enttäuschten Polizist*innen begleitet wurden. In Connewitz angekommen, lernte er den Frühling an einem Samstagabend in der Südvorstadt kennen. Die versammelte linksautonome Szene der Republik saß und stand auf den Straßen der Südvorstadt. Er hatte selten so viele Menschen so friedlich beieinander gesehen. Noch bevor sie zum Essen einkehrten, schwatzte Ihnen ein Kuttenträger eine selbstproduzierte CD auf; wie sich später herausstellte, ein Splitalbum mit etwas, das der Brillenträger umständlich aber treffend als woken Power New Black Metal Pop bezeichnen und nach der ersten halben Rotation ins Regal stellen würde.

Auf den Basketballkorb vorm Conne Island warf auch aufgrund der kalten Abendtemperaturen niemand nicht mal eine zerknüllte Kippenschachtel. Stattdessen wurde geraucht und freundlich so getan, als seien die Neunziger nie vergangen. Als sie den Saal betraten stimmte die Vorband das erste Lied des Abends an. Die beiden Freunde blieben bis zum letzten Ton und trafen sich eine Zigarette vor der Tür später am Merch wieder. Der aktuelle Albumtitel der Vorband tat es beiden an, aber nur der Brillenträger kaufte sich ein T-Shirt mit kleinen Privatflugzeugen auf der Vorderseite. Auf einem der Pissoirs klebte dann ein Aufkleber, in roter Black Metal Schrift auf schwarzem Grund hieß es: „Männer nerven!“
Als die Hauptband begann ihr neues Album zu spielen, fragte der Brillenträger den Gitarristen, ob er wüsste, was heute auch für ein Tag war, denn heute vor genau 45 Jahren hatte ihre gemeinsame Lieblingsband ever (no competition) ihr allererstes Konzert gespielt. In der St. Mary’s Episcopal Church an der Oconee Street in Athens, Georgia, auf einer Geburtstagsfeier von Kunst-student*innen. Dann verschwanden sie im Punk.
Als die Band den zweiten Teil des Konzertes (die „alten Erinnerungen“) eröffnete, wurde aus dem zappelnden Publikum schlagartig ein Chor: „Und er sah sie an und wusste, was es war und dass die Schafe es verstehen, ,denn alles ist besser, als der Tod!‘, sagte er und küsste sie. Denn alles ist besser als der Tod. Alles ist besser. Denn alles ist besser als der Tod. Alles, wirklich alles, alles ist besser, alles ist besser, alles ist besser als der Tod. Alles ist besser. Alles ist besser. Alles ist besser als das hier.“ – „Leipzig! Verdammt! Leipzig, verdammt noch mal!“

Als sie sich zum tausendsten Mal verabschiedeten, stellte der Brillenträger noch fest, dass ihm das falsche T-Shirt verkauft worden war. Statt Privatflugzeugen aus dem Alltag der Oligarchie stand über Kaskaden von Origami-Kranichen der Name der Vorband. Punk kann so einfach sein.

 

„Decide defy the media too fast
instead of pushing palaces to fall.
Put that,
put that,
put that up your wall
that this isn’t fortunate at all.
Radio station decide yourself.“

(R.E.M. 1983)

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