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Attack on Memory (S9a:Ep1) (Teil 2)

von | 2023 | 30. April | Die Serie, Staffel 9a - Little Oblivions

(Bild: Carwitz/Brandenburg. Ende April 2023.)

 

Cool about it

 

„I’m trying to be cool about it.
Feelin‘ like an absolute fool about it.
Wishin‘ you were kind enough
to be cruel about it.
Tellin‘ myself I can always do without it.
Knowin‘ that it probably isn’t true.“

(Boygenius. 2023)

 

 

Über Brandenburg strahlt
der schönste Himmel des bisherigen Jahres,
der gestrige Sonnenuntergang
über dem Stolpsee vibrierte schon
vor lauter Sommer.
In den Kanus auf der Havel
tragen bereits alle Sonnenbrille,
sogar ich.
Was ich überhaupt
in Brandenburg mache?
Ich sitze gerade im Zug Richtung Berlin
und bin auf der Heimfahrt
von einer Teamfahrt.
Wer sich darunter nichts vorstellen kann:
Unsere Schüler*innen nennen das:
Die Großen sind auf Klassenfahrt.
Ein Wochenende lang
mit einem Haufen cooler Kolleg*innen
in Himmelpfort,
da wo die nordostdeutsche Seenplatte
eigentlich schon angefangen hat,
um nicht zu sagen,
an den Südufern der deutschen Ozarks;
mindestens.
Was wir da gemacht haben,
das unterliegt selbstverständlich dem Dienstgeheimnis,
ist aber mit dem Begriff Teambuilding
ganz gut beschrieben.
Ich kann aber so viel sagen:
Ich habe meinen zweiten
Sonnenbrand in diesem Jahr.
Den ersten hatte ich bereits letzte Woche.
Am ersten wirklich warmen Tag 2023
brauchte ich dafür nur
mit dem Fahrrad von Quedlinburg
nach Thale und zurück fahren,
und heute haben drei Stunden
auf der Havel gereicht.

Aber,
damit hier kein falscher Eindruck entsteht,
und um die Folge zu Beginn
nicht auf positivistische Höhen zu treiben,
von denen es kein
authentisches Zurück
zum angemessenen Weltuntergangston des Gesamttextes
mehr geben könnte,
muss an dieser Stelle auch gesagt sein:
Der gesamte Rest
dieses zweiten (Dritter Welt-)Kriegs-Aprils
war einfach mal scheißkalt.
Ich weiß, dass das damit wenig zu tun hat,
aber, Alter, Digger!;
wir hatten am letzten Sonntag
sogar Polarlichter
über Quedlinburg!
Cool, oder?

Regelmäßige Leser*innen ahnen,
was jetzt kommt;
und mit welchem anderen Thema
sollte ich diesen zweiten Teil
der ersten Episode
der neu(e)n(ten) Staffel
auch sonst beginnen?
Also, alle bleiben jetzt bitte
(wie an den meisten Sonntagen
von #DieDoppeltenZwanziger)
maximal cool.
Denn Don Quijote Ver.20/20
(b)logt sich wieder ein.
Here. We. Go.
Again.

Ab Kalenderwoche 17, 2023,
begeben sich die „Klimaterroristen“
in einen neuen Default-Modus:
„Friedlich zum Stillstand“;
die Formel heißt heuer nicht mehr
ein Drittel Heizöl
und zwei Drittel Benzin,
sondern:
Zwei Komponenten Kontaktkleber
und über 16.000 Quadratkilometer Asphalt.
Angeblich ist jetzt permanent
und ohne Pause
Chaos auf den deutschen Straßen angesagt.
Also zumindest erstmal in Berlin.
Wir sind also gespannt.
Am Montag ging es schon los:
42 Aktionen,
etliche abgebrochene Rettunsgeinsätze,
200 Festnahmen,
dutzende Ingewahrsamnahmen.
Schon mal gar nicht schlecht
für den Letzten Versuch.

Und wo wir gerade da sind,
ich muss mal schnell umsteigen:
Berlin Hauptbahnhof, tief.
Diese Stadt wird ja ab nächste Woche
erst so richtig, richtig interessant,
auch und vor allem für #DieDoppeltenZwanziger,
aber dazu dann erst nächste Woche…
Aber weil nun mal auch mein Herz
hier begonnen hat zu schlagen,
nehme ich wenigstens noch einen
kleinen Schnappschuss von der Südseite mit.
Sonntag, 30. April, 17 Uhr.
Direkt vor dem Eingang
steht ein Feuerwehreinsatzwagen,
am Ufer der Spree gegenüber
stehen neun Wannen,
mitten auf dem Vorplatz
steht ein halbes Dutzend schwergerüsteter Polizisten.
Zwei Drehtüren des Eingangs sind gesperrt,
dahinter, im Bahnhofsgebäude,
steht ein beachtlicher Montagekran.
Hier ist also irgendein
größerer Sachschaden entstanden, oder die Scheiben sind zu dreckig,
aber ich kann nichts besonderes erkennen.
Am rechten Rand des Eingangs
rappt ein Rapper
mit ungebogenem weißen Schirm
auf süße Pop-Melodien.
Gangsta, aber in „cool“.
Und gerade da fällt mir auf,
dass es mich schon viel länger
als diesen Hauptbahnhof (und den Rapper) gibt.
Der (Bahnhof) ist aber inzwischen
auch schon wieder so alt,
dass die Rolltreppen quietschen.
Nach einer kurzen Rücksprache
mit einem Bahnhofsmitarbeiter
durfte ich mir auch selbst erklären,
was die Aufregung hier soll.
„Überlegen’se doch ma schaaf,
wat heute fürn Tag heute is!“
Ach, klar, Walpurgisnacht.
Was auch bedeutet:
Morgen ist der 1. Mai.
Berlins ganz eigener,
alljährlich zelebrierter,
„Heißer Frühling“.
Cool, cool.
Aber auch dazu dann
vielleicht noch mal nächste Woche.

Erst in Potsdam habe ich übrigens
einen Sitzplatz bekommen,
eben ist die Zugsecurity vorbeigelaufen,
ein Abteil weiter scheint es Dresche zu geben,
der Gen-Z-Boysclub gegenüber
tauscht Saufgeschichten aus.

Zurück zum „Klimaterrorismus“.
Der ging in der letzten Woche
auch von der Bundesregierung aus:
Bundesjustizminister Buschmann
vergreift sich mächtig am Hufeisen:
Die Klimakleber seien ja
im Grunde nichts anderes
als die Straßengangs
der letzten 20er und 30er.
Genau.
Wenn das kein relativistischer Staatsterrorismus ist,
was dann?
Im besten Falle wahrscheinlich noch Gaslighting.
In Spanien, Italien, Südfrankreich und großen Teilen Südasiens
herrschen derweil schon um die 40°C,
Ende April.
Und an der Anti-Umweltschutzfront
kommt jetzt raus:
Til Schweiger ist wohl tatsächlich
ein Arschloch.
Er säuft.
Und schlägt Leute am Set.
Und niemand ist noch überrascht.

So.
Und ich gucke jetzt,
bevor die Episode endlich mal
wirklich in Gang kommt,
nicht nochmal,
ob die „Gegenoffensive“
(reminder: Ukrainekrieg)
vielleicht doch schon begonnen hat,
sondern mache es so,
wie es meine ukrainische Kollegin,
die das ganze Wochenende lang,
wenigstens nur mal ein Wochenende lang,
keine Nachrichten gelesen hat:
Mal ganz kurz im Gestern (letzte Woche) leben,
das Morgen verspricht ja bekanntermaßen,
noch schlechter zu werden.

Aber zumindest im Sudan
ist die Lage nicht auch noch völlig eskaliert.
Trotzdem hat „der Westen“
so gut wie alle ausfliegen lassen.
Das nächste Land
wird sich wieder selbst überlassen.
Und siehe da:
Die erste Waffenruhe hält,
die zweite schließt sich an.
Dieser Krieg scheint übrigens ein Bürgerkrieg zu sein,
nur wie viele rivalisierende Paramilizen beteiligt sind,
das bleibt zunächst noch unsicher.
Der UN-Generalsekretär bemüht sich,
dabei verlässlich wie immer,
die Stimmung hochzuhalten
und warnt vor einer Hungerkatastrophe,
beziehungsweise vor deren Verschärfung.

Davon noch sehr weit entfernt,
aber immer noch ziemlich verschärft
bleibt die Stimmung in Israel.
Noch bleiben die Massen cool.
Aber sie hören nicht auf zu wachsen.
Zum israelischen Unabhängigkeitstag
demonstrierten in Jerusalem
bald Hundertausend für die Justizreform.
Die deutsche Luftwaffe
nimmt an einer Flugparade über dem Land teil,
so wie auch die USA, Frankreich und der UK,
nur falls jemand vergessen haben sollte,
wie „Alliierte“ buchstabiert wird.
Die Tagesschau spricht inzwischen
von der schwersten innenpolitischen Krise
in 75 Jahren Landesgeschichte.
Und nach Pessach,
also nächste Woche, soll weiter eskaliert werden,
wahrscheinlich auf allen Seiten.
Die Reform soll wohl noch
etwas weiter verschoben werden,
der allgemeine Druck steigt allerdings enorm.
Gestern waren es dann in Tel Aviv
ganze 160.000.
Wieder gegen die Reform.
Volksfront von Judäa?
Judäische Volksfront?
Nein, nur noch Spalter.

Aber nicht hier!
In Deutschland bleibt
zumindest die Öffentlichkeit noch ruhig genug.
Zum Dank gibt es einen neuen Tarifabschluss
für den Öffentlichen Dienst,
und zwar den „teuersten aller Zeiten“,
der angesichts der Multikrise
trotzdem ein Armutszeugnis bleibt.
Die Bahner*innen aber
sind noch nicht zufrieden,
die EVG zieht die Arbeitskampflok weiter,
wie Boxer auf der „Animal Farm“.
Am Mittwoch stand wieder alles still.
Und inzwischen wird sogar wieder
mit unbefristeten Streiks gedroht,
pünktlich vor der Pfingstferien.
Da kann das ab morgen gültige „Deutschlandticket“
wahrscheinlich erstmal zusehen,
vom wem es sich kaufen lässt.
Bahn fahren werde ich trotzdem weiter,
auch weil ich sowas hier erleben darf:
Gerade eben, vor vielleicht zehn Minuten,
weckt der Bahnbegleiter,
die Situation im Zug scheint wieder cool zu sein,
einen eingeschlafenen Fahrgast,
und fragt ihn, wo er denn aussteigen möchte.
Erst eine Minute später schafft es der Mann
zu antworten:
Magdeburg.
Viel mehr Wörter in deutscher Sprache
scheint er nicht zu beherrschen,
wirkt ansonsten ziemlich verzweifelt
und ist nicht mehr ganz nüchtern.
Er entschuldigt sich sofort pflichtschuldigst,
dass er keinen Fahrschein hat.
Der Bahnbegleiter winkt ab,
ist schon ok.
Alle Umsitzenden,
die die Situation erfasst haben,
nicken zustimmend.
Und sind cool damit.
Arbeitsfrieden statt Arbeitskampf.
Fast abschließend dazu
das aktuelle konkret Magazin, Seite 9:

 

„ … wie die SZ ein einem weiteren Clownstext unironisch erinnert. „Ein unbefristeter Arbeitskampf, das lehrt die Erfahrung von damals (1992), weckt riesige Erwartungen – und es ist nicht einfach, sie wieder einzufangen“, mahnt Peters (der entsprechende SZ-Autor) wieder, der Herrschaftsdenken offenbar derart internalisiert hat, dass man ihm das Vakuum in seinem Kopf mit herausgerissenen Seiten der Gefängnishefte von Antonio Gramsci stopfen will. Der hat sich bekanntlich in faschistischer Gefangenschaft seinen Kopf darüber zerbrochen, weshalb es in Ländern wie Deutschland, trotz starker Gewerkschaften und mächtiger Sozialdemokratie, nie zur Revolution kam. Wer das hegemoniale Gaslighting der linksliberalen „Leitmedien“ zum Warnstreik verfolgt hat, stellt sich diese Frage nicht mehr.“

(Elena Wolf: Ein bisschen Streik darf sein.)

 

Saskia Esken (SPD-Chefin)
hat passend dazu
in dieser Woche mal wieder gefordert,
wenigstens mal kurz
über die 4-Tage-Woche nachzudenken.
Noch etwas weiter links ist übrigens inzwischen,
wait for it,
Österreich.
Nach der Steiermark
und dem „roten Graz“,
hat jetzt auch Salzburg
wieder Kommunist*innen
im Parlament.
Die KPÖ holt über 11%.
Sogar die die Grünen haben weniger.
Strange.

Stimmte die Hufeisentheorie,
könnte ich jetzt problemlos
zum Antifakracher der Woche schliddern.
Tut sie nicht,
aber ich mache es trotzdem;
von wegen lechts und rinks, und so.
Als „gesichert rechtsextrem“
gelten nämlich hierzulande
drei weitere Organisationen,
und das ist vor allem gut
für das Bundesland,
in das ich just in diesem Moment
wieder zurückgekehrt bin.
Nächster Halt:
Burg.
Bei Magdeburg.
Umsteigen.
Die Sonne wartet bereits über dem Harz,
auch wenn ich den noch nicht sehe.

Wo war ich?
Ach ja, Nazis/Neonazis.
Seit vergangenem Dienstag
sagt auch der Bundesverfassungschutz:
Die JA („Junge Alternative“),
das IfS („Institut für Staatspolitik“)
und „Ein Prozent“ („coole“ Faschotrolle im Internet)
dürfen jetzt offiziell Faschos genannt werden.
Cool.
In Thüringen und Sachsen steht die AfD
übrigens aktuell bei 28%
und wäre stärkste Kraft.
Aber bis zu den nächsten Wahlen
können da auch wieder 18 draus werden,
oder 33.
Also tritt Alice Weidel mit Höcke auf,
in Erfurt.
Warum, weiß niemand,
von Schulterschluss spricht niemand,
wahrscheinlich geht es auch nur
um/gegen die Grünen.
Derweil macht Boris Palmer
in Frankfurt am Main
Boris Palmer-Sachen:
Er benutzt mehrfach des N-Wort
auf irgendeiner Konferenz
und vergisst sich dann endgültig:
„Ich habe ein Wort gesagt,
und ihr sagt ‚Nazi‘ zu mir.
Das ist nichts anderes als der Judenstern.“
Die Moderatorin verlässt
logischerweise die Bühne.
Am Abend ergänzt Shahak Shapira auf Twitter:
„Hab geträumt,
dass ein Grüner Bürgermeister
sich mit einem verfolgten Juden vergleichen hat,
weil er das N-Wort nicht sagen soll,
während seine Parteikollegin
in der gleichen Woche ihre Ämter verloren hat,
weil sie nicht
gegen einen NSU-Untersuchungsausschuss abstimmen wollte.“
Und am selben Tag
wird an einer Schule,
irgendwo am Harzrand
ein Exemplar von „Die Welle“ verbrannt.
Heimlich, in der Raucherecke,
aber so, dass es gefunden werden sollte.
Diese wahre Erinnerung
schmerzt mich aber noch zu sehr,
um schon darüber schreiben zu können…

Deswegen lieber fix über den Teich,
denn da gibts wieder einen Nazi weniger.
Tucker Carlson ist raus.
Ohne Ankündigung wird er am letzten Wochenende gefeuert,
die letzte Woche begann also mal ohne allabendlichen Hass und Hetze,
oder wenigstens mit etwas weniger.
Trump hat also seinen nächsten Lautsprecher verloren.
Herrlich.
Der 750 Millionen Deal,
den Carlsons ehemaliger Haussender Fox News
gerade erst mit Dominion
(Hersteller der Wahlmaschinen,
über die er u.a. massiv Lügen verbreitet hatten)
ausgehandelt hat,
um einer doppelt so hohen Strafe zu entkommen,
hat damit aber absolut überhaupt nichts
und auf gar keinen Fall etwas zu tun.
Die USA haben aber auch
noch andere gute Nachrichten:
Der Bundesstaat Washington
(noch drei Monate…)
verbietet als erster US-Bundesstaat überhaupt
doch wirklich und tatsächlich
die Lieblingswaffen aller US-Nazis:
Assault Rifles.
Nur noch 49.

Und die allerbesten News kommen,
wie natürlich nicht anders möglich,
aus der NBA.
Die erste Playoffrunde ist vorbei,
und die Lakers sind schon wieder Teil der Geschichte.
Zum ersten Mal überhaupt
haben gleich zwei Teams
die top- bzw. zweittop Mannschaft
aus dem Meisterschaftsturnier gekegelt.
Nachdem die Heat bereits
die beste Mannschaft im Osten (Milwaukee)
sauber ausgeschaltet hat,
führen die Lakers geradezu meisterhaft
die großmäuligen Grizzlies aus Memphis vor,
deren Oberunsympath, Dillon Brooks,
gleich doppelt sein großer Rand gestopft wird.
Der hatte nämlich getönt,
er respektiere niemanden,
der ihm nicht mindestens
40 Punkte einschenkt.
Der King schenkt ihm
sein erstes 20/20 ein,
und im sechsten Spiel
rasieren die Lakers die Gäste
in Los Angeles mit,
genau,
125:85.
I’ll never stop loving this game.

Gut.
Und wer jetzt denkt:
War da nicht noch was
anderes in dieser Woche?
Seid beruhigt,
die Episode heißt ja nicht umsonst
so wie sie heißt.
Ich lasse es aber weiter cool angehen.
Mindestens so cool,
wie unser Bundeslandesvater.
Gerade frisch aus Magedburg rausgefahren,
rufe ich uns allen noch einmal
dessen Worte in Erinnerung,
damit hier mal niemand vergisst,
wer wir eigentlich sind.
Als nämlich die Siko on tour in Wittenberg (nicht Paris) war,
erklärte Dr. Haseloff den geladenen Gästen,
warum hier bei uns
die Nummer mit der Kriegsbegeisterung
immer noch nicht so richtig klappen will:
Die Menschen im Osten Deutschlands
hätten „eine andere Emotionalität bei der Frage,
wer Freund, wer Feind ist.“
Aha.
Die allgemeine Stoßrichtung
der noch amtierenden Bundesregierung
bleibt auf dieser Veranstaltung aber klar,
schließlich sitzt gut zahlendes Publikum im Saal:
Was denn mit der ausgesetzten Wehrpflicht sei,
will ein Rentner noch wissen.
„Ich finde, wir müssen das nochmal diskutieren“,
sagt Bundesministerin Schulze.
Ihre Begründung allerdings
hat erfrischend wenig
mit der „Zeitenwende“ zu tun:
Als Parlamentsarmee
müsse die Bundeswehr
„die ganze Gesellschaft abbilden“,
das tue sie aber aktuell nicht.
Und das ist auch gut so.
Wegen Gründen.

 

Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe. Woche 61.
Die Welt hat im letzten Jahr 2.240 Milliarden Dollar (in Ziffern: 2.240.000.000.000) für die Rüstung ausgegeben, so viel wie niemals zuvor. Montag: Ukrainische Drohnenangriffe auf Sewastopol (Krim) werden abgewehrt. Selenskyj: „Es ist unmöglich für uns, Bachmut aufzugeben.“ Prigoschin: Wagner nimmt ab sofort keine Gefangenen mehr. Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, hält eine Rückeroberung des gesamten von Russland besetzten Staatsgebiets in diesem Jahr „durchaus“ für möglich. Gueterres weiß auf der UN-Sicherheitsratssitzung (aktuell geleitet von Russland), dass die Spannungen zwischen „den großen Mächten den höchsten Punkt“ erreicht hätten. Lawrow denkt auch zu wissen, warum: „Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird, oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird. Wir können die Ukraine-Frage nicht losgelöst vom geopolitischen Kontext betrachten.“ Dienstag: Die Ukraine bereitet ihr Stromnetz bereits für den kommenden Winter vor. Momentan ist der Ukrainekrieg bei der Tagesschau hinter den Promitoten platziert, heute ist es Harry Belafonte. Medwedew: Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs sei ernster zu nehmen als der Klimawandel. Das Eisenbahndrehkreuz in Kupjansk wird von russischen Raketen angegriffen, dabei wird auch ein Museum getroffen, es sterben Zivilisten, obwohl Kupjansk bereits im März evakuiert wurde. Selenskyj im Anschluss: „Russland tut alles, um uns komplett zu zerstören.“ Mittwoch: Über der Ostsee werden erneut drei russische Aufklärungsflugzeuge abgefangen. Prigoschin beschwert sich über ausbleibende Entlastungsangriffe auf Kramatorsk oder Slowjansk. Die Ukraine benutzt bereits Uranmunition. Donnerstag: Bachmut wird in Schutt und Asche gelegt, die Gegenoffensive greift eine Ruine an. Die Pentagon Leaks leaken weiter und sind wohl noch verheerender als bisher angenommen, zum Beispiel: Ein US-Geheimdienst hat das deutsche Verteidigungsministerium ausspioniert. In Russland stehen 1.000 Soldaten wegen Fahnenflucht vor Gericht. Freitag: Rund um, nicht mehr in, Bachmut wird weiter heftig gekämpft. In der gesamten Ukraine herrschte in der Nacht Fliegeralarm, Selenskyj spricht von einer „Nacht des Terrors“. Besonders schwer wurde Uman (südlich von Kiew, chassidische Pilgerstätte) getroffen. Indien vertieft seine militärischen Beziehungen mit Russland. Samstag: Selenskyj fordert noch viel mehr Waffen. Ex-Linken Chefin Hennig-Wellsow ist jetzt auch für Waffenlieferungen. Nach einem ukrainischen Drohnenangriff explodiert ein riesiger Treibstofftank in Sewastopol, die Ukraine spricht von zehn Tanks. Am Nachmittag ist das Feuer gelöscht. Prigoschin droht aufgrund zu hoher Verluste mit dem Abzug von Wagner aus Bachmut. Sonntag: In Brjansk (Russland) sterben zwei Zivilisten nach Artilleriebeschuss. Die Gegenoffensive wirft ihre blutigen Schatten voraus.

 

So.
Das waren dann sicherlich
genug Attacken
auf unsere Erinnerungen,
wenigstens für diese Woche.
Und zum abrupten Schluss
für heute
auch endlich noch
die Antwort
auf Eure bis jetzt ungestellten Fragen,
und zwar auf alle beide:
Erstens:
Was hilft mir,
beim allgemeinen Weltuntergang,
hier im Paradies,
wirklich
cool zu bleiben?
Und zweitens:
Wo ist es,
hier in diesem Paradies,
wirklich
am coolsten?
Zwei Fragen,
die selbe Antwort:
Zu Hause.
Warum?
Wegen Gründen:

 

„Realities fade.
But our tales stick around.
My words, they are an obstacle
to everything I’m trying to say.
‚Cause you’re all I need.
‚Cause you’re all I need.“

(Biffy Clyro: Jasabiab. 2019)

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