Meine Güte,
in Thale spielt die Musik aber ordentlich in letzter Zeit;
die zweite Demo in zwei Wochen!
Die Provinz wird also endlich mal aufgemischt,
da wird mutig Flagge gezeigt und Haltung demonstriert.
Heute war es wohl der sogenannte „demokratische Widerstand“,
den man neuerdings an so Mottos wie
“Liebe, Freiheit, Kinder, Leben“ erkennt,
oder an Jacken, auf denen gut lesbar „Deutschland“ steht,
alles Dinge also, die uns diese „Corona-Diktatur“
wegnehmen will.
In weiß gekleidet und mit roten (und weißen) Luftballons
hielten die Rebellen aber nur
die Hälfte der angemeldeten Zeit durch,
so wichtig waren ihnen ihre Anliegen.
Hoffentlich haben sie vor lauter Widerstand
auch noch vergessen, wählen zu gehen.
Aber bevor es jetzt hier endlich zur Wahlanalyse kommt,
noch ein kurzer Nachtrag;
wer keinen Nerv auf semi-sentimentale Basketballromantik hat,
der scrollt einfach kurz weiter.
Am Freitag Abend war es endlich soweit:
Die Furcht durfte nicht mit aufs Feld.
Keine Masken, kein Test, keine Berührungsängste.
Oder: Freiheit auf circa 15 mal 25 Metern.
Das, für den ganzen Freitag angekündigte Gewitter
blieb bis in die Abendstunden aus.
Kein Einzeltraining, keine Wurfübungen,
keine Kondi oder Kraft,
nein, nur das pure Spiel.
Mit leichtem Sonnenbrand
und Sonnenuntergang hinter den Dächern der Stadt.
Ganz ehrlich,
ich war währenddessen und hinterher so glücklich,
dass es mir sogar egal ist,
dass weder die Celtics, noch die Lakers
die nächste Playoffrunde erreicht haben,
und nehme das als gutes Omen
für eine neue Zeit.
Womit wir dann also mitten reinspringen.
Endlich ist zumindest hier der Wahlkampf vorbei.
Das Ergebnis muss noch verifiziert werden,
aber das wichtigste
steht fest wie ein Betonkopf:
Sachsen-Anhalt bleibt stabil!
Die schlimmsten Befürchtungen
können wir für‘s Erste hinter uns lassen.
Das war‘s aber dann auch schon
mit den guten Nachrichten.
Stand 19.30 Uhr zeigt sich folgendes Bild:
CDU: 37%
AfD: 22%
Linke: 11%
SPD: 8%
FDP: 6,5%
Grüne: 6%
Wahlbeteiligung: Circa 60%.
Gar nicht mal so gut.
Jetzt gilt es also!
Die Diskurshoheit behalten!
Sich die besten Ausgangslagen
bei den Sondierungsgesprächen sichern,
um dann weiter furchtlos
in einer besseren Zukunft
zu regieren, oder eben dagegen zu opponieren.
Das Ganze wird am Abend
im mdr dann so kredenzt:
Mehr Spannung konnte im Vorfeld
nicht erzeugt werden.
Es gab knappe Prognosen,
eine Briefwahl in bisher unbekanntem Ausmaß,
und sämtliche Bundespolitikstars
hatten im Laufe der Woche
irgendwo im Land auftreten müssen.
Deutschlands Schicksalswahl – ein Vorspiel.
In der schicken, absolut pandemiefesten Wahlkampfarena
ist die Stimmung entsprechend verhalten.
Als erster vor die Kameras darf
der im Land wohl unbeliebteste CDU-Minister.
Bildungsquereinsteiger Marco Tullner
nennt zwei Gründe für den überzeugenden Wahlsieg
nach schwerem Kampf:
Dr. Reiner Haseloff
und die klare Ablehnung der AfD
durch die Mehrheit der Menschen im Land.
Nach einer möglichen Koalition befragt,
lässt er sich gerade so zu einer Tendenz
in Richtung Schwarz-Rot provozieren.
Schnitt nach rechts:
AfD-Landeschef Reichardt zögert keine Sekunde,
die uns allen leider so vertraute Opferhymne anzustimmen:
Trotz der ganzen Hetze,
hätte seine „Partei“
das „hervorragende Ergebnis halten können.“
Der mdr kontert mit der „Nazikeule“,
aber da hätte man sich „immer klar abgegrenzt“,
das sei lediglich von außen hereingetragen,
siehe der Prozess gegen den Landesverfassungsschutz.
Worum ging‘s da noch mal?
Ach ja, die „Nazikeule“, der Schäferhund beißt sich in den eigenen Schwanz.
Den Politstrategen bei den Blauen fällt einfach nichts besseres ein,
aber so lange das für 22% reicht,
warum sollte man da über Inhalte reden?
Streng nach Protokoll darf als nächstes
Stefan Gebhardt, Linken-Abgeordneter
und Mitglied des mdr-Rundfunkrates ran.
Schmerzhafte Verluste seien das,
der Regierungsanspruch weit weg.
Als Gründe fallen ihm die Pandemie ein,
da schlage nun mal die „Stunde der Regierung.“
Und außerdem, dieser vorgegaukelte Zweikampf
hätte nur zum taktischen Wählen geführt,
vor allem bei linken Wählern.
Frau Prof. Dalbert jedenfalls freut sich erstmal.
Die Grünen hätten es im Osten nun mal schwerer.
Und auf Farbenspiele will sie nicht einlassen,
der Landesvater trage jetzt Verantwortung.
Zufälligerweise kommt genau jetzt
folgende Umfrage ins Bild geflogen:
Viele Bürger meinen,
die Grünen übertreiben
es mit dem Klimaschutz.
Netterweise bezeichnet der mdr selbst das als Vorbehalte,
auch wenn sich daran zeigt,
wie einfach plumper Wahlkampf gegen Hippies funktioniert.
Endlich ist dann auch die SPD mal dran.
Genosse Schmidt beklagt ebenfalls einen allgemein schweren Stand
und hofft aber noch auf die Briefwahl.
Er freut sich über die AfD-Verluste,
dankt dem Landesvater Haseloff
und geht von einer weiteren Regierungsbeteiligung aus.
Ganz zum Schluss dann noch etwas Humor:
Ein Rechtsanwalt und neues Mitglied des Landtages
ist dankbar, dankbar, dankbar,
dass die Bürger die liberale Stimme gehört hätten.
Er kommt aus Halle (an der Saale),
ist in der FDP
und heißt, logisch:
Andreas Silbersack.
So, dann hätten alle relevanten Parteien
auch erst mal alles gesagt.
Zeit für die nächste Umfrage:
Im Grunde ist die breite Beliebtheit des Landesvaters
nur noch als „konkurrenzlos“ zu beschreiben.
Und jetzt wird‘s richtig wild:
Noch vor der ersten Hochrechnung
portraitiert der mdr den Landesvater,
worauf er dann,
landesväterlich wie nichts,
die erste Hochrechnung selber verkünden kann,
inklusive Wahlsieg,
Definition der politischen Mitte
und dem Dank an das demokratische Aufbäumen
der Bürger gegen die AfD;
denn fürwahr, es dürfte ihn am meisten entlasten,
diesen Kampf nun nicht mehr weiter führen zu müssen.
Das reicht dann auch hin,
mehr wollte ja eigentlich keiner wissen.
Und mindestens Erleichterung
kann sich breit machen.
Besonders in Berlin:
Das reinste Aufatmen gähnt
durchs Konrad Adenauer Haus,
Armin Laschet entschlüpft gar ein fröhliches Rülpsen.
Und auch Lars Klingbeil wiegelt ab:
Nur eine Landtagswahl.
Jetzt gilt: Nach vorne schauen!
Und da steht Armin Laschet
und wischt sich drei Tropfen kalten Schweiß von der Stirn.
Schon ist die Junge Union nicht weit,
und darf sich, zurück in der Arena in Magdeburg
geschlossen hinter den Spitzenkandidaten stellen.
Ihr gegenüber steht im ersten Duell des Abends
natürlich die AfD.
In Gestalt eines schnittigen Landtagsabgeordneten,
der im Land eine „nationalkonservative Mehrheit“ sieht
für die es jetzt aber auch endlich mal Zeit werde.
Dass die Inhalte seiner „Partei“ kaum bekannt seien,
das liege natürlich nur an der Hetze,
und so weiter, und so fort.
Da bleibt sogar Höcke
in der Lounge im Sessel kleben
und bestellt ne zweite Runde Bock,
während Gauland immer noch
auf den Bus wartet,
mit den Leuten,
die sich für ihn interessieren.
Aber auch nach dem zweiten,
links-grünen Duell
bleibt das Fazit:
Gemeinsam haben die eigenen Wähler
dem Landesvater taktisch,
also zu ihren eigenen Ungunsten
den Rücken gestärkt,
weswegen dieser jetzt seinen regierungsbildenden Auftrag
besonders ernstzunehmen hat.
Dem schließ ich mich dann auch an,
und wir können zu der Plattitüde übergehen,
ohne die keine Wahl,
auch keine noch so unbedeutende Landtagswahl
beendet wird:
Nach der Wahl ist vor der Wahl.
Let the Sondierungsgespräche begin!
Nach denen ist dann auch
schon vor der eigentlichen Wahl,
in zwei Monaten und 20 Tagen.
Und da wir heute schon die ganze Zeit
bei zurückgelassenen Ängsten sind,
hier meine revolutionäre Prognose:
Wenn Olaf Scholz weiter so macht,
und auch die G20 die internationale Konzernsteuer abnicken,
dann kriegen wir wieder eine Große Koalition.
Das ist es doch,
was angeblich alle wollen:
Zurück zur Normalität.
Nur die Grünen stehen dem noch im Weg.
Und genau das ist der Grund,
weshalb die Lieblingszielscheibe von allen
seit spätestens heute Anna-Lena Baerbock heißt.
Also wundert Euch nicht,
wenn ich in diesen Chor nicht miteinstimmen werde.
Es seie denn, die Schmutzkampagnen
fördern zutage, dass sie bei der Stasi,
dem KGB und/oder den Heimattreuen war.
In 16 Wochen lässt sich aber bestimmt so einiges finden…
Und wie schön es doch wäre,
bis dahin auch gleich noch die Pandemie
dem Vergessen überlassen zu können.
Aber, Ihr ahnt es:
Aber:
Bis zum September
ist weder der Klimawandel aufgehalten,
noch etwa der Kapitalismus
und erst recht die Pandemie nicht besiegt.
Bis dahin haben wir uns höchstens
an die neuen Namen der Mutanten gewöhnt,
und haben gelernt,
wie viele Buchstaben das griechische Alphabet hat.
Besonders die Gamma-Variante
hat gerade ihren Schrecken noch mal deutlich gemacht:
Aus Peru wurden vorgestern 130.000 Tote nachgemeldet.
Da erspare ich Euch,
dass London direkt angerufen hatte,
die Delta-Variante gefährdet wohl
die totale Öffnung in zwei Wochen.
Alles andere als egal,
aber bis dahin
lassen #DieDoppeltenZwanziger
es erst mal gut sein.
Es gibt immer noch genug wichtigeres als Angst.
„Say: Keep within the boundaries
if you want to play.
Say: Contradiction only makes it harder.
How can I be
what I want to be
when all I want to do
is strip away
these still constraints
and crush this charade?
Shred this sad masquerade?
I don’t need no persuading.
I’ll trip, fall, pick myself up
and
walk unafraid.
I’ll be clumsy instead.
Hold me, love me,
or leave me high.“
(R.E.M.: Walk unafraid. 1998.)

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