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Country Feedback (1) (Teil 2) (S7:Ep16 – Staffelfinale)

von | 2022 | 3. Oktober | Die Serie, Staffel 7 - Half a world away

Teil 2 – Home is where your art is

 

„My strength tells me „No“,
but the path demands „Yes“.
My legs are so short
and the way is so long.
I’ve no rest nor comfort,
no comfort but song.

Sing to me, sing to me
lands far away!
Oh, rise up and guide me
this wandering day.
Please, promise to find me
this wandering day.“

(Bear McCreary: This Wandering Day. 2022.)

 

Heute, am 32. „Tag der Einheit“
ist das perfekte Wanderwetter:
Heiter bis wolkig,
nicht zu warm,
nicht zu kalt,
ein leichter Wind,
perfekt ausbalanciert.
Ich war allerdings gestern schon,
allerdings aus anderen,
wichtigeren Gründen.
Hier in Quedlinburg
wird der Feiertag traditionell begangen:
„Spaziergänge“,
Stadtführungen,
gemeinsames Singen,
Kultur, Kultur, Kultur.
Der Reihe nach:
Für den Abend
ist angeblich wieder
eine Versammlung am Rathaus geplant,
vielleicht dreht man auch noch
eine Runde auf der Null.
Da treffen sich dann die,
die sich da schon eine Weile treffen,
ohne dass das irgendjemanden
noch jucken würde.
Deren Vorhut ist übrigens
am Samstag schon gelaufen:
Ganze sechs Menschen,
mit Transpi, Schildern, Megaphon
und Soundsystem auf dem Bollerwagen.
„Freiheit! Frieden! Raus aus der Nato!“
Wären das nicht solche Pallos,
würde ich wenigstens kurz
mal zustimmend nicken.
Kurz dahinter eine Wanne,
mit ebenfalls sechs Menschen,
in Uniform.
Den daran vorbei laufenden Touris
ist das Spektakel auch
kaum noch einen Blick wert,
die Schaufenster sind interessanter.
Und vor meinem Wohnzimmerfenster
schallt es an diesem langen Wochenende
von früh bis spät, in guter Tradition:
„Willkommen in der Hölle!“
Die Touris raunen.
Dann folgt die Geschichte vom besoffenen Raben
an der Ecke des ältesteten Steinhauses,
und die Touris lachen,
manchmal.
Manchmal gibt es auch die Geschichte
von der Renovierung des Hauses,
in dem ich wohne:
Kurz vor „Einheit“ noch
von polnischen Handwerkern grundsaniert,
seit dem in beinahe makellosem Zustand.
Die Touris staunen.
Und hinter den Fenstern
sitze dann irgendwo ich.
Am Schreibtisch.
Und schreibe seit bald drei Jahren,
als wäre es das normalste auf der Welt,
über diese Welt
und bilde mir ein,
dass ich sie dadurch verstehen könnte.
Wenn ich dann feststelle,
dass das nicht funktioniert,
dann bilde ich mir ein,
dass das alles hier eben ganz große Kunst ist,
die nur immer noch darauf wartet
entdeckt zu werden.
Und dann bilde ich mir noch ein,
dass mir das reicht.
Und?
Das reicht.

Sorry; wo war ich?
Ach ja, Weltkulturerbe
am „Tag der Deutschen Einheit“.
Ich schicke jetzt mal nicht vorneweg,
wer das folgende organisiert,
und Ihr bildet Euch mal schön
Eure eigene Meinung dazu,
und zwar anhand der offiziellen Ankündigung
(und damit herzlich willkommen
zur neuen Rubrik
#DieDoppeltenZwanziger beschreiben Demomaterial“):
Für den Abend ist nämlich
noch eine andere Versammlung geplant.
Montag. 19 Uhr. Blasiikirche.
Offen für alle.
Weiße Kerzen auf dem Ankündigungsflyer.
Da werden Erinnerungen wach.
Den Hintergrund zum Titelslogan
bildet eine Deutschlandkarte,
bestehend aus bunten Sprechblasen
(grün, gelb, pink, hellblau).
Darüber, in fetten, weißen Großbuchstaben:
„3. OKTOBER
DEUTSCH
LAND
SINGT“.
In der rechten oberen Ecke
zwei weitere Sprechblasen:
Eine größere blaue („Sei mit dabei“),
und in deren rechter oberer Ecke
eine kleinere gelbe („wieder ;)“).
Darunter dann
die Liedgutliste für den Abend.
Und ich sag mal so:
Ich verstehe die Idee.
Und wenn irgendwo zwischendrin
auch die Internationale stehen würde,
oder wenigstens „Bella Ciao“,
dann hätte ich kurz darüber nachgedacht,
auch mitzusingen.
Hier aber die offizielle, ungekürzte Liste
zum Absingen, in offizieller Reihenfolge:
Die Gedanken sind frei
Hevenu shalom alechem
Froh zu sein, bedarf es wenig
Über sieben Brücken
Freiheit
Nun danket alle Gott
Sag mir, wo die Blumen sind
Dona nobis pacem
Amazing Grace
Der Mond ist aufgegangen
We shall overcome
Von guten Mächten
Nationalhymne/Europahymne
Das ist bestimmt nicht so gemeint,
schreit aber geradezu
nach links/rechtsliberaler Querfront,
oder wenigstens abendländischer Blockbildung,
und ich weiß nicht,
was ich bedenklicher finde,
den Anfang oder das Ende.
Aber egal.
Der Wille zählt.
Es war ja nicht alles schlecht damals.
Und geklungen hat es bestimmt auch toll,
schließlich haben ernstzunehmende Künstler*innen (kein Sarkasmus)
dabei mitgewirkt.

Und irgendwie ist es ja auch gut so,
dass es sich damit auch hat,
wenn es im Weltkulturerbe
in den Heißen Herbst geht.
Das Wasser im örtlichen Stadtbad jedenfalls,
das ist spürbar kühler geworden.
Lauwarm geht anders.
So wie der eben erwähnte Vor-„Wutwinter“.
Denn, wenn überhaupt,
wird sich der „Volksaufstand“
wieder nur auf den Osten beschränken.
Da nützt auch der erste,
durchaus positive Jahresbericht
des neuen „Ostbeauftragten“ nichts,
denn der geht weitestgehend unter.
Stories wie diese hier
erregen nun mal mehr Aufsehen:
Das ganze ist zwar schon zwei Wochen her,
aber sämtliche Boulevardblätter
kramen es pünktlich zum Feiertag nochmal raus:
Eine gewisse Melanie Müller (F-Promi)
hat am 17. September in Leipzig
eines ihrer „Konzerte“ abgebrochen.
Ist ja momentan so Usus,
der angegebene Grund allerdings vielsagend:
Ihr sei aufgefallen,
dass da irgendwie so
eine aggressive Stimmung im Publikum gewesen wäre.
Sie könne sich das gar nicht so genau erklären,
sie sei doch nur Künstlerin.
Blöd nur, dass gerade ein Video viral geht,
das eben diese Melanie Müller dabei zeigt,
wie sie auf eben diesem Konzert
von der Bühne aus
mehrmals eine Geste zeigt,
die verdächtig nach Hitlergruß aussieht.
Dabei schreit sie gemeinsam mit dem Publikum:
„Ost-, Ost-, Ostdeutschland!“
Im Heißen Herbst 2022.
In Leipzig.
Unweit der Nikolaikirche.

Klar deswegen auch,
dass in Berlin
die „Einheits- und Freiheitswippe“,
die eigentlich heute eingeweiht werden sollte,
immer noch nicht fertig ist.
Vielleicht versetzen sich ja dann nächstes Jahr
die „Bürger in Bewegung“.
Vor dem Humboldt-Forum steht nur der Sockel.
Baustellen, Berlin …
– auch irgendwie typisch deutsch.
Gute Kunst will Weile haben.
Und Welten können nicht zusammenwachsen,
wenn sie ständig auf’s Neue geteilt werden.

So wie nun auch in Brasilien,
auch wenn das undenkbar weit weg ist.
Der Tanz geht also weiter.
Vorerst liegt der Sozialismus,
oder das was von ihm übrig ist,
knapp vorne:
Lula hat knappe 50% der Stimmen
im ersten Wahlgang geholt.
Für eine eindeutige Mehrheit
reicht das aber noch nicht.
Also noch vier Wochen Zeit
für Bolsonaro.
Oder für die Demokratie.
Oder das Militär.
Oder für alles mögliche.

Zeit also noch
für ein bisschen mehr Eskapismus,
heute aber auch mal in echt,
also mit wirklicher Tragik
und wirklicher Komik.
Denn die Wirklichkeit hat immer noch
die allerkrassesten Metabenen,
dagegen ist und bleibt jede Kunst blutleer.

 

 

These lovely woods (Hidden Story 3)

 

„Something in the way,
mmmh-mmh.
Something in the way,
yeah,
mmmh-mmh.“

(Nirvana. 1991.)

 

Das Bodetal hinter Thale war bereits seit dem letzten Wochenende für Wanderer wieder gesperrt. Früher als in den letzten Jahren; Gefahr für Leib und Leben. Das Unwetter vor einigen Wochen hatte den Hängen schon genug Schaden zugefügt. Jetzt sollten sie sich über den Winter erholen, um im Frühjahr wieder sicher und romantisch wie eh und je die Wandervögel willkommen zu heißen. Der Brillenträger musste sich also für sein kurzes Waldbad eine andere Route suchen. Lange zu überlegen brauchte er nicht, zumal er für den Nachmittag an einem ganz bestimmten Ort im Wald verabredet war.

Kurz nach dem Frühstück hatte er den Waldrand in Thale erreicht, da wo sich die Plattenbauten und die Einfamilienhäuser Gute Nacht sagen. Die Stimmen seiner Mutter und seines Schwesterherzes hallten ihm noch im Ohr, die ihn wegen des ruppigen Wetters gewarnt hatten, als er in Richtung der ehemaligen Waldwiese zwischen den nassen Bäumen verschwand, ganz so wie seine gesamte Kindheit hindurch, nur dieses Mal nicht zum Butzen- oder Staudammbauen, denn die Waldwiese war inzwischen ein eigener kleiner Forst geworden, nur ein verrostetes, fußhohes Geländer an dem kleinen Hang, den er unzählige Male hinunter und wieder hinaufgelaufen war, erinnerte noch an die Vergangenheit, ansonsten war hier kein Durchkommen mehr, der Wald hatte sich die Lichtung zurückerobert.
Also suchte er den nächstbesten Pfad, der ihn auf den Hexentanzplatz führen würde, wo ihn hoffentlich ein Mittagessen erwartete und danach dann der Abstieg auf der anderen Seite des Steinbachtals, bis runter zum Klubhaus, hinter dem der Begräbnisforst liegt. Der Brillenträger setzte gerade seine Füße auf den Weg durch die Fuchslöcher, einer lange verlassenen Crosstrecke für Thalenser Mountainbikekids, als er am ersten Baum, den sein Blick erfasste, ein ihm noch unbekanntes Schild erblickte. Der Begräbnisforst nimmt seit kurzer Zeit bereits hier schon seinen Anfang.
Auf seinem Weg bergauf bis zur Georgshöhe kam er gut voran, Wind und Regen rauschten über ihm, kaum ein umgestürzter Baum oder abgebrochener Ast versperrte den teilweise sehr schmalen Grat. Nur ein Mensch kam ihm in diesen Stunden entgegen, mit Pilzen ein einem Plastebeutel. Sie wünschten sich einen Guten Tag. Trotz allem.

Als er die neue Baumgrenze oberhalb der Georgshöhe erreicht hatte, führte ihn sein Weg wie von selbst vorbei am Jagdplatz, wobei er den Blutgeruch des letzten Jahresendes wieder in der Nase hatte, und auch vorbei am Peterstichel; inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, im Norden riss der Himmel bereits wieder auf. Der Wald lockte ihn zurück zwischen die Bäume, er überquerte die Straße nach Friedrichsbrunn, auf der kein Auto zu sehen war, und schlenderte durch die satte Luft in Richtung Großparkplatz und Touristenattraktionen. Bald begrüßte ihn auf der rechten Seite das Gerippe eines neuen Parkhauses, das den Kultort demnächst noch weiter aufwerten sollte. Mittelprächtiges Wetter und das lange Wochenende hatten immerhin eine ansehnliche Menge an Ausflüglern auf den Berg gelockt. Im Restaurant mit Blick ins noch graue Bodetal aber waren zur besten Mittagszeit kaum drei Tische besetzt. Er hielt es deswegen länger aus als sonst, las ein wenig in einer mitgebrachten Zeitschrift, trank noch einen Pfefferminztee und machte sich dann langsam an den Abstieg. Allmählich wurde ihm bange. Bis hinunter zur Staumauer am Rodelhäuschen begegnete er abermals niemandem und hatte so die ganze Schönheit für sich allein.

Er hatte eine gute Stunde am Klubhaus gewartet, als die Rucksackträgerin mit ihrem fast vollbesetzten Auto vorfuhr. Das letzte Stück zum oberen Rand des Begräbnisforsts fuhren sie gemeinsam, fröhlich und traurig zugleich. Dort warteten sie nur ein paar Minuten auf die anderen. Auf dem Holztisch stand eine Flasche Kräuterlikör. Auf deren Etikett stand: Zurück ins Leben. „Das ist doch genau ihr Humor gewesen, oder?“ Alle nickten zustimmend. Tränen rollten ohne Scham. Der Weg bis zum Stein war nicht weit. 37 Jahre hatte sie durchgehalten. Hatte alle Hindernisse ertragen. Bis sie nichts mehr tragen wollte. Hatte Freunde gefunden und wieder verloren. Hatte das Weite gesucht, war wieder zurückgekommen. Wollte nur noch Ruhe und Frieden finden. „Die hat sie ja jetzt gefunden.“ Schluchzen hallte über den Hang und die Sonne brach endlich durch die Wolken. Die Rucksackträgerin teilte die ganze Geschichte mit dem Brillenträger. Von den ungezählten fröhlichen Abenden, von den verzweifelten Textnachrichten, vom Alkohol, von den Antidepressiva, von der Gewalt, von der unendlichen Müdigkeit und von dem Ast an der Waldwiese. Der größte Schluck Kräuterlikör versickerte vor dem Stein, alle lachten und weinten durcheinander, als wäre sie noch mitten unter ihnen. Die Rucksackträgerin, die tapferste von allen hier, wirkte gelöst, fühlte sich aufgehoben und verstanden. Von allen.
Als die Sonne schon wieder hinter den Bergen gegenüber verschwinden wollte, verabschiedete sich der Brillenträger und lief alleine an den vielen Schildern an den Bäumen und Steinen vorbei einen Hang hinunter, der ihm in diesem Moment liebenswürdiger als jeder andere Ort auf der Welt vorkam. Nur noch wenige Schritte, und er war wieder in der Wirklichkeit. Der Weg zurück zum Bahnhof führte nur noch bergab.

 

„The woods are lovely, dark and deep.
But I have promises to keep,
And miles to go before I sleep,
And miles to go before I sleep.“

(Robert Frost: Stopping by woods on a snowy evening. 1922.)

 

 

So.
Genug der Melancholie.
#DieDoppeltenZwanziger
haben schließlich noch eine Menge vor.
Zum Beispiel ihre große Reise,
in der übernächsten Staffel.
Bis dahin ist dieses Endlevel der Realitätsflucht
in eine andere Realität
zwar noch ein Wunschkonzert,
aber was ist schon von Kunst zu halten,
die es nicht wenigstens ab und an schafft,
sich in eine andere Welt zu träumen.

Denn, wenn nichts dazwischen kommt
(und was sollte das schon sein?),
dann kriegen #DieDoppeltenZwanziger
im nächsten Jahr
ihre ganz eigene, echte Reise
einmal um die halbe Welt.
In den Herbstferien
soll der Papierkram beginnen,
Visa beantragen, Tickets buchen,
Versicherungen abschließen,
easy like it’s 2012.
Inzwischen habe ich mir die x-te Route
zusammengesponnen.
Aktuell wäre der Plan,
von Washington, D.C. aus mit dem Kleinbus
einmal quer und einmal längs
durchs Land zu fahren,
dabei 13 Bundestaaten zu durchqueren,
in den Appalachen
und an den Hängen der Rockies
zu wandern,
ansonsten Land und Leute kennenzulernen
und natürlich über alles zu schreiben,
bis der Akku leer ist.
Von heute aus betrachtet,
wirkt das alles völlig illusorisch,
denn die Chancen standen
in den letzten 32 Jahren wohl nie besser,
dass so ein Unternehmen scheitert.
Die Gründe brauche ich am Ende dieser Staffel
wohl kaum noch mal anzuführen.
Und trotzdem:
Der Titel dieses Staffelfinales
ist ja nicht zufällig gewählt,
und die Eins in der Klammer
ganz bestimmt Absicht.
Also, Morpheus,
ich hoffe Du hast alles mitgeschrieben,
denn wenn es das ist,
was die Zukunft bereithält,
dann nehme ich heute mal die rote Pille.

Aber, aber:
Wer kann schon so genau wissen,
was die Zukunft bringt?
Ob es nächstes Jahr überhaupt noch Fluglinien gibt?
Oder ob man überhaupt noch reisen kann?
Sicher ist im Moment aber ganz bestimmt eins:
„Wir werden das im Griff haben.“
Gemeint ist hiermit erstmal
der dritte Pandemieherbst,
und diese Worte sind gefallen
bei der lange befürchteten Rückkehr
der Professoren Wieler und Lauterbach
(Prof. Drosten hat sicher besseres zu tun).
Vor allem aber,
„nicht so stark im Licht der Öffentlichkeit“ zu stehen,
denn dass das so bleibt,
hoffen sogar die beiden verbliebenen Maßnahmenerklärbären.
Dafür haben sie auch einen Plan,
einen Vier Punkte-Plan:
1. Impfen.
2. Paxlovid.
3. Besseres Monitoring.
4. Maskentragen.
Das alles beschwören sie
vor dem folgendem Hintergrund:
Inzwischen allein in Deutschland
150.000 Covid-Tote.
Die Inzidenzen gehen wieder steil.
Der Hospitalisierungsindex liegt bei 5,2
(6 war vor einem Jahr die letzte Alarmschwelle).
In Bayern explodieren die Zahlen
(in nur einer Woche
ist die gesamte Karte lila geworden,
die Zahlen haben sich
in den letzten Tagen der Oktoberfeste
überraschend verdoppelt,
das Saarland liegt bereits bei über 800).
Dazu kommen fast acht Millionen
gezählte Menschen mit Atemwegserkrankungen.
Viel mehr braucht man schon nicht
für die nächste ordentliche Herbstdepression.

Und deswegen setzt mein Eskapismus
heute auch noch einen drauf,
wenn schon, denn schon.
Ich verrate nur so viel:
Ich hoffe, dass es in den Highlands
Anfang November, am Ende der Herbstferien,
nicht ganz so ungemütlich ist,
wie ich mir das gerade ausmale.
Und: Die erste Flugstornierung (Flug gestrichen)
habe ich auch schon hinter mir.
Das kann ja schön was werden!

So.
Genug in andere Welten geträumt.
Denn ironischerweise
wird mein Fluchttrieb
in diesem Winter
mindestens doppelt gebrochen.
Denn egal,
wie heiß der Herbst noch wird,
und auch egal, wie wütend der Winter,
was auf jeden Fall kommt,
das ist der „Historische Fluchtwinter“,
und die Gründe dafür brauche ich ebenfalls
nicht noch einmal darzulegen.
Wie die Welt danach beschaffen sein wird,
ist eben so ungewiss,
wie die Antwort auf die Frage,
was meine Schriftstellerei denn
nun eigentlich, vielleicht ist.
Therapie?
Eskapismus?
Kunst?
Alles davon gleichzeitig?
Meine ganz persönlichen Fakten dazu
finden sich auf den letzten tausend Seiten
und auf den kommenden drei bis vier tausend
(pessimistisch geschätzt).
Denn bis jetzt bin ich weit über Plan:
Allein die zu Ende gehende Staffel
ist so lang wie die ersten vier zusammen…
Vielleicht wird die nächste ja aber nur halb so lang…
Vielleicht auch nicht…
Oder sie ergibt wenigstens
ein halbes bisschen mehr Sinn…
Immer eine halbe Welt zurück…
Oder voraus…
Immer im Auge der Stille…
Vor dem nächsten Sturm…
Neben die Welt getreten…
In eine innere Halbwelt versunken…
um die äußere zu verstehen…
Frei von jeder Angst…

 

„Oh, this lonely world is wasted.
Pathetic eyes high-alive.
Blind to the tide
that’s turned the sea.
The storm, it came up strong.
It shook‘ the trees
and blew away our fear.
I couldn’t even hear.“

(R.E.M.: Half a world away. 1991.)

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