„Every time that I look in the mirror
all these lines on my face getting clearer.
The past is gone.
Oh, it went by like dusk to dawn.
Isn’t that the way?“
(Aerosmith. 1973)
Gestern Morgen
hatte ich den ersten Traum,
an den ich mich hier
überhaupt erinnern kann.
Aber in der Wirklichkeit gibt es Dinge,
bei denen es mir nicht im Traum einfallen würde,
darüber zu schreiben.
Gerne aber soviel:
Ich habe schmerzlich feststellen müssen,
dass in Träumen tatsächlich
selten etwas gerochen wird.
Das olfaktorische Gedächtnis
ist wohl einfach zu flüchtig.
Wonach es hätte riechen sollen?
Nach zu Hause.
Dieser Traum hier,
der wird allerdings tatsächlich
langsam
immer schwerer auszuhalten,
weswegen ich anscheinend
in den Energiesparmodus gewechselt bin,
also jedenfalls gestern:
Der Highway 101
in seiner ganzen Pracht
hält bis jetzt,
schlicht was er verspricht.
Er hält sich nämlich auffällig zurück.
Dass ich auf einer der berühmtesten Straßen der Welt fahre,
bemerke ich nur,
wenn ich durch Städte komme.
Klar, ich fahre auch minutenweise einfach
direkt an der Pazifikküste lang,
meist aber geht es durch Wälder
und an Seen und Flussarmen vorbei.
Die Wälder aber beginnen sich zu verändern,
die Dichte der Laubbäume
pflanzt sich bereits bis auf die Berge fort.
Wenn ich das denn noch Berge nennen kann,
nach dem was hinter mir liegt.
In Cannon Beach, Oregon,
werde ich kurz noch einmal
auf strange Weise daran erinnert:
Am Strand befindet sich
der weltweit drittgrößte
allein stehende Monolith.
Eine Bergspitze,
die locker 200 Meter
aus dem Sand ragt.
Mit Möwenschwärmen,
Brandung und reichlich Touristen,
es ist Samstag.
Auch in Pacific City,
wo nicht nur der Sand heller wird,
sondern ebenso die Giftshops,
Bars, Dispensarys, Restaurants und Fischbuden
in den schrillsten Farben leuchten.
Die wenigen Städte bis Florence
sind umso mehr in die Länge gezogen.
Und trotzdem herrscht überall Hochbetrieb,
Samstag, bestes Wetter,
Pacific City.
Ich frühstücke im Garten eines Fischrestaurants
frisch gemachte Donuts.
Dann fahre ich weiter,
versuche die unterschiedlichen Bäume zu benennen,
was ich schnell aufgebe,
nicht nur weil es zu viele sind,
sondern weil mir Pflanzennamen,
warum auch immer,
einfach nicht gut im Gedächtnis bleiben.
Die Birken jedenfalls,
die ich seit wenigen Tagen wieder sehe,
sind unfassbar alt
und genauso groß.
In Yachats esse ich spät Mittag,
Shrimps and Chips;
mit Fisch soll man vorsichtig sein.
Als ich grade versuche,
meine Finger vom Fett zu befreien,
werde ich Zeuge einer Bully-Parade.
Alte VW-Busse in schier unglaubwürdiger Anzahl
werden hupend an den Touris vorbei gefahren,
die Beifahrerinnen winken.
Muss so ein 60er/70er Revival sein,
die meisten sind eine Generation älter als ich.
Ich winke nicht zurück;
denke aber:
Keep on keeping on!
In Florence sollte meine Fahrt
dann eigentlich enden,
aber: Samstag.
Nicht der kleinste Stellplatz,
nirgends.
Nicht mal auf dem Parkplatz eines Großmarktes,
auch nicht mit freundlich fragen.
Also tanke ich nach
und will schon weiterfahren,
da sehe ich
hinter dem Parkplatz
Dünen.
Und nicht so Stranddünen.
Sanddünen!
Sehr, sehr große Sanddünen.
So groß,
dass Menschen darauf Sandboard fahren können,
was sie auch tun.
Oregon war bis hierhin ja ganz hübsch,
aber halt tatsächlich nicht so viel neues,
mal abgesehen vom Ozean.
Und dann macht Oregon,
was alle Staaten bis jetzt gemacht haben:
Eine dicke Überraschung sein.
Für die nächste Stunde fahre ich
zwar immer noch durch Wälder und an Seen vorbei,
rechts hinter den Bäumen allerdings
erstreckt sich ein riesiges Gebiet
voller riesiger Sanddünen,
die manchmal sogar
durch die Bäume
bis an die Straße reichen.
In jedem Ort sind zig Ausleihstationen
für Quads und Sandboards.
Auch hier herrscht reger Betrieb.
Und dann erreiche ich Cape Arago,
eine scharfe Ecke im Pazifik:
Steilküste, Seelöwen
und Seenebel.
Ich hatte mir ausgemalt,
hier den Sonnenuntergang zu sehen,
meinen ersten am Pazifik.
Aber nicht nur,
dass ich den nicht mal sehe,
und die Seelöwen nur höre,
an dem Aussichtspunkt darf ich auch nicht übernachten,
was mir mehrere Schilder zu verstehen geben.
Ich fahre bis zum letzten Walmart zurück
vorbei an dutzenden Campingplätzen und RV-Parks.
Überall das gleiche:
No Vacancy.
Dann eben Samstag Abend auf dem Parkplatz.
Trotz No overnight parking-Schildern?
Es wäre nicht das erste Mal.
Meine Taktik:
Warten.
Bis 11pm hat der Laden sowieso auf.
Wenn dann nicht bald wer kommt,
dann stehen die Chancen
auf eine halbwegs ruhige Nacht ganz gut.
Und wenn doch noch die Cops kommen sollten:
Das hatten wir schon.
Allerdings in Kentucky.
Da krieg ich die hier auch überredet.
Und für den Notfall hab ich noch
eine bis viele Ausreden parat.
Hauptsache,
es wird nachts langsam wieder wärmer,
nicht dass ich mir doch noch was einfange,
im Schlaf.
Krank oder alt zu werden
ist in den USA übrigens
tatsächlich keine so gute Sache.
Jetzt kein eventueller Schnupfen,
sondern was ernsthafteres.
Das beweisen die nicht weniger werdenden Menschen
an den Straßenrändern und in den Seitengassen,
ja, auch hier, in Strandurlaubsland.
Denn wenn die eines gemeinsam haben,
dann dass sie alle offensichtlich
in vielerlei Hinsicht krank sind.
Ja, viele auch suchtkrank.
Oder die einen größeren Unfall hatten
(viele humpeln, bewegen sich mühsam).
Oder, oder, oder,
oder irgendetwas anderes,
das sie unverschuldet ruiniert hat.
Das US-Gesundheits- und Sozialsystem
und die Macht der Medizin- und Pharmakonzerne
zeigen sich genau hier
in ihrer widerlichsten Form:
Kranke und/oder alte Menschen müssen sich lohnen,
sonst sind sie egal.
Und außerdem belasten sie dann auch
das System nicht weiter.
Hoffentlich wird zu Hause
niemals ein Neoliberaler Gesundheitsminister.
Und auch mit diesem Gedanken schlafe ich ein:
Entweder arbeitet man sich hier
auf die ein oder andere Weise den Arsch ab,
oder man hat früher oder später
keine Chance mehr.
Oder man erbt,
wenn’s was zu erben gibt.
Zum Durchfahren/Durchträumen/Durchlaufen fantastisch,
aber hier leben?
Nein, danke.
Am nächsten Tag
halten die USA
aber schnell wieder dagegen:
Ich fahre am Vormittag
nach Kalifornien.
Die letzten Meilen in Oregon
fahren sich gut,
der Ozean lässt sich immer öfter blicken,
der Highway zieht öfter seine Schultern ein.
Nur der dicke, schwere Seenebel
scheint hier bis nach dem Mittag
normal zu sein.
Erstaunlicherweise ist es aber nicht so kalt wie es aussieht,
und die Sonne findet man auch,
wenn genau hinsieht.
In Gold Beach
frage ich beim Tanken
nach einem guten Frühstück
und werde zwei Blocks weiter geschickt, ins Double D’s.
Was ich dort finde,
ist ein sehr gutes Frühstück.
Eines von denen,
das schon beim Hingestelltwerden
so aussieht,
als würde es bis zum Abend reichen.
Und das schon fast so was wie Arbeit darstellt.
Ein Sausage Patty ist das wonach es klingt:
6-7 Nürnberger durch den Fleichwolf gejagt
und als Burger ohne Brötchen,
dafür aber mit Hash Browns,
Rührei und Toast.
Und Kaffee
soviel man möchte.
Mir reicht eine Tasse.
Weiter geht es
unter den Wolken,
die zwischen den Bäumen
dicht über der Straße hängen.
Auf Brücken sehe ich schnell
keine 100 Fuß mehr weit.
Das schlichte Schild
zur Grenze nach California
habe ich deswegen
nur knapp
nicht verpasst.
Und obwohl
mein nächstes Ziel
noch mindestens 50 Meilen entfernt liegt,
kann ich mich des Eindruckes
schon jetzt nicht erwehren,
dass diese Bäume,
die hier teilweise direkt an der Straße stehen,
mit Abstand die ältesten sind,
die jemals gesehen habe.
Sorry (not sorry),
jede Historische Eiche im Thüringer Wald (nur zum Beispiel)
ist lächerlich dünn dagegen,
von irgendwelchen immer grünen Nadelbäumen
schon mal ganz abgesehen.
Auch faszinierend:
Wie dicht die Bäume nebeneinander stehen,
und wie unterschiedlich alt sie sind.
Uralte Riesen stehen
neben nur 20 Meter hohen Jungbäumen,
in ihrem Schatten
wächst das nächste Jahrtausend.
Den Trail,
den ich mir für morgen rausgesucht habe,
kann ich jetzt schon kaum erwarten.
Das kann ja nur ein Traum werden.
Bevor ich aber meinen Campground
für die nächsten beiden Nächte erreiche,
trödele ich noch ein bisschen am Strand rum
und genieße die Aussicht
auf den nur sehr sehr langsam heller
und weiter werdenden Ozean.
Am alten Hafen von Crescent City
betrete ich das erste Mal
kalifornischen Boden.
Und ja, ich kann bestätigen:
Kein Plastik.
Soweit erstmal alles echt.
Im Nebel tutet ein Nebelhorn.
Es klingt als läge
irgendwo in der Nähe
ein Telefonhörer daneben,
aus dem es ruft:
Es geht keiner ran.
Der kalifornische Vibe
stellt sich aber schnell ein.
„They pay homage to a king
whose dreams
are buried in their minds.
Welcome to the tragic kingdom!
Cornfields of popcorn
have yet to spring open.“
(No Doubt: Tragic Kingdom. 1995)
Kriegsprotokoll. On the road. Going west. Alone. Woche 73.
Der Albtraum ist längst Normalität. Montag: Selenskyj gedenkt der Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion vor 33 Jahren: „Die Ukraine wird echte Freiheit und Sicherheit vor dem russischen Terror in ganz Europa sicherstellen. Die Sicherheit unseres Kontinents beginnt hier mit der Souveränität und der Stärke der Ukraine.“ Auf der Krim-Brücke nach Krasnodar explodieren in der Nacht zwei Sprengsätze, zwei Menschen sterben, die Ukraine spricht von einer russischen Provokation, Russland beschuldigt die Ukraine und gleich den halben Westen. Später räumt der der ukrainische USB eine Beteiligung ein, nennt die Aktion „Spezialoperation“. Das Getreideabkommen wird nicht verlängert, eine Reaktion auf den Anschlag auf die Brücke wird vorbereitet. Um Charkiw wird wieder noch heftiger gekämpft. Dienstag: London stockt die eigenen Militärausgaben um 2,9 Milliarden auf. Odessa wird aus der Luft angegriffen. Russland holt 28 Drohnen vom Himmel, rückt weiter auf Kremina vor und schlägt Teile der Gegenoffensive im Süden zurück, was die Ukraine dementiert. Rheinmetall hat von der Bundeswehr einen Auftrag über 1,3 Milliarden Euro für Gefechts- und Übungsmunition erhalten. Sevim Dagdelen (Die Linke): „Diese Bundesregierung mutiert zur wahren Gelddruckmaschine für die Rüstungskonzerne, allen voran in Niedersachsen.“ Russland verstärkt die Stellungen in und um Bachmut und Kupjansk. Der Krieg „überschattet“ das G-20 Finanzministertreffen. Russland erhöht das Einberufungsalter auf bis zu 55. Die Weltmedien warnen erneut vor der nächsten Hungerkatastrophe (Russland lässt das brüchige Getreideabkommen auslaufen). Ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler sagt der Tagesschau: „Man muss sagen, dass Moskau aktuell deutlich entschiedener und entschlossener wirkt.“ Mittwoch: Odessa steht weiter unter Beschuss, auch Donezk wird angegriffen, ebenso Kiew. Ein Militärstützpunkt auf der Krim steht in Flammen, 2.000 Menschen werden evakuiert. Patriarch Kyrill I., wirft dem Westen erneut vor, die menschliche Zivilisation zu gefährden. Dort werde eine „Variabilität menschlichen Verhaltens“ gutgeheißen. „Das ist genau das, was der Teufel will: die Konzepte von Gut und Böse durcheinanderbringen.“ Russland erobert die Eisenbahnstation Mowtschanowe in der Region Charkiw. Jakub Zakriew, Neffe des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow und stellvertretender Ministerpräsident der russischen Teilrepublik, übernimmt die Leitung von Danone Russland. Bei einem russischen Angriff auf den Hafen von Tschornomorsk sind nach ukrainischen Angaben rund 60.000 Tonnen Getreide zerstört worden. Ab Donnerstag um Mitternacht werden Schiffe im Mittelmeer von Russland als „potenzielle Träger militärischer Fracht“ eingestuft. Das russische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das der Nationalgarde des Landes den Einsatz schwerer Waffen ermöglichen soll. Die USA wollen die Ukraine mit weiteren Militärhilfen in Höhe von 1,3 Milliarden Dollarunterstützen. Das neue Rüstungspaket umfasst unter anderem Luftabwehrsysteme, Panzerabwehrraketen, Drohnen und Ausrüstung zur Minenräumung. Donnerstag: Prigoschin will erstmal nicht mehr an der „Schande“ teilnehmen. Odessa wird die dritte Nacht in Folge beschossen, dabei wird das chinesische Konsulat beschädigt, in Mykolajiw sterben bei ähnlichen Angriffen mehrere Menschen. Polen drängt sich immer mehr als nächstes Ziel auf, sagt Peskow. In Cherson wird es in diesem Jahr so gut wie keine Ernte geben. Die Europäische Union will in den kommenden vier Jahren bis zu fünf Milliarden Euro jährlich für den Verteidigungsbedarf der Ukraine bereitstellen. Die gelieferte Streumunition wird bereits eingesetzt, sagen die USA. Freitag: Polen verlegt seine Truppen von West nach Ost. Dazu Putin: „Die Entfesselung einer Aggression gegen Belarus würde eine Aggression gegen die Russische Föderation bedeuten. Darauf werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren.“ Pistorius solidarisiert sich mit Polen. Tschechien kauft groß bei deutschen Rüstungsfirmen ein (77 Leoparden neuester Bauart). Getreidesilos in Odessa werden beschossen. Indien schränkt den Reisexport ein. Die USA schnüren das nächste Hilfpaket (400.000.000$ für Munition und Co.). Samstag: Selenskyj erklärt die Krimbrücke zum legitimen Ziel und lässt Drohnen Angriffe auf die Insel fliegen, dabei wird ein Munitionslager getroffen. Im Donbas übrigens schon länger nichts neues (heute mindestens acht tote Zivilisten. Die Streumunition soll bereits auf russischem Staatsgebiet niedergegangen sein, meldet Belgorod. Auch im Süden: Ein russischer Korrespondent kommt bei einem Angriff ums Leben. Bulgarien liefert „endlich“: 100 Schützenpanzer. Sonntag: Nächste Woche tagt der Nato-Ukraine-Rat das erste mal außerordentlich. Tote in Krasnopil und Kupjansk. In Odessa kann die Luftabwehr gleiches nicht verhindern. Selenskyj kündigt Vergeltung an. Putin erklärt die ukrainische Gegenoffensive für gescheitert und trifft sich mit Lukaschenko. US-Außenminister Blinken will wissen, dass die Ukraine mehr als die Hälfte der besetzten Gebiete schon zurückerobert hat, schwört aber weiter auf einen harten Kampf ein. Auf dem Tagesschau Liveblog kommt danach nur noch die Meldung, Selenskyj bedanke sich für die Anteilnahme.
So.
Sonntag, ne?
Ich sitze in meinem Camper
mitten auf dem Campingplatz,
der über ganz genau
null Bäume verfügt.
Die stehen nur außenrum
auf Bergen rum.
Alle.
Also alle Arten.
Gut, das vielleicht nicht,
dafür aber sehr sehr viele.
Im Herbst muss es hier grandios aussehen,
wenn zwischen dem dunklen Grün
der gesamte Rest des Farbspektrums zu sehen ist.
Der Himmel ist wieder blitzeblau,
die Sonne brennt,
das wird aber
durch den Wind gekühlt.
So lässt es sich aushalten,
weiter tagzuträumen
oder in der kalifornischen Luft
nochmal übers Altwerden nachzudenken.
Die Oldies gestern auf dem Highway?
Das hatte doch auch
irgendwie was
von stranger Verspiegelung, oder?
Aber ob die auch gedacht haben,
ach gucke, da sitzt wieder so einer,
der in den 90ern erwachsen geworden ist,
und jetzt noch mal schnell dem Traum hinterher jagt?
Keine Ahnung.
Aber es ist tatsächlich so,
dass ich mich dem Alter nähere,
ab dem man überhaupt erst halbwegs ernst
darüber nachdenken/schreiben darf.
Schreibt man mit unter 50/60 übers Altwerden
und thematisiert dabei
auch noch die Rolle der Nostalgie
für den eigenen Lebensentwurf,
wird man schief angeguckt.
Und lässt man es mit über 40 bleiben,
wird gedacht:
Will er denn
ewig jung bleiben?
In diesem Sinne
sei dem jugendlichen Drang
kurz Genüge getan,
denn ja, offensichtlich
ist das ganze hier ja auch
irgendwie mein ganz persönlicher Take
on Mid-Life-Crisis,
also dem Ende des Jungseins,
weil Anfang des Altwerdens.
Zwei Jahre zu spät,
okay, aber hey:
Pan-de-mie, ne?
Machste nix.
Am Anfang der Reise
hab ich mir jedenfalls noch Sorgen
um vielleicht doch dünner werdendes Haar gemacht,
heute stelle ich fest:
Im Bart
sind die ersten Haare
weiß.
Und auch aus diesem Grunde
sitze ich in der Abendsonne
auf einem Campingplatz.
In Kalifornien.
Kann man sich nicht ausdenken?
Kann man.
Muss man aber nicht.
Träumen reicht.
California Dreamin’ (Hidden Story 9)
Der Brillenträger saß am späten Sonntag Abend erneut über einer Karte. Zuhause waren die ersten Postkarten angekommen, aber er studierte immer noch Wanderwege. Welcher Traum durfte es als nächstes sein? Wie lange sollte er dauern? In welchem Format wollte er ihn erleben? Hochformat? 16:9? Wie zauberhaft dürfen die Berge denn sein, wie weise die Bäume, wie golden der Strand? Wie viel würden seine Beine noch hergeben? Fünf, acht, zehn, zwölf Meilen? Vier, fünf, sechs, sieben oder acht Stunden? Und mit wem würde er diesen Traum wieder und wieder durchleben, jedes Mal, wenn er wieder und wieder die Augen öffnete? Mit allen? Ginge das? Oma vorneweg. Noch ohne Stock, wie im letzten Jahrhundert. Sieht jede Wurzel, jeden Stein, sie stolpert nie, geht immer weiter. Auch wir sind verzaubert; jeder geht für sich allein. Mutter und Schwester reichen mir die Hand, bevor wir uns verlieren und uns dem Schutz der Artemis anvertrauen, wir verlaufen uns im Alter der Bäume, verlaufen uns in einer Ewigkeit. Am Strand finden wir uns wieder und träumen uns gemeinsam zurück in den tiefen Wald.
– Der Brillenträger sah auf. Hinter diesen Bäumen verschwand in diesem Moment wirklich die Sonne. Der Traum dauerte an.

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