„Man wird ängstlicher, man wird einsamer.
Man wird grausamer, man wird kindischer.
Und vergesslicher, man wird lächerlicher und verletzlicher.
Und es muss trotzdem alles weitergehen.
Es muss weitergehen.
Man wird ängstlicher, man wird hässlicher.
Man wird einfacher, man wird lebendiger.
Und verletzlicher, man wird lächerlicher, man wird grausamer.
Und es muss trotzdem alles weitergehen.
Es muss weitergehen.“
(Wanda: Va bene. 2022.)
So.
Die letzte von vielen Ideen
für den nunmehr achten Wiedereinstieg
in diesen Irrsinn von Jahrzehnt
habe ich gerade in den Papierkorb verschoben.
Vor lauter Verzweiflung war ich
inzwischen schon
bei irgendeinem Faust-Zitat angelangt.
Wagner aber
hat mich wieder
zurück an den Schreibtisch geschleppt,
das wäre einfach zu deutsch gewesen.
Nein, nicht Richard Wagner.
Sondern der Wagner.
Fausts Wagner.
Der über den
der von Selbstmitleid und Größenwahn
besoffene Gelehrte
nur noch das hier zu sagen hatte:
„Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier’ger Hand nach Schätzen gräbt,
Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet!
Darf eine solche Menschenstimme hier,
Wo Geisterfülle mich umgab, ertönen?
Doch ach! für diesmal dank ich dir,
Dem ärmlichsten von allen Erdensöhnen.
Du rittest mich von der Verzweiflung los,
Die mir die Sinne schon zerstören wollte.“
(Goethe: Faust. 1808.)
(ramdom Faust-Zitate erst diskreditieren
und dann aber doch eins einbauen,
das wie eine dialektische Faust
auf’s autofiktionale Deutschlehrerbloggerauge passt?
Check.)
Na, (literarischer) Zeitgeist?
War Dir dieser Einstieg
metaautofiktional genug?
Gut.
Dann Spaß beiseite.
Natürlich habe ich mich
in den letzten, schreibfreien Wochen
wieder und wieder gefragt,
ob dieser Text hier,
dieser individuelle Versuch,
die „Kontrolle“
im inzwischen ausgemachten
krisenhaftesten Krisenjahrzehnt
aller krisenhaften Krisenjahrzehnte
aller Zeiten
irgendwie nicht ganz zu verlieren,
also ob mir #DieDoppeltenZwanziger
eigentlich noch Spaß machen sollten.
Spaß machen können.
Spaß machen dürfen.
Und die Antwort ist so simpel
wie beschämend:
Ja, klar.
Im dauerhaften Vollbewusstsein
meiner unfassbaren Privilegiertheit,
so wie meiner ebenso unfassbaren Ohnmacht
gegenüber dem Vorhaben,
dieses Jahrzehnt auch nur ansatzweise
umfänglich abbilden zu wollen,
oder damit gar etwas daran zum Besseren zu verändern,
sitze sich tatsächlich wieder
mit Freude am Schreibtisch.
Strange genug.
Da ist allerdings noch ein anderer Grund,
der mich wieder und wieder
vor das Notebook zwingt.
Nein, eigentlich ist es der selbe.
Es ist genau dieses Unverständnis
für die Unmöglichkeit
eines wirklichen Verständnisses
von auch
nur irgendwas.
Oder anders gesagt:
Ich begreife den Zeitgeist
einfach immer noch nicht.
Und deswegen will ich
ihn nur umso mehr begreifen…
Aber bevor auch dieser Umweg
zurück zur Gegenwart(-sliteratur)
wieder in faustscher Verstiegenheit gipfelt,
lasse ich dieses Phänomen
noch kurz von der wichtigsten Wissenschaft
eben dieser Gegenwart erklären:
„Es (der Zeitgeist) kann ein resonantes Gegenüber
nur solange sein und bleiben,
wie ich es nicht vollständig begriffen,
verstanden und bearbeitet habe,
solange es mich weiter beschäftigt
und mir noch etwas zu verbergen scheint.“
(Hartmut Rosa: Unverfügbarkeit. 2020.)
Fangen wir also an.
Denn, für den Zeitgeist
des in voller Verwelkung stehenden Herbstes 2022 gilt,
wie auch schon für seine beiden Vorgänger:
Nichts ist so schlimm,
dass es nicht immer noch
noch schlimmer geht.
Denn wer jetzt immer noch denkt,
irgendwer hätte heute
auch nur irgendwas
wirklich auch nur halbwegs unter Kontrolle,
der muss die letzten paar Jahre
wirklich sehr, sehr tief
geschlafen haben.
Erstes Beispiel:
Der United Kingdom of Great Britain.
Nachdem die sich die Briten
zu Beginn des Jahrzehnts
die Kontrolle über ihr Land „zurückgeholt“ hatten,
müsste seit ein paar Tagen
auch den letzten Tory-Hardlinern
klar geworden sein,
dass der Versuch,
das Königreich
zu einem neuen Paradies des Neoliberalismus zu machen,
einfach nicht klappen will.
Am Donnerstag ist Liz Truss
nach 44 Tagen im Amt zurückgetreten.
Bei ihrer Kursverschärfung
ging sie sogar den Märkten
zu steil;
da mussten also nicht mal
Massendemonstrationen abgehalten werden,
um die vollständige Verelendung
der großen Bevölkerungsmasse
vorerst abzuwenden.
Aber, ich hatte ja versprochen,
dass es immer noch schlimmer geht,
denn wer nämlich jetzt denkt,
dass die Chance für einen sozialen Wandel
endlich gekommen sei,
gar der „Anfang vom Ende des Brexit“,
der darf sich über einen der momentan
aussichtsreichsten Nachfolger
im Amt des Premierministers
wundern:
Boris Johnson.
Keine Pointe.
Zweites Beispiel:
„Dieser Winter wird schwierig,
aber der Winter 2023
könnte noch schlimmer werden.“
Das hat die IWF-Vizedirektorin Gita Gopinath
zu Wochenbeginn dem Handelsblatt gesagt.
Gemeint hat sie die Auswirkungen
der aktuellen „Energiekrise“.
Man kann vom Handelsblatt
oder vom IWF ja halten, was man mag,
aber wenn der IWF etwas prophezeit,
dann ist das selten falsch.
Drittes Beispiel:
War der Heiße Herbst bis vor kurzem
wenigstens hier in Quedlinburg noch
lauwarm genug,
um am Abend
zwar ohne Jacke,
dafür aber mit Hoodie
auf dem Fahrrad zum Training zu fahren,
bot sich am letzten Montag
wieder ein eher unangenehmer Anblick:
Kurz nach 19 Uhr
flackerte reichlich Blaulicht
durch die Innenstadt.
Dazwischen waren Trommelschläge zu hören,
erfolglos um einen gemeinsamen Rhythmus bemüht.
Und auch Sprechchöre:
„Frieden, Freiheit, Souveränität!“
„Frieden schaffen ohne Waffen!“
Grob über den Daumen gepeilt:
Knapp 200 Menschen.
Montag Abend.
Die ernstzunehmenden Demos
finden allerdings samstags statt:
Überall im Land organisieren
Gewerkschaften und Co. KG
den kanalisierten Unmut.
Bislang ohne größere Konsequenzen,
oder?
Unterdessen
wird in Frankreich
langsam Ernst gemacht:
Am Dienstag kam es
zum ersten Warn-Generalstreik.
Landesweit legten hundertausende
Lohnabhängige aller Branchen
ihre Arbeit nieder.
Ich hab noch bis Donnerstag gesucht,
aber der Tagesschau
war das keine Meldung wert.
Und wenn wir schon
bei den eher launigen Rubriken sind,
an dieser Stelle dann gleich noch eine neue:
#DieDoppeltenZwanziger
lektorieren Möchtegernazikram.
Warum?
Just for fun.
Heute eine sogenannte „Ankündigung“:
Die Planungskonferenz für „Ami go home“ (what?) findet Freitag, 21. Oktober 2022 ab 19 Uhr auf dem Rittergut Nöbeditz (fürs Navi: Nöbeditz 1, 06667 Stößen/Burgenlandkreis, Sachsen-Anhalt) statt – einige von Ihnen kennen bereits das schöne Refugium von André Poggenburg (auf dem sich braune Scheißhaufen unter braunen Laubhaufen verstecken) und waren beim COMPACT Sommerfest (Sommer! Bier! Grillage! Nazidasein ohne Scham) dabei! Und wie bei unserem Sommerfest die legendäre Leipzig-Demo am 5. September (welche Demo?) vorbereitet wurde, so eben dieses Mal die Ami-go-home-Demo! (Achtu scheiße! Sind denen wirklich schon alle Trigger-Themen wieder ausgegangen, dass sie das wieder vorkriegen?) Wir freuen uns, wenn Sie an unserer Vorbesprechung mit einigen wichtigen Köpfen des Widerstands (Himmel!) teilnehmen. Dabei sind neben uns von COMPACT unter anderem der Hausherr selbst (grillt der selbst?), der ehemalige AfD-Landeschef Sachsen-Anhalt (wieso eigentlich ehemalig?), Hans-Thomas Tillschneider, MdL Sachsen-Anhalt (unbeschadet zurück aus Russland), Egbert Ermer, ehemaliger AfD-Chef im Erzgebirge (Ost!-Erzgebirge), Martin Kohlmann, Chef der Freien Sachsen (die immer noch nicht verboten sind), sowie der bekannte Thüringer Aktivist und Patriot Frank Hausner (Wunschkind von Caspar Hauser?). Das Kommen von Andreas Kalbitz ist noch offen (wie deutlich kann man sein Kommen eigentlich noch ankündigen?).
Unterdessen
brennt in Groß Strömkendorf
(Mecklenburg-Vorpommern)
eine Unterkunft
für vor dem Krieg geflohene Unkrainer*innen
vollständig nieder,
nachdem nur wenige Stunden vorher
eine Hakenkreuzschmiererei
an dem ehemaligen Hotel gefunden wurde.
Hat aber wie immer
natürlich alles nix mit nix zu tun.
Unterdessen
gratuliert EU-Chefin Ursula von der Leyen
der neuen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
per Twitter
und freut sich auf konstruktive Zusammenarbeit.
Na dann ist ja alles in Ordnung.
Wer spricht hier noch von Krisen?
Welche Krisen sollten das denn sein?
Und damit zum neuesten Schreckgespenst
des kommenden Winters:
Wir haben nämlich alles so weit unter Kontrolle,
dass jetzt sogar schon Die Anstalt
eine ganze Sendung
zum Thema Blackout machen muss,
um der drohenden Gefahr
wenigstens im Vorfeld
ein wenig die Unheimlichkeit zu nehmen.
Gruseliger sind da schon die Vorhersagen
des Büros für Technologiefolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag,
die zwar schon über zehn Jahre alt sind,
aber gerade wieder durch alle Medien geistern.
Spätestens nach fünf Tagen
versinkt die Republik in der Anarchie.
Die, die es sich leisten können,
einen eigenen Ofen in ihrem Zuhause zu haben,
schielen schon neidisch auf die skrupellosen Holzdiebe;
der Holzklau in deutschen Wäldern
hat dramatisch zugenommen.
Menschen machen, was Menschen machen,
die sich vor der kommenden Kälte schützen müssen,
wenn der Staat ihnen dabei nicht helfen kann/will;
nicht nur die Märkte können regeln.
„Stromausfälle und Heizbedarf auf der einen Seite und die nagelneue Kultivierung der Eigeninitiative hatten zur Folge, dass jede Nacht mehr Bäume aus den Wäldern verschwanden. Man hätte von Diebstahl sprechen können, würde nicht die Aneignung kollektiver Ressourcen das Fundament von Privateigentum bilden. Privatisierung von unten nach oben wäre wohl der passendere Begriff.“
(Lea Ypi: Frei. 2021.)
Nein, nein.
Auch der Kanzler kann regeln!
Und zwar so wie seit Adenauer keiner mehr!
Richtlinienkompetenz heißt das „Machtwort“.
Schluss mit Debatte und Diskussion,
Olaf Scholz reicht es tatsächlich auch mal hin.
Die AKW bleiben am Netz!
Mensch, sogar Greta Thunberg nickt das ab.
Und zwar nicht nur die zwei,
die von den Grünen
schon geschluckt werden mussten,
sondern alle drei.
Basta!
Die FDP grinst
und deutet schonmal an,
im Frühling dann nochmal reden zu wollen,
da geht sicher noch was.
Lars Klingbeil ist derweil
zum linken Flügel der SPD mutiert.
Die heimliche Stimme der Samstagsdemos
will auch über den Gaspreisdeckel
weiter diskutieren,
denn, oh Wunder,
wenn der erst im März nächsten Jahres greifen soll,
dann hat da irgendwie keiner
so richtig was davon.
Bis dahin sollen aber
die Supermärkte einfach
ein bisschen eher schließen.
An den richtigen Stellen zu sparen
ist nun mal der deutsche Weg,
die Kontrolle zu wahren.
Und gratis dazu
gibt es einen wichtigen Begleitkommentar
des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft:
„Bei informiertem, preisbewusstem Einkauf
ist eine gesunderhaltende Ernährung
aus dem Regelbedarf möglich.“
Diese Einschätzung richtet sich an alle,
die nicht über mehr Geld verfügen,
als für ihre Existenzsicherung nötig ist.
Das sind in Deutschland momentan
ungefähr sieben bis zehn Millionen Menschen.
Aber von einer Ernährungskrise
redet noch niemand.
Noch nicht mal Foodwatch.
Die Lebensmittelpreise sind im letzten Jahr
ja auch nur um 19% angestiegen.
19%?
Mehrwertsteuersatz?
Die Lösung könnte so einfach sein…
So wie bei der beendeten Corona-Krise:
Ausnahmezustand zum Normalzustand erklärt,
zack fertig: Krise vorbei.
Die Herbstwelle legt passend dazu
gerade eine kleine Pause ein (Herbstferien),
und was dann kommt,
überrascht wenigstens keinen mehr.
Die Folgen der letzten knapp drei Jahre
sind inzwischen auch allen
in Mark und Bein übergegangen,
fühlt sich alles nicht mehr schlimm an.
Und wenn doch,
dann lässt sich immer noch behaupten,
das wäre ja vorher auch
schon schlimm gewesen.
Zum Beispiel das
mit den Entwicklungsrückständen bei den Schulkindern,
oder gleich noch deren akuter Bewegungsmangel.
Nichts, woran man jetzt noch was ändern könnte.
Lieber schraubt man am Lehrplan rum.
In Neuseeland ist gleich mal Shakespeare rausgeflogen.
Nicht, weil der so komplex ist,
sondern wegen irgendwas mit Imperialismus.
Alles roger in Wokistan.
Überhaupt nichts gut
ist auch im Iran.
Die Revolution findet
anscheinend nur im Fernsehen statt.
Die Konterrevolution wie üblich nicht.
Bilder von erschossenen Schülerinnen,
die ihren Heldinnen auf Insta nachgeeifert waren,
machen sich nicht sonderlich gut
im beifallklatschenden Europa.
Denn während die EU
ganz große humanistische Brötchen backt
(Sanktionen gegen die iranische Sittenpolizei),
feiert sich der aufgeklärte,
von Revolutionen weit entfernte „Westen“
in dieser Woche auf der Frankfurter Buchmesse,
wo ein*e Autor*in aus dem rebellischen Basel
die ganz großen Gesten auspackt:
Kim l’Horizon bekommt für ihr „Blutbuch“
den Deutschen Buchpreis
und hat zufälligerweise eine Schermaschine in der Tasche,
womit sie dann auf offener Bühne
ihre Solidarität mit den Frauen im Iran beweist.
Immerhin waren am Samstag 50.000 Menschen
in Berlin aus dem gleichen Grund auf der Straße.
So.
Sind noch Krisen übrig?
Logisch.
Aber erstmal zum Krieg.
Der wächst und wächst und wächst.
An allen Fronten,
egal wie verhärtet die nun mal sind.
Der Iran liefert Kamikazedrohnen an Russland,
die schlagen in Kiew ein.
Die EU bildet ukrainische Soldaten aus,
damit es auch nächstes Jahr
professionell weitergehen kann.
Das Pentagon denkt über Deals mit Starlink nach,
Elon Musk hatte höflichst darum gebeten.
Die EU denkt gleich mal mit nach.
Belarus steht nur noch sooo kurz vor Kriegseintritt.
Die Zahl der Player im Wargame
steigt genauso inflationär
wie die Raketeneinschläge in der ganzen Ukraine.
Am Mittwoch ruft Putin dann offiziell
den Kriegszustands
in den annektierten Gebieten aus,
die Evakuierung von Cherson
läuft auf Hochtouren,
das nächste Schlachtfeld wird vorbereitet.
Am Donnerstag dann
noch ein neues Horrorszenario,
das An/Aus des größten AKW Europas
kickt nicht mehr:
Jetzt ist es
die akut bevorstehende Sprengung eines Damms,
dessen entfesselte Fluten
nicht nur das AKW erwischen würden…
Schnell zurück zu den noch größeren Krisen,
zwei hätten wir heute noch.
Als vorletztes die Weltwirtschaftskriegskrise:
Die wichtigste Veranstaltung in diesem Zusammenhang
dürfte in dieser Woche
der Parteitag der größten Volkswirtschaft der Welt gewesen sein.
Die Kommunistische Partei in China,
welches von der Tagesschau
noch vor Beginn in „Xina“ umgetauft war,
hat sich einiges vorgenommen:
“We will resolutely safeguard
the security of China’s state power,
systems and ideology
— and build up security capacity in key areas.
We will crack down hard on infiltration,
sabotage, subversion,
and separatist activities by hostile forces.”
Große Worte
vom großen Parteiführer,
der sich am Ende der Woche
noch wiederwählen ließ.
Der Spiegel wusste das schon Tage vorher:
„Sein Wille geschehe.“
Aber was die letzte Krise angeht,
hat China wenigstens einen Plan,
den ich fast als realistisch einschätze,
immerhin ist es kein westlicher:
Bis 2030 müsse das Land
zwar noch mehr CO2 ausstoßen,
aber nur um neue Technologie herzustellen,
dann ist der Peak erreicht,
und bis 2060 ist dann alles klimaneutral.
Im planlosen Europa hingegen
wird weiter protestiert.
Die Aktivisten von „Stop the Oil“
kippen Tomatensuppe auf die Glasscheibe
vor den Sonnenblumen von Vincent van Gogh
und in Berlin kommt es zur kurzzeitigen Besetzung
(für ein paar Fotos hat die Zeit gereicht)
des Finanzministeriums,
wobei ein Schuldenschnitt für ärmere Länder
gefordert wird.
Als ob es dazu einer Klimakrise bedürfte.
Was sagt eigentlich Greta Thunberg zu alldem?
Das interessiert den Stern in der letzten Woche
eher weniger,
viel wichtiger ist,
wie es Greta geht.
Das „Weltgewissen mit Zöpfen“
ist nämlich erwachsen geworden
und ist „so glücklich wie nie zuvor.“
Das fünfseitige Interview
kommt erst auf der letzten zum Punkt.
Bis dahin gibt es Insights,
wie ob sie zu Hause ein eigenes Zimmer hat
(hat sie nicht),
oder wie sie es schafft gelassen zu bleiben
(schafft sie nicht),
oder ob sie noch Hoffnung hat
(das Wort müsste erst neu definiert werden).
Meine Lieblingsfragen allerdings
sind diese hier,
vor allem wegen ihrer Antworten:
„Hat es Spaß gemacht, ein Buch über den Weltuntergang zu schreiben?“
„Ja, wahnsinnig.“
„Das klingt etwas komisch.“
„Ich weiß, aber so funktioniere ich. Wenn mich Dinge wirklich interessieren, machen sie mir auch Freude. Jedenfalls ab einem bestimmten Punkt. Als ich am Anfang das volle Ausmaß der Klima-Notlage verstand, war das, als würde ich in eine große Leere starren. Wenn ich heute die Berichte in dem Buch lese, habe ich das Gefühl, den Problemen gegenüber emotional tauber geworden zu sein als damals. Ich darf nicht zulassen, dass sie mir zu nahe kommen. Sonst hätte ich keine Energie mehr, dagegen an zu kämpfen.“
„Müssen wir den Kapitalismus überwinden, um uns zu retten?“
„Ich sehe nicht, wie wir den Kapitalismus, so wie er jetzt ist, erhalten können. Endloses Wachstum auf einem begrenzten Planeten funktioniert nicht. Das heißt aber nicht, dass wir nicht weiter hilfreiche Technologien entwickeln sollten. Wir müssen unsere Wirtschaft nur anders nutzen als bisher.“
Genau.
So einfach ist das.
Wäre da nicht
alles andere.
„Everything is changing
and there’s nothing I can do.
My world is turning pages
while I am just sitting here.“
(Tame Impala: Apocalyptic Dreams. 2012.)
Gut.
Es ist ja nicht nur Weltuntergang.
Und die erfahrenen Leser wissen,
was so eine optimistische Floskel bedeutet:
Wir kommen zu den wenigen guten News.
Die NBA-Saison hat begonnen.
Und zwar genauso, wie sich alle das erhofft haben.
Die Storylines des Jahres
schreiben sich quasi von allein:
King James
hat sich mit 50+ Punkten
in den ersten beiden Spielen der Lakers
(zwei Niederlagen)
auf den Weg gemacht,
auch noch letzte Ziel zu erreichen,
das er noch erreichen kann.
Der All-Time-Scoring Leader zu werden.
Irgendwann, ums Allstar Game herum
sollte er das geschafft haben.
Sein Nachfolger hat zwar im ersten Spiel noch Pech
(und die Suns ergattern
eine glückliche Revanche
für die Blamage in den letzten Playoffs),
rasiert dafür dann aber gleich im zweiten Spiel
einen der weiteren Superstars seiner Generation:
Ja Morant hatte zwar in seinem Saisonstart
gleich mal 49 Punkte zusammengeschraubt,
gegen Luca Doncic waren es nur noch 20.
Zu allem Überfluss
hat der nächste Superman
jetzt auch noch seinen ganz eigenen Robin,
nämlich Christian Wood.
Im Grunde könnte die Liga
also schon mal einpacken.
Wären da nicht die New Orleans Pelicans,
die ohne Verletzungspech
der Dark Horse Contender des Jahres sein dürften,
spätestens nachdem sie die Nets
in Brooklyn vorgeführt haben.
Und dann sind da ja noch die Boston Celtics.
Und die spielen noch besser als letztes Jahr.
Prophezeiungen gibt es aber
keine mehr von mir.
Man muss nicht immer alles kontrollieren wollen.
Und damit zum Schluss für heute
zur absoluten Kicherstory der Woche:
Auf irgendeiner Parkbank
im Berliner Regierungsviertel
hat irgendwer ein sogenanntes Eckpunktepapier gefunden
und direkt zur Presseagentur gebracht.
Genau ein Jahr nach der offiziellen Ankündigung
sind also die ersten Details
zur Cannabislegalisierung durchgesickert
und zur öffentlichen Diskussion freigegeben:
20 Gramm Eigenbedarf,
zwei Pflanzen pro Wohnung,
Coffeeshops nicht in der Nähe
von Schulen und Jugendeinrichtungen,
10% THC für die Rookies (18 bis 21 Jahre),
15% für die Seniors.
Über alles andere wird später gesprochen.
Bloß keine Hektik,
Kontrolle braucht auch Zeit.
Bloß nichts überstürzen,
es werden schon alle noch
früh genug breit.
In diesem Sinne
lasse ich es dann
auch gut sein für diese Woche,
es geht auf Mitternacht zu.
Wie immer.
„Ich zähle die Stunden,
wieviel es noch wären bis morgen früh.
Wieviel mir noch bleibt,
bis die erste Sonne mein Fenster erreicht.
Ich scrolle nach unten,
immer in Richtung Unendlichkeit.
Ich glaub‘ mir jeden Gedanken,
ich glaube an gar nichts,
ich dreh‘ mich im Kreis.
Schlaf gut heut‘ Nacht!
Morgen ist auch noch ein Tag.
Schlaf gut heut‘ Nacht!
Lass die Augen zu fallen.
Kein Gedanke nach Mitternacht
wurde je zu Ende gedacht.
Kein Gedanke in dieser Zeit
ist es wert, dass er hier bleibt.“
(Betterov: Schlaf gut. 2022.)
P.S.
Das zugehörige Bild ist mit der KI „Dall-E“ erstellt…

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