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November Rain (S11:Ep12)

von | 2024 | 24. November | Die Serie

 

So.
Peak November 2024:
Am Totensonntag,
draußen alles grau in grau,
das neue Album von The Cure
(„Songs of a Lost World“)
zum zwanzigsten Mal hören,
das neue Buch von Andreas Reckwitz
(„Verlust – Ein Grundproblem der Moderne“)
am liebsten noch mal lesen wollen,
stattdessen aber noch lieber
Kurzgeschichten von 14jährigen lektorieren
und anschließend stundenlang
den Untergang des Westens dokumentieren.
Immerhin regnet es gerade nicht.
Wie 14jährige sich momentan fühlen,
weiß ich zwar nicht,
habe aber so eine Ahnung:
Nicht viel anders,
nur wissen sie das noch nicht.
Eine aktuelle Studie von Rang und Namen (Bosch)
hat das übrigens gerade bestätigt.
Teenager sorgen sich.
Und zwar hauptsächlich.
Klima,
Krisen,
Krieg.
Und dann noch der Scheiß
mit dem kein-Kind-mehr-
und-noch-nicht-Erwachsensein.
Was wir Teenager damals
in solchen Zeiten gemacht haben,
fragen sich die jüngeren Leser*innen vielleicht.
Nicht viel,
aber ganz sicher:
Musik gehört.
Am besten melancholische.
Und wenn’s ganz schlimm kam,
dann Guns’n’Roses.

Ach, November,
sei Dir meiner Liebe sicher,
kein Licht scheint heimlicher
als Deins,
wenn es hinter den Fenstern,
hinter den Tränenschleiern
und hinter dem Nebel der Erinnerungen
nach Luft ringt,
um immer weiter zu scheinen,
um niemals zu erlöschen.

Der Erinnerungsmonat
findet also schon wieder sein Ende,
ab nächste Woche wird es schneller wieder lichter.
Die letzte Woche
beginnt immerhin auch schon
mit dem ersten wirklichen Sonnenaufgang
nach zwei Wochen Tristesse.
Und!: Der Baum steht.
Auf dem Quedlinburger Markt werden am Montag schon
die Buden abgestellt,
die in den folgenden Tagen dann ausgerichtet werden.
Die Adventsbeleuchtung hält sich bis heute
jedoch noch im Schatten.
Ab Dienstag ist aber schon wieder Scheißwetter,
und am Donnerstag erleben wir
sogar den ersten Schneefall
(und kurz darauf
nur kurz Sonnenschein).
Die Abende schreien also förmlich
nach leuchtenden Spiegeln
und Pizza.
Deswegen erscheint ja auch,
genau zum richtigen Zeitpunkt,
die Mac&Cheese Surfer Boy Pizza,
eine sündhaft gute Wohltat
von Pizzatainment und Netflix.
Why not?

Gut,
das muss an Bittersweetness
für den Anfang reichen.
Denn diese Episode wird sich besonders schnell
als besonders schweres Geschütz beweisen.
Darin begründet sich übrigens auch
die Wahl des Episodentitels,
wann wenn nicht jetzt
ist es Zeit,
mal wieder so ein richtig dickes Brett anzubohren?

Bevor es aber direkt durchschlägt,
nur ganz schnell noch was leichtes;
Basketball war in den letzten Wochen
außerdem nicht mal mehr ein Randthema:
Die aktuelle NBA-Saison nimmt Gestalt an,
die Vorrunde des Ligapokals ist schon fast durch,
die Matchups für die Christmas Games
sind wie immer ein Geschenk.
So wie es Dalton Knecht
(sprich: stummes K – Neckt)
gerade für meine Los Angeles Lakers ist:
Als Rookie-Weißbrot
nach 22 Punkten in Folge
mal den Jordan Shrug auspacken?
Kann man machen.
Was man auch machen kann:
Franz Wagner sein
und die Lakers in Los Angeles
mit der Sirene vom Logo aus versenken.
Oh, Basketball,
let it rain down on me.

 

Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe.
Woche 140.
Nachrüsten kurz vorm Ende? Die Niederlage verwalten? Oder aber wirklich der „Beginn des Dritten Weltkrieges“? Montag: Seit gestern geben die USA, noch unter Biden, US-Langstreckenraketen in der Ukraine frei. Friedrich Merz (Kanzlerkandidat CDU) und Robert Habeck (Kanzlerkandidat Die Grünen) würden auch Taurus liefern. Scholz bleibt auf größter Bühne (G20) beim Nein dazu. Selenskyj: „Militärschläge werden nicht mit Worten gemacht. Solche Dinge werden nicht angekündigt. Die Raketen werden für sich selbst sprechen.“ In Sumy werden elf tote Zivilisten aus einem zerbombten Wohnhaus geborgen. In Finnland beginnt die Nato-Übung „Dynamic Force 25“. In weiten Teilen der Ukraine fließt weiterhin kein Strom. Die Bundesregierung bereitet die Lieferung von 4.000 KI-Drohnen vor. In Odessa sterben zehn Zivilisten bei einem Raketeneinschlag. Das Dorf Nowoolexijiwka (bei Pokrowsk) ist „befreit“. Gegen den Iran werden von der EU neue Sanktionen verhängt, wegen Lieferung von Raketen. Selenskyj besucht Pokrowsk. Dienstag: Tag 1.001: In Sumy sterben erneut Zivilisten bei einem Drohneneinschlag. Peskow wirbt für eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen Russland und den USA: „Wir können nicht allein Tango tanzen. Und wir werden es auch nicht tun.“ Russland weitet seine Atomdoktrin auf seine Verbündeten aus. Nowoselydiwka wird „befreit“. In Brjansk schlagen die ersten ATACMS-Raketen ein. Die FDP will in der nächsten Woche einen Antrag zu „Taurus“ einbringen. Vor der Mutter Heimat Statue in Kiew brennen 1.000 Kerzen. Mittwoch: Luftalarm in Kiew, die USA schließen ihre Botschaft. Selensky kann sich ein „Einfrieren des Konfliktes“ oder gar zeitweise Gebietsabtretungen“ inzwischen vorstellen: „Vielleicht muss die Ukraine jemanden in Moskau überleben, um ihre Ziele zu erreichen und das gesamte Staatsgebiet wieder herzustellen.“ Der Kreml antwortet: „Ein Einfrieren dieses Konfliktes ist für uns keine Option.“ Die USA liefern jetzt auch „Schützenminen“. Auch britische „Storm Shadow“-Langstreckenraketen werden bereits eingesetzt, in Kursk. Donnerstag: Die ukrainischen Reste von Donezk werden evakuiert. Landesweiter Raketen- und Luftalarm. In Krywyj Rih schlagen Raketen dann auch ein. Dalne (Kurachowe) ist „befreit“. Eine russische Sprecherin wird live am Telefon dazu aufgefordert, die ukrainischen Raketenangriffe in Kursk nicht zu kommentieren. Der UK ist laut dem russischen Botschafter jetzt direkt in den Krieg involviert. Weiterhin lehnen mehr als 60% der Deutschen die Taurus-Lieferungen ab. Putin bestätigt den Einsatz einer neuen, experimentellen Mittelstreckenrakete mit Namen „Oreschnik“ (Haselnuss) beim Angriff auf Dnipro. Freitag: Eine ukrainische Parlamentssitzung wird aus Sicherheitsgründen das erste Mal abgesagt. Sumy wird massiv mit Drohnen attackiert. Nato-Chef Rutte besucht Trump in Florida. Putin kündigt die Massenproduktion der „Oreschnik“ an. Samstag: Kurachowe steht vor der Einkesselung. Laut Pistorius ist der Krieg „längst kein regionaler Krieg mehr“, deshalb: „Kriegstüchtigkeit!“ Selenskyj macht dagegen Hoffnung: Der Krieg werde enden, wenn „Russland will, dass der Krieg endet. Wenn Amerika eine stärkere Position einnimmt. Wenn der globale Süden auf der Seite der Ukraine und auf der Seite der Beendigung des Krieges steht.“ Sonntag: Wieder Luftalarm über Kiew. Paris hat ebenfalls keine Einwände mehr gegen Langstreckenwaffen. Selenskyj erkennt, „dass er (Putin) uns bis zum 20. Januar nächsten Jahres (aus Kursk) vertreiben will, denn es ist sehr wichtig für ihn, zu zeigen, dass er eine Situation unter Kontrolle hat, die er nicht unter Kontrolle hat.“ Russland bieten neuen Rekruten einen Schuldenerlass. 

 

Ja,
die zweiten 1.000 Tage Krieg
haben begonnen,
solange jedenfalls
bis nicht doch noch einer Seite die Munition ausgeht,
aber genau danach sieht es ja nun wirklich nicht aus.
Zum Jubiläum gibt es in Russland
aber mal wieder Nachrichten von der Heimatfront:
Vladimir Shklyarov,
einer der angesehensten Balletttänzer des Landes,
stürzt aus einem Hotelfenster,
was bei russischen Kriegsgegnern
ja nicht so ungewöhnlich ist;
auch innenpolitisch setzt der Kreml
weiter auf die schweren Geschütze.

Und damit dann direkt
nach Israel:
Der Internationale Strafgerichtshof
zieht sein schärfstes Schwert:
Gegen Benjamin Netanyahu,
seinen ex-Kriegsminister Gallant
und gegen drei (bereits getötete) Hamas-Führer
werden Haftbefehle erlassen,
wegen Kriegsverbrechen
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und immer noch
gibt es eigentlich zurechnungsfähige Menschen,
die in Israels Rachekrieg
einen Verteidigungskrieg sehen wollen.
Durch Berlin geistert schon die Frage,
wie man dann mit Netanyahu umgeht,
wenn er demnächst mal Deutschland besuchen will/soll.
Sind Menschenrechte
etwa auch historische Verantwortung?
Anyways,
das Zentrum von Beirut
brennt momentan ununterbrochen,
nicht mal die seltenen Novemberregenfälle
würden daran etwas ändern.
Die Geiseln bleiben trotzdem Geiseln.
Der Staat Israel bietet parallel zum Rachekrieg
inzwischen auch 5.000.000 Dollar pro Geisel an;
wenn es so einfach gewesen wäre,
warum dann erst jetzt?
In Tel Aviv und Jerusalem
demonstrieren nur noch hunderte
gegen die Regierung Netanyahu,
während weiter Raketen hin und her fliegen
und im Gazastreifen
das Mittelalter
eine Verheißung wäre.

Und apropos Verheißung.
Die kommende Regierung Trump 2.0
lässt es weiter Prophezeiungen regnen:
In den USA explodieren derzeit
die Vasektomien um 1200%,
wofür sich einige (Ehe-)Frauen heimlich bedanken.
Ansonsten Gloom as Gloom can:
Donald Trump Jr. weiß mal wieder Bescheid:
Joe Biden hat den Dritten Weltkrieg angefangen!
Und zum Civil War 2.0
gibt es ebenfalls die nächste konkrete Ankündigung:
An Tag 1 der Machtzurückübernahme
wird Trump den Nationalen Notstand ausrufen,
und Teile des Militärs
werden sofort beginnen,
die Massendeportationen umzusetzen;
Stephen Miller hat Taschentücher nachbestellt.
Den Adolf Eichmann dabei
darf jetzt dann Sean Duffy (Fox Business)
als neuer Verkehrsminister geben,
weswegen er kaum verdeckt zynisch
„das Goldene Zeitalter des Reisens einläuten“ will.
Was für Verbrecher*innen die USA
demnächst umkrempeln sollen,
zeigt auch,
dass es keine FBI-Background Checks
für irgendwelche Kabinettsmitglieder geben soll.
Da erscheint es ja fast verrückt normal,
dass Matt Gaetz (nach interner Senatsbesprechung)
„keine Ablenkung sein“ will
und seine Nominierung zum Justizminister ablehnt.
Der im Grunde geleakte Ethics Report
über seine Person
spielt dabei sicher auch absolut gar keine Rolle.
Seine Nachfolgerin wird Pam Bondi,
immerhin schon mal General Attorney,
aber halt in Florida.
Der Vollständigkeit halber
hier noch schnell die letzten Gruselnominierungen:
Die republikanische Kongressabgeordnete Lori Chavez-DeRemer
ist als Arbeitsministerin vorgesehen.
Die Allgemeinärztin und Fox News-Mitarbeiterin Janette Nesheiwat
soll Surgeon General, oberste US-Ärztin werden.
Die Gesundheitsbehöre CDC
soll künftig von Dave Weldon geleitet werden,
einem ehemaligen republikanischen Kongressabgeordneten aus Florida.
Als Chef der Lebensmittelbehörde FDA
schlägt Trump Marty Makary vor,
der als Chirurg am Johns Hopkins Hospital in Baltimore praktiziert.
Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung
soll zudem der frühere NFL-Spieler Scott Turner werden.
Immer noch nicht crazy genug?
Bitte:
Fernseharzt Dr. Oz
verwaltet bald Medicare, Medicaid, die Kinderkrankenversicherung
und Obamacare,
was soll schief gehen?
Die ex WWE-Chefin LindaMcMahon
soll das Bildungsministerium kriegen,
vom dem allerdings niemand weiß,
ob es das in zwei Monaten überhaupt noch geben wird.
Der neue/alte FCC-Chef Brendan Carr,
also der oberste Medienwächter,
ist wie „Border Czar“ Homan
ebenfalls Autor von Project 2025
und gibt die Richtung unmissverständlich vor:
„Wir müssen das Zensurkartell auflösen
und das Recht auf freie Meinungsäußerung
für jeden Amerikaner wiederherstellen.
Facebook, Google, Apple und Microsoft
spielen eine zentrale Rolle im Zensurkartell.“
Blöd nur,
dass beim Trumpschen Zensurkartell (X)
gerade aber wirklich endlich
so richtig das Licht ausgeht:
Stephen King verlässt X,
The Guardian auch,
sogar St. Pauli und Hansa Rostock!
Und schließlich der DJV!
Dieses Mal scheint der Xodus zu gelingen,
nur die SPD will es nochmal wissen.
X hat derweil seit der Übernahme durch Elon Musk
75% an Wert verloren
und ist nicht mal mehr
unter den Top 25 aller genutzten Apps.
Dafür ist Blue Sky die neue Nr. 1.
Aber da sogar die von irgendwas ihre Rechnungen bezahlen müssen,
wird zum Ende der Woche noch bekanntgegeben,
wer als neuer Finanzminister
den Willen von Elon Musk Xekutieren darf:
Scott Bessent,
von Beruf:
Hedgefonds-Manager.

Um solche geht es indirekt auch beim G20 in Rio,
in der diesjährigen Abschlusserklärung etwa heißt es:
„Wir werden uns bemühen,
zusammenzuarbeiten,
um sicherzustellen,
dass sehr vermögende Privatleute
effektiv besteuert werden.“
Bemühen will man sich auch
beim Kampf gegen den Hunger
und die Klimaerwärmung,
sogar das 1,5°C-Ziel soll gehalten werden.
Ähnlich erfolgreich bemüht hat sich die Weltgemeinschaft
auch beim Cop29 in Baku,
nach mehreren Tagen Verlängerung,
soll es Billionenhilfen geben,
für Entwicklungsländer,
vielleicht.
Auf Sardinien werden dementsprechend
gerade Grundstücke verramscht,
samt Häusern für einen Dollar,
vorzugsweise an auswanderungswillige US-Amerikaner*innen.
Denn dort zieht gerade der nächste
Atmospheric River samt Bomb Cyclones
über No Cal, Portland and Washington.

Wir aber nähern uns wieder der Heimat,
wie erwähnt,
Scheißwetter können wir auch.
Und es braucht schon auch
mehr als um die 0°C und Nieselregen,
um das Protestcamp
gegen die vermeintlichen Umweltretter von Tesla in Grünheide
aus den Bäumen zu treiben:
Erst wird am Montag nach Kampfmitteln gesucht,
dann am Dienstag direkt aufgelöst,
proaktiver Umweltschutz.
Das ist auch dringend nötig,
denn obwohl der Strom immer günstiger wird,
auch wegen des Einsatzes erneuerbarer Energien,
steigt Deutschland im globalen Klimaindex schon wieder ab.
Und gewohntermaßen eben nicht nur da:
Mit Bosch will der nächste Großkonzern
1.000e Stellen streichen,
die Deindustrialisierung befindet sich auf der Zielgeraden.
Und von wem sie bis dahin begleitet werden soll,
darüber wird weiterdiskutiert,
als ob schon wieder Wahlkampf wäre,
oh, wait…

Zur Mitte der Woche ist zumindest die Frage geklärt,
ob Scholz oder Pistorius?
Letzterer verzichtet,
vor allem aber,
weil er „noch nicht fertig“ ist;
Verteidigungsminister auswechseln?
Mitten im Krieg?
Noch größere Sorgen hat nur wieder Markus Söder,
der hätte nämlich gerne
den Vize-Chef des Bauernverbandes (Felßner)
als Agrarminister,
und auch Alexander Dobrindt
soll auch noch mal beweisen,
wie unfähig man sein kann.
Die CDU jedenfalls
geht auf Abstand,
und zwar zur FDP,
denn die seien anscheinend
eher „Player als Politiker“,
was in der Union freilich ganz anders ist.
Nur bei so Sozialkram ist man sich noch einig,
denn Linnemann (CDU) fordert:
„In einem Jahr wird es das Bürgergeld nicht mehr geben.“
ACAB entdeckt derweil die Dönerpreisbremse und das Singleleben,
und Scholz mutiert kurzerhand zur Merkel
und verfolgt weiter einen „Kurs der Besonnenheit“.
Boah, Wahlkampf,
warum schon wieder so öde?
Vielleicht ja,
weil jetzt schon keiner Bock hat
auf das Hick-Hack,
das auf den 23. Februar folgen wird,
so wie wir es in den letzten Monaten
ja auf Landesebene schon erlebt haben:
Für Erste zerknirscht
steht in Thüringen die Brombeerkoalition,
in Sachsen eine Minderheitsgroko,
und in Brandenburg ist Kenia
sogar schon wieder zerbrochen,
an der Krankenhausreform,
mit Gefeuertwerden während
der dazugehörigen Bundesratssitzung.
Traurig alles.
Genauso wie das Flüchtlingsheim
in Vogelsang (NRW),
das vorgestern abgefackelt wurde.
Oder wie die Kulturetatkürzungen im neuen CDU-Berlin,
die nicht mal vor der „Linie 1“ Halt zu machen scheinen.
Oder wie die neuen Bauernproteste,
denn die haben zwar wieder weniger zu tun (Winter),
kündigen aber dennoch 1000e
für eine Demo vor dem Brandenburger Tor an,
der traurige Rest der Bauernkriegsveteranen
belief sich dann aber auch wenige hundert,
plus 23 Träcker.

Lange genug darauf gewartet,
wieder frisch on the road sein zu können,
hat auch das Soziokulturzentrum im Weltkulturerbe:
Die Reiche bekommt noch schnell einen neuen Bus,
hoffentlich den letzten Diesel ihrer Geschichte,
bevor in der übernächsten Woche,
beim Bürger*innen-Showdown im Palais Salfeldt,
über ihr zukünftiges Schicksal entschieden wird.
Wartenkönnen bleibt also
eine der wichtigsten Tugenden der Zeit,
und mehr Bremsen lässt die Beschleunigung ja eh nicht zu.

Und während wir alle
auf den nächsten
noch kälteren Regen warten
(zwei sonnige Tage
bekommen wir vorher wohl noch),
zum Schluss für heute
drei kurze Gedankenschauer
zum Warten:
– Während der „Corona Zeit“
wurde wohl einer
der vier gefährlichsten Grippestämme ausgerottet,
und wie wir alle noch wissen,
vor allem durch
ausdauernstes Warten.
Wernigerode kann es nicht abwarten
und eröffnet seinen Weihnachtsmarkt
bereits am Freitag
vor Totensonntag.
– Alle, auch ich,
warten auf das Buch des Jahrzehnts:
Angela Merkels Biografie
heißt, schlicht wie ein einfarbiges Sacko,
„Freiheit“,
erscheint am Dienstag
und wartet,
laut Vorabdruck in der Zeit,
mit der ultimativen Antwort
auf die globale Schuldfrage auf:
„Männer!“
(I told you so!
Siehe:
S5:Ep2 – It’s Reigning Men.
18. April 2021)

 

 

Never Mind the Darkness (hidden bonus story)

Noch vier Wochen, in denen die Dunkelheit immer früher über die Stadt hereinbrach, wenn sie nicht sogar noch früher kam, weil die Wolkendecke nur noch selten aufriss.
Der Brillenträger saß an einem Freitagabend im November, nach einem ganzen Tag voller Sonnenschein (bei kaum mehr als 0°C) im kalten Wind auf seinem Balkon und sah der Sonne beim Verschwinden zu. Die schwarzen Wolken in seinem Kopf zogen augenblicklich auf, wie an jedem Abend in diesem dunkelsten Monat der dunklen Monate, in dem das Suchen nach Licht mit jedem Tagesausklang aussichtsloser wird. Er hielt sich wie immer an seiner Liebe fest, egal wie unerreichbar sie in den letzten Jahren geworden war. Ob es die letzten achtzehn Jahre oder die letzten vierzehn Jahre oder die letzten acht Jahre waren, die für ihn so alles verändernd gewesen waren, wusste er schon so lange nicht mehr zu unterscheiden. Wann hatte die Chronik seiner Verluste begonnen länger zu werden als die Chronik seiner Glücksmomente? Vom Lauf der Welt ganz zu schweigen.
Am Samstagmorgen saß er wieder auf dem Balkon, wieder schien die Sonne, wieder war der Wind eiskalt. Auf dem Hof tobten Laubtornados durch die hohen Haufen der gelben Walnussbaumblätter als der Brillenträger mit allem Stolz, den seine Melancholie noch aufzubieten hatte, nach einem passenden Abschlusszitat für seine ganz eigene dunkle Episode zu suchen begann.
Am Sonntagabend,
die Dächer wieder voller Grau,
fragte er sich dann,
wie schlau
so eine Hohe Minne
eigentlich
noch werden kann:

 

„And when your fears subside
and shadows still remain, oh yeah,
I know that you can love me
when there’s no one left to blame.
So never mind the darkness,
we still can find a way.
‚Cause nothin‘ lasts forever,
even cold November Rain.“

(Guns’n’Roses. 1991)

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