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Returning Sisyphos (Teil 2)

von | 2025 | 18. Mai | Die Kurzgeschichten, Thalenser Kurzgeschichten

 

 

Fever Dream

 

Die Waldspaziergang-Duftkerze brennt noch neben dem Schreibtisch. Drei Wochen. Ich habe tatsächlich drei Wochen lang nichts mitgeschrieben; das wollte ich zumindest behaupten können, nach drei Wochen. Hat so mittel funktioniert, aber freie Sonntage kann ich eben auch im Garten verbringen und mir dabei gleich mal den ersten dicken fetten Sonnenbrand (Vorderseite) einfangen, der mich bis vorgestern auch noch irgendwie beschäftigt hat. – So, did I miss it? – Und auch diesen Satz hatte ich mir schon vor drei Wochen hierhin geschrieben. – I did and did not. – I was just staying ready so now I don’t have to get ready. – Würde ich heute im Feinschliffmodus schreiben, wäre das vermutlich der Einstieg; Basketballweisheiten sind immer noch die klügsten. Aber ich schreibe heute nicht im Feinschliff, ich bleibe noch einen Sonntag lang so frei, einfach über alles nur nachzudenken, über das eine mehr und über vieles andere weniger, wirkliche Relevanz ist so unglaublich banal geworden. Also zurück zum Spiel der klugen Weisheiten: Die Lakers spielen schon seit zwei Wochen Playoffs keine Rolle mehr, der Traum wird auf’s nächste Jahr vertagt, die Wolves sind dieses Jahr noch hungriger und haben auch die Warriors schon wieder verdaut. So who’s to blame in Tinseltown? Welche Geschichte wird Luka Doncic schreiben? Erst der Fall und dann der Wiederaufstieg? Hat bei Kobe doch auch gut funktioniert. Bleibt er am Ende aber titellos, bleiben von „The Don“ eher mehr die weniger guten Moves in Erinnerung. Coach Popovich bleibt dagegen Legende, hört einfach nach 29 Jahren auf und bleibt Präsident von San Antonio, bis er das Spiel nicht mehr lieben kann. Weiter oben in Texas, in Dallas, sind auch alle wieder happy. Erstens, weil die Wings mit dem ersten Pick eine topfitte und laserscharfe Playmakerin gedraftet haben (genau, Paige Bueckers), und zweitens, weil auch noch die Mavericks den ersten Pick zugeschustert bekommen haben, Cooper Flagg spielt also ab nächster Saison mit Anthony Davis und Kyrie Irving zusammen. Aber auch ohne diese beiden ist die Meisterschaft in diesem Jahr spannender als erwartet, mein Wunschfinale heißt: Minnesota vs. Indiana und mein Favorit dabei sind die Indiana Pacers. Weil nämlich genau da in diesem Jahr das gesamte Spiel rekalibriert wird. Denn: Wer Anfang/Mitte Mai 2025 über Basketball spricht, schreibt oder nur nachdenkt, und dabei nicht über Caitlin Clark spricht, schreibt oder nur nachdenkt, der liebt das Spiel nicht, sondern nur irgendetwas an dem Spiel (wovon es zugegebener Maßen sehr viel gibt). Caitlin Clark hat nicht nur Talent wie keine(r) vor ihr, sondern sie hat das Spiel noch vor ihrem zweiten Profijahr so dermaßen gemeistert, dass ihr das Glück sogar bei solchen Dingern hier nur allzu gern hold ist: Auf dem Parkett der restlos ausverkauften Halle in Iowa City sind einige Quadratzentimeter lackiertes Holz mit ihrem Namen und ihrer Nummer bedruckt, halblinks, näher an der Mittellinie als an der Dreierlinie, oder wie wir Hooper sagen: am Logo-Dreier, weil an der Mittellinie meist auch das Logo des Heimteams den Mittelkreis bebildert. „22 Clark“ steht also an genau der Stelle auf dem Spielfeld, von der aus sie den All Time College Scoring Record gebrochen hat, als sie im Fastbreak einfach den ersten halbwegs freien Wurf nahm, mehr als 10 Meter vom Korb entfernt. Und von eben diesem, mit ihrem Namen und ihrer Nummer bedruckten Stückchen Parkett (sogar noch einen halben Meter weiter vom Korb entfernt, so dass man ihren Namen und ihre Nummer auch noch gut lesen kann), knallt sie also bei ihrer Rückkehr nach Iowa City, wo sie sämtlichste Rekorde hält, genau noch so ein Ding nochmal rein, mit Ansage; Basketball liebt Caitlin Clark. Ihre zweite Saison hat noch nicht begonnen, da ist sie bereits schon wieder das Gesicht des Spiels. Und natürlich hat genau gestern auch genau diese neue WNBA-Saison angefangen, die NBA-Playoffs kriegen gesunde Konkurrenz. Es gibt sogar ein neues Team, die Golden State Valkyries, vielleicht ja noch nicht der endgültige Teamname. Der beste ist ja aber eh schon weg und wartet im Mittleren Westen auf den nächsten Titel: Die Indiana Fever schlagen im ersten Spiel dann die Chicago Sky. Clark angebliche Rivalin aus dem letzten Jahr (Angel Reese) legt dabei ein beindruckendes Double Double auf (12/17), nur Caitlin Clark macht eben Caitlin Clark Sachen, nämlich ein Monster-Triple Double (20/10/10/2/4) in gut dreißig Minuten. Klar. – Ein Traum, wie ich mich in diesem Spiel verlieren kann. Den Traum, daraus mal einen Roman zu machen, der Hesses Glasperlenspiel nicht nur persifliert, sondern auch verbessert (weil: Basketball statt Perlenklickern), habe ich aber schon vor Jahren als lächerlich und als dem Spiel nicht angemessen vergessen. – Vergessen darf ich aber dabei nicht, mich morgen Abend live zur ersten Probeaufnahme unseres immer noch namenlosen Podcasts dazu zu schalten. Und da Skype ja erst vor ein paar Tagen final der Stecker gezogen wurde, lerne ich dabei auch gerade das Zoom-Game so ein bisschen kennen. Was ich nebenbei auch immer noch weiter kennenlerne, ist die KI, und ich bleibe dabei: Holy Shit. Das grenzt echt an Zauberei. Online-Recherche ist eigentlich keine Arbeit mehr, man muss nur den richtigen Zauberprompt tippen können und voila, was vor ein paar Jahren noch viele Stunden gedauert hätte, dauert nur noch wenige Sekunden. Nur lesen und verstehen muss man das dann noch, was die KI dann antwortet. Und das wäre bei unserem ersten Probethema auch ohne KI schon deprimierend genug gewesen. Aber was ist das heute nicht? – So, was habe ich also noch verpasst, mit den geschnittenen Fingernägeln über den wunden Fingerkuppen in meine Chronik zu verwandeln? Wahrscheinlich nichts weiter als nur den nächsten Fiebertraum, drunter macht es dieses Jahrzehnt nun mal nicht. – Der Harzkreis-Waldbrand-Count 25 steht aktuell bei 4; „die gelbe Hexe“ hat anscheinend Spaß daran, allwöchentlich gen Brocken zu fliegen, um Rauchschwaden den Garaus zu machen. In den letzten drei Monaten hat es hier circa einen Tag (verteilt auf zwei Nächte und einen Abend) geregnet. Seit der Walpurgisnacht herrscht Waldbrandstufe 4, die Brockenbahn fährt nur noch in Ausnahmefällen. – Womit ich zur neuen Bundesregierung überleiten könnte, deren Entstehung und Beginn wie erwartet nicht viel deutscher hätten verlaufen können: „Kartoffelkabinett“ meets Schlaue Frauen. Die neue Groko ist der Regierung gewordene Ehestreit. Saskia Esken dürfte froh sein, dass sie nicht mehr in der Schusslinie ist. Bärbel Bas gegen Jens Spahn, viel unterhaltsamer kann dieses Land nun mal nicht. Nur noch ein bisschen widerlicher: Der neue Kulturstaatsminister ist der Culture Wars Publizist (ehemals „Focus“) Wolfram Weimer. Genau, genau nicht Weimar. Und wenn es einmal schlimm ist, bleibt es das auch: Das neue Ministerium für Digitales und Staatsmoderniserung wird natürlich von einem Digitalkrämer angeführt: Karsten Wildberger war bis vor Kurzem noch Geschäftsführer von Saturn und Media Markt; kurze Lieferketten und so. Und die Faschos so? Es läuft wieder vorbildlich: Auch der Verfassungsschutz ist sich jetzt sicher genug: Die gesamte Bundes-AfD wird ins unterste Regal gestellt: Gesichert rechtsextrem. Und fast alle anderen so: Ach echt? Und von den vielen Faschoreaktionen hatte natürlich der Bornhagener Silberscheitel die deutlichste: Björn Höcke droht öffentlich den Extremistenjäger*innen, am Ende (seines Wunschnarrativs) werden sie „mitgehangen, mitgefangen“ sein; als ob der Verfassungsschutzbericht nicht schon 1.000 Seiten lang genug wäre. Seine „Partei“ klagt umgehend vor dem Verfassungsgericht in Köln; warum eigentlich nicht irgendwo im Osten, am besten doch gleich in Dresden? Hier in Quedlinburg war die Kante letzte Woche aber schon mal klar: AfD-Verbot, jetzt. Dafür stehen wir doch gerne mal in der Sonne auf dem Neumarkt. Und nicht nur steht die AfD kurz davor, nein, der neue Innenminister Dobrindt macht tatsächlich auch mal seinen eigentlichen Job: Das „Königreich Deutschland“ ist verboten! König Fitzek, Rentier von Gottesgnaden, darf seinen Pass abgeben; lustig wäre, wenn er den alten in einer heiligen Zeremonie auf seinem ganz eigenen Zauberberg verbrannt hätte, vielleicht sogar noch am 30. April. Noch besser geht’s aber wieder nur hier in Sachsen-Anhalt: Das Urteil gegen Svenja L. ist rechtskräftig, die feine Dame darf für 18 Monate in Bernburg/Dessau/Halle einchecken. 18 Monate!, A-H!, denkt sie sich. Wenn sie schreiben könnte, würde sie schonmal beim Antaios-Verlag anrufen, Ihr Kampf beginnt doch jetzt erst so richtig. Richtig männlich hingegen geht es seit einigen Tagen aber auch im Kanzleramt wieder zu: Seit dem 6. Mai ist Dauer Boomer Cringe. Standesgemäß war also auch das Drama: Erst nach dem zweiten Wahlgang kann Friedrich Merz das Amt annehmen, Demut will gelernt sein. Jedenfalls kanzlert er wie erwartet los, reist munter durch Europa und markiert das lange Elend. Sogar Trump hat er schon eingeladen. Momentan bezweifle ich noch, dass der Frisurensohn dafür Zeit haben wird, aber daran will ich einfach noch nicht denken müssen. Zu Hause muss es der Innenminister richten, deswegen heißt der ja so. Und Dobrindt lässt sich natürlich nicht zwei mal bitten: Grenzen dicht! Also so als ganz neue Idee. Hoffnung macht aber dann doch noch wer: Bärbel Bas steigt in wenigen Tagen zur mächtigsten Frau der neuen Regierung auf. Das Thema, das sie dabei über die Ziellinie begleitet hat, wäre eigentlich mal einen Podcast wert; über Weltkrieg, Faschos und Israel podcasten alle anderen; aber die Rente, die ist genauso unsicher wie alles andere. Dass dieses Lied demnächst auch Rentenmuffel lernen sollen, ist zwar nichts neues, aber setzt den Kanzler erstaunlich unter Druck, denn außer seiner Kernwählerschaft (Beamte, Unternehmer) finden alle, von der DKP bis zur Heimat, gut, was die Bärbel da gefordert hat. – Und auch das hat es noch nie gegeben: Zwar nicht schon nach dem zweiten Wahlgang, aber bereits am zweiten Tag des Konklave bejubeln die Massen auf dem Petersplatz erst den weißen Rauch und dann den neuen Papst, Leo XIV. Oder auch „Da Pope“, denn Kardinal Brevost ist vor siebzig Jahren in Chicago auf die Welt gekommen. Ein Ami ist Papst, auch das gab es noch nie. Und dann auch noch einer aus dem Lincoln State! Ein Gott mit so viel Humor kann so schlecht nicht sein. Seine ersten Worte lassen auch keinen weiteren Zweifel zu: „Der Friede sei mit Euch allen.“ Er hätte auch was anderes sagen können. Hat er aber nicht. Und auch deswegen drehen die MAGA-Spinner in seinem Heimatland umgehend frei: Laura Loomer, far-right Influencerin der Stunde, ordnet völlig entgeistert ein: „Woke Marxist Pope!“ Sicher. Seine erste Predigt hat deswegen auch diesen Titel: „Nie wieder Krieg!“ Muss schön sein, so entrückt sein zu können. – Abrücken vom Westen scheint sowieso schwer in Mode zu bleiben: Die neuen Regierungen in Kanada und Australien bewegen sich ebenfalls nach links, also in Trumpverhältnissen. Also nicht deswegen, sondern vor allem darum sieht Amnesty International eine selten so dagewesene „globale Menschenrechtskrise“: Vor zehn Tagen greift auch noch Indien Pakistan an, und nicht unbedingt im kleinen Stil. Drei Tage später ist allerdings schon wieder „Waffenruhe“, wofür sich natürlich der Frisurensohn verantwortlich machen will, sogar sein jüngster Sproß weiß Bescheid: „War paused!“ Na ja, der ist halt noch jung. Israel erhebt hingegen ganz offen Anspruch auf den gesamten Gaza-Streifen, was mit den dort immer noch lebenden zwei Millionen wird, scheint nur eine von vielen Nebensachen zu sein; der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul fliegt nämlich mit der Luftwaffe zum ersten Staatsbesuch in Israel; Yad Vashem muss jeder mal gesehen haben. Gestern beginnt dann die nächste Großoffensive der IDF. – Und auch sonst passiert weiterhin wenig Neues: Die Berliner Polizei hat am 8. und 9. Mai die Verteilung der Tageszeitung junge welt vor dem Sowjetischen Ehrenmal in Treptow untersagt. Anlass war der Titel »Hitler kaputt«, insbesondere die darauf abgebildete rote Fahne mit Hammer und Sichel. Natoflaggen unter dem zerschlagenen Hakenkreuz waren i.O.Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe. Wochen 163, 164 und 165. „Feuerpause“? Sonntag: Kein Liveticker. Trump droht Putin mit neuen Sanktionen. Kiew kann sich laut einem neuen Friedensplansentwurf vorstellen, auf Gebiete und die Natomitgliedschaft zu verzichten. Montag: Der Kreml kündigt eine einseitige Waffenruhe über den 7./8./9. Mai an. (Dazu Kiew: Putin will nur nicht, dass sich Xi in Lenins Mausoleum vor Killerdrohnen verstecken muss.) Dienstag: Russische Drohnenangriffe auf Donezk, Charkiw, Dnipropetrowsk und Kiew. In Kursk schlagen ukrainische Drohnen ein. Mittwoch: Dnipro wird massiv mit Drohnen überzogen. Nord-Korea meldet 600 gefallene Soldaten im Ukrainekrieg. Der Endkampf um Pokrowsk beginnt. Bei Lyman rückt die russische Armee weiter vor. Berichte über schwere Folterungen einer ukrainischen Journalistin in russischer Gefangenschaft erschüttern die Welt. Donnerstag: Das Rohstoffabkommen zwischen den USA und der Ukraine wird unterzeichnet. Vorgesehen ist ein Investitionsfonds zur gemeinsamen Ausbeutung ukrainischer Bodenschätze, der Mittel zum Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes erwirtschaften soll, Sicherheits-garantien sind darin nicht enthalten. Odessa wird massiv mit Drohnen attackiert. Ukrainische Drohnen greifen einen Marktplatz in Cherson an, sieben Menschen sterben, die Errichtung eines Brückenkopfs am Dnipro scheitert. Freitag: Die Krim wird mit Drohnen angegriffen. Samstag: Vier Stadtbezirke von Charkiw werden mit Drohnen angegriffen, in Kupjansk schlagen Raketen ein. Selenskyj kann die Sicherheit von Staatschefs bei den kommenden Feierlichkeiten zum 9. Mai in Moskau nicht garantieren. Sonntag: In der Nacht wird Kiew erneut aus der Luft angegriffen, die Luftabwehr arbeitet. Die Ukraine beschießt eine Elektronikfabrik in Brjansk. An der Front kommt es allein heute zu 200 Gefechten. Montag: Wieder kein Liveticker. Dienstag: Weiterhin nichts Neues: In Kursk wird immer noch gekämpft. Mittwoch: Kiew und Moskau werden jeweils mit Drohnen angegriffen, in Kiew sterben dabei zwei Menschen. Donnerstag: Die angekündigte Feuerpause beginnt mit russischen Lenkbomben auf Sumy und ukrainischen Drohnenattacken. In Kiew wird der 80. Jahrestag des Kriegsendes begangen. Das ukrainische Parlament stimmt dem Rohstoffabkommen mir den USA zu. Freitag: Trump fordert die Verlängerung der Waffenruhe um 30 Tage. Die Militärparade in Moskau zum 9. Mai verläuft wie immer, das gesamte Funknetz ist ausgeschaltet. Die Waffenruhe hält wie Waffenruhen meist halten: eher nicht so. Ukrainische Truppen versuchen die Grenze zu Russland zu durchbrechen (Kursk, Belgorod). Samstag: Die „Koalition der Willigen“ fordert in Kiew eine 30-tägige Feuerpause, ab Montag; der Kreml „denkt darüber nach“. Merz kündigt an, dass über Waffenlieferungen an die Ukraine nicht mehr öffentlich berichtet werden soll. Sonntag: Putin kann sich ein Treffen mit Selenskyj in Istanbul vorstellen, am Donnerstag. Kiew, Odessa, Charkiw und Dnipropetrowsk werden mit Drohnen attackiert, die Waffenruhe ist vorbei, auch an der Front wird wieder gekämpft. Selenskyj will am Donnerstag in Istanbul auf Putin warten. Montag: Die Drohnenangriffe setzen sich fort, die Frontangriffe ebenfalls (133 an diesem Tag). Dienstag: Fast alle Player kündigen Reisen nach Istanbul an, Putin überlegt immer noch. Charkiw wird bombardiert, zwei Zivilisten sterben. Mittwoch: Macron möchte der Ukraine helfen, aber „keinen Dritten Weltkrieg auslösen“. In Sumy schlagen Raketen ein, drei Menschen sterben. Putin kommt nicht selbst nach Istanbul, was auch Trump nicht anreisen lässt. Donnerstag: Torskoje und Nowooleksandriwka (Donezk) sind „befreit“. Bis zum Abend bleibt offen, wer überhaupt bei den für morgen geplanten Gesprächen in Istanbul mit wem sprechen wird. Freitag: Am Vormittag beginnen die ersten trilateralen Gespräche seit drei Jahren in Istanbul, die zweiten und dritten Reihen verhandeln immerhin einen großen Gefangenenaustausch. Samstag: In Sumy wird ein Bus durch russische Artillerie getroffen, neun Menschen sterben. Für Montag wird ein Telefonat zwischen Trump und Putin angekündigt. Merz erkennt in Rom bei Meloni ein „gutes Einvernehmen“ mit Trump und sagt, Europa sei weit davon entfernt Truppen in die Ukraine zu entsenden. Sonntag: In der Nacht stundenlange Drohnenangriffe auf Kiew, mindestens ein Mensch stirbt. Bahatyr (Donezk) wird „befreit“. Der Papst empfängt Selenskyj. – Und ab morgen muss ich dann auch wieder mitschreiben, wie es bei Trump 2.0 weitergeht, nur nicht mehr als Extra Serie, weil wie man sich so seine eigene Welt zusammenlügen kann, echt ey, Pippi Langstrumpf, wo bist du, wenn es echte Trolle zu besiegen gilt? – White House Official am 4. Mai: Trump KI Bildchen (He-Man/Jedi in front of Flags and Eagles), Caption: „Happy May the 4th to all, including the Radical Left Lunatics who are fighting so hard to to bring Sith Lords, Murderers, Drug Lords, Dangerous Prisoners, & well known MS-13 Gang Members, back into our Galaxy. You’re not the Rebellion—you’re the Empire.“ FOX News: „BRAVERY IN BRONZE: A 12-inch tall sculpture depicting the attempted assassination of President Trump in Butler, PA, last year is displayed in the Oval Office.“ – Schlimm. Aber sogar in den Staaten selbst hat auch grade keiner mehr Bock, sagen sie sogar bei Ok, America. Die Dems sitzen das jetzt einfach aus und brauchen nicht mal mehr zu sagen: We told you so! Der „Handelskrieg“ mit China wird jedenfalls verloren, im Weißen Haus aber als Sieg verkauft. Der Hausherr ist aber sowieso unterwegs, auf Nahostreise aka Shopping like Billionaires: Neue Air Force One von Quatar, Standing Ovations in Saudi Arabien, flirten mit bin Salman während „YMCA“ läuft, und Elon ist auch wieder dabei. In Washington, D.C. werden derweil die ersten Articles of Impeachment (u.a. Korruption) vorgelegt. Fox News schaltet in den Gaslighting God Mode: James Comey hat bei Insta was gepostet! Ein Bild vom Strand. Mit Muscheln. Das Mosaik liest sich: „86 47“. Ein klarer Mordaufruf! „8 miles out and 6 feet deep“ solle der 47. Präsident sein Ende finden. Wie viel höheres Fieber hält die Welt eigentlich noch aus? – Die gehobene Satireszene in Deutschland (Deutschlehrer und aufwärts) schießt sich jedenfalls lieber auf Jens Spahn ein, Jan Böhmermann auf Weimer, und so brauchen #DieDoppeltenZwanziger das schon mal nicht machen. Gut so. Es gibt wichtigeres.

 

Faselland II
(Hidden Episode)

So.
Morgen dann also oberpünktlich aufstehen
und zu früh mit dem Rad in die Schule fahren;
ich habe mich an die kalten Hände gewöhnt.
Ganz ehrlich,
auf der einen Seite bin ich froh,
nicht mehr selbst am Einzeltisch
in einer Schulprüfung sitzen zu müssen,
und auf der anderen Seite auch,
weil meine selbsterstellten Prüfungen
anscheinend anstandslos
durch die Prüfung gegangen sind.
Also dann, GenZ,
welche Moral darf’s denn bitte sein?

Froh bin ich auch,
dass auch die schriftlichen Prüfungen
auch schon wieder
vorbei und bewertet sind.
Es war erneut auszuhalten bis erfreulich,
wobei die Auswahl der Prüfungsthemen
sicherlich auch wieder eine Rolle gespielt hat,
beim LISA arbeiten also noch Profis;
hier eine kleine Auswahl:
Der Leistungskurs Deutsch
hatte in diesem Jahr die Wahl
zwischen
der Klassenkampfmorgendämmerung bei Arno Holz,
der Geschichte der „Frauenliteratur“
von Jane Austen bis zu Martina Hefter,
dem schleichenden Gift der Wirtschaftssprache
und einem Dramenauszug,
der so sehr nicht der Rede wert war,
dass ihn zumindest bei uns
auch niemand gewählt hat;
Daniel Kehlmann
interessiert die nächste Generation Hochkultur
also herzlich wenig;
soll mir nur recht sein.
Der Grundkurs
durfte Stadtlyrik um 1900
auf 8.-10. Klasse Niveau analysieren,
oder die Kriegsmetaphorik in der Umgangssprache,
oder irgendein Drama,
oder durfte den älteren/konservativen Kolleg*innen
etwas über Memes erklären.
Das las sich insgesamt ganz gut weg.
Und auch in den anderen Prüfungen
der Alphabetisierungsquote,
Geschichte und Englisch,
ging es ebenso gegenwärtig zu:
War die Reichspogromnacht
doch nicht nur der reine „Volkswille“?,
bzw.
Is the „American Dream“
still alive?
Schon irre,
wenn ich bedenke,
dass darüber gerade so ziemlich die letzten
geschrieben haben,
die noch eine Welt
ohne einen Präsidenten Trump erlebt haben.
Für die folgenden
ist das alles
einfach nur
alles ganz normal.

Normal geworden sind auch Kampfjet-Überflüge
noch vor der großen Pause,
die sorgen höchstens noch für staunendes Lachen
am weit offenen Fenster.
Und normal soll es auch wieder sein,
dass vor den Schulen des Landkreises
Deutschlandfahnen wehen,
meint jedenfalls der Landrat.

Und normal wäre auch
ein solcher Textauszug
in irgendeiner mündlichen Prüfung,
Geo, Geschichte, Sozialkunde, Ethik, Religion,
Weltuntergang geht immer:
„40 Grad und Waldbrände in Israel,
fast 50 Grad in Teilen Pakistans und Indiens,
knapp 30 Grad in Österreich
– und morgen ist erst der 1. Mai.
Und alles läuft fast exakt so ab,
wie in den Warnungen vor Jahrzehnten:
Immer extremere Temperaturen
und gleichzeitig Krieg
und allgemeines Bröckeln der Zivilisation.“
(Bernhard Torsch. 2025)
Aber zur Klimakatastrophe
schweigt sich das Prüfungsamt
schon seit Jahren lautstark aus;
Schönwetter-Abitur.

 

Und es regnet doch schon wieder, dabei war doch erneut für die ganze nächste Woche kein Niederschlag angesagt. Nein, jetzt scheint schon wieder die Sonne, der April wird nachgeholt, die Regentrude will nicht schon weder vergessen sein, der August wartet noch. – Und wo ich gerade bei Ehrlichkeit war, heute am ersten Tag der zweiten Staffelhälfte der erste Staffel der zweiten Hälfte von #DieDoppeltenZwanziger, würde ich diese Version des Steine-den-Berg-hochrollen gerne auch einfach wieder zurückbringen können. Oder wenigstens in einen Umschlag stecken, auf den ich einfach nur ein Wort schröbe: Retoure. – Was machen eigentlich meine Balkonpflanzen?

 

„Am Fuße der Säulen wurde es blau von Vergißmeinnicht; dazwischen blühten gelbe und braunviolette Iris auf und verhauchten ihren zarten Duft. An den Spitzen der Blätter klommen Libellen empor, prüften ihre Flügel und schwebten dann schillernd und gaukelnd über den Blumenkelchen, während der frische Duft, der fortwährend aus dem Brunnen stieg, immer mehr die Luft erfüllte und wie Silberfunken in den hereinfallenden Sonnenstrahlen tanzte.“

(Theodor Storm. ebenda)

2 Kommentare
  1. Göran

    Mannomann, chapeau vor dieser Ausdauerleistung und dem Durchhaltevermögen – bist ein echter Trooper 😉
    Der eine schreibt – der andere läuft – Hauptsache man bleibt dran…

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    • Mathias

      Danke. Hab den Zeitpunkt zum Umkehren absichtlich verpasst. 😉

      Antworten

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