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… There’s A Victory Over The Sun (2) (S11:Ep16)

von | 2024 | 29. Dezember | Die Serie, Staffel 11 - If We Hold On ...

Bild: Barbara Schück: Dark Times. 2024.

 

So
ein schönes Wetter aber auch!
Seit drei Tagen strahlend blauer Himmel,
nur durchkreuzt
von einigen Kondensstreifen,
die stundenlang
wie mit dem Lineal gezogen
am Firmament verweilen.
Zwischen den Hügeln des Harzvorlandes
schwimmen Nebelinseln
bei absoluter Windstille,
bis hinauf in die Stratosphäre.
Die Sonne
wandert weiß glühend
über die Berge.
Um die null Grad.

Hier am Schreibtisch
ist es gerade halb Zehn durch,
der erste Kaffee ist alle,
und Simon Neil singt im Hintergrund
„this is not for your entertainment“.
Auch in diesem Sinne also:
Geschafft.
Die Chronik ist auf ihrem Scheitelpunkt angelangt;
bis zur Mitte haben wir schonmal durchgehalten;
Cheers!
Darüber,
wie #DieDoppeltenZwanziger
der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts
weiter die Zähne ziehen wollen,
lasse ich mich sicher später noch aus,
bis dahin
liegen aber noch einige Ellen Text vor mir;
erst die Arbeit,
dann ein wenig Vergnügen.
Außerdem muss ich auch erstmal noch,
wie wir alle,
die Weihnachtstunes aus den Ohren kriegen,
bevor das Geböller dann schon wieder losgeht.
Schaffen wir.
Weil:
Wir haben es geschafft,
und deshalb können wir es auch wieder schaffen,
mehr brauchen wir nicht zu sagen.
Seit gestern
würde umkehren
ja auch länger dauern.
Und bei Facebook
ist dieser Blog
inzwischen sogar
auf Level 2 geklettert!
(Thanks to the Quedlinburger Kleinbürgerschaft)
Aber was genau wir da „geschafft“ haben,
darüber wird auch die x-te Wochenzusammenfassung
heute wieder Zeugnis ablegen müssen,
sorry,
not sorry.

Ein paar Schlaglichter zu Beginn:
Der Weihnachtstourismus
in Bethlehem ist ausgefallen.
In Australien wüten die ersten Buschfeuer.
Keiner der Kriege ist beendet.
Elon Musk ist ein bekennender Fascho.
David Copperfield (die Romanfigur von Charles Dickens)
feiert das nächste große Comeback.
Austin Reaves zerlegt
die Golden State Warriors
in San Francisco
mit einem Triple Double
und dem Gamewinner
beim diesjährigen Christmas Game.
Ganz normale Woche,
in den Doppel20ern.

Aber wenn jetzt sogar Rezo laut denkt,
dass dieses Jahr
ein „Fiebertraumjahr“ war,
dann kann diese Chronik
ja so falsch nicht gelegen haben.
Es war also nie mehr Hoffnung gefragt?
Don’t you say.
Und da hier
ja schon länger
„Hoffen gegen jede Hoffnung“
angesagt ist,
machen wir einfach stur weiter,
Hoffen ist schließlich ein Verb.
So let’s be the sand in the gears
for the next five years!
Zu hyperoptimistisch?

Angesichts des Kommenden
kann allerdings gar nichts
zu hyperoptimistisch sein.
Denn wenn das jetzt
das Fiebertraumjahr war,
welche Metapher
soll den Influencer*innen
dann noch
für das nächste/die nächsten einfallen?
Immerhin hat sich der Endboss
der letzten fünf (und mehr) Jahre
mal eben so verdoppelt.
Der zweite Kopf,
der dem Monster
des spätmodernen Arschloch-Kapitalismus gewachsen ist,
der von Elon Musk,
stellt den Humanismus
vor die Herausforderung
durch den Transhumanismus,
oder das was Elon Musk dafür hält.
Bedenkt man die neuesten Enthüllungen,
erklärt sich sein Größenwahnsinn
aber wenigstens halbwegs rational:
Seine strenge Diät soll nämlich
auch aus diesem Cocktail hier bestehen:
Shrooms, Acid und Ketamin.
Okay.
Aber jetzt mal ernsthaft:
Wer in einem lockeren Plausch
mit Benjamin Netanyahu
Scherze darüber reißt,
doch eigentlich ja schon irgendwie
der inoffizielle Präsident der USA zu sein,
dem wird wohl nicht mehr zu helfen sein.
Denn der Mann ist,
wenn überhaupt ein Genie,
dann darin,
sich Feinde zu machen.
Die neueste Front:
Das MAGAverse,
also die Fanbase von Donald Trump,
in weniger als einem Monat
der offizielle Präsident der USA.
Bernhard Torsch fasst die Gemengelage
noch hoffnungsfroh zusammen:
„Zuzusehen, wie Elon Musk
bass erstaunt darüber ist,
dass die Nazis,
die er mit Millionen beschenkt hat,
auch seine indischen/pakistanischen/usw. Facharbeiter/innen hassen,
die er aber so gerne ausbeuten möchte,
und wie zwischen den Tech-Milliardären
und den überzeugten Rassisten
schon einen Monat vor der Machtübernahme
ein interner Krieg ausgebrochen ist,
ist schon lustig.“
Dass Elon tatsächlich völlig humorfrei ist,
zeigt eine seiner Reaktionen:
Während er eigenhändig
tausenden X-Usern
das blaue Häkchen wegnimmt,
postet er selbst sowas hier:
„Take a big step back
and FUCK YOURSELF in the face.
I will go to war on this issue
the likes of which
you cannot possibly comprehend.“

Ach doch, Elon,
ein paar von uns verstehen das schon.
So schwer ist das ja nicht:
Du hast die absolute Kontrolle
und die größte Reichweite
bei einem der einflussreichsten Medien aller Zeiten
und bestimmst dadurch (in-)direkt
auch die Diskurse in allen anderen.
Das kann man Allmacht nennen.
Und wozu du die benutzt,
daraus machst du ja auch kein großes Geheimnis.

Sogar die deutsche Welt
steht da Gewehr bei Fuß
und druckt kurz nach Weihnachten
einen Meinungsartikel
des Tech-P(r)o(ph)eten,
dessen Inhalt ich hier allerdings nicht reproduzieren werde,
wegen Gründen.
Es reicht festzuhalten,
dass die Ressortchefin, Eva Marie Kogel,
sofort nach Andruck
gekündigt hat.
Die AfD-Stammtische
haben also neue alte Hits,
zu denen sie feiern können:
Der Heiland der Rede- und Marktfreiheit
wird zitiert
als rede man
über einen von sich.

Und och über die „kleene süße Blonde“,
die Elon neuerdings für sich entdeckt hat.
An dieser Stelle fällt auch mir auf,
dass ich doch noch nie
über Naomi Seibt geschrieben habe,
obwohl sie doch schon länger
so eine seltsame Rolle
in dem ganzen Faschogame spielt.
Das hole ich zähneknirschend nach,
nicht dass ich mir hier noch
was nachsagen lassen muss.
Also:
Naomi Seibt ist die rechte Influencerin,
mit der Elon Musk
sein kürzliches Bekenntnis zur AfD gestützt hat.
Ihr Wikipedia-Eintrag beginnt so:
„Naomi Seibt (* 18. August 2000)
ist eine rechtsextreme deutsche Webvideoproduzentin,
die der AfD nahe steht
und zunächst insbesondere als Klimawandel-Leugnerin
auf YouTube bekannt wurde.
Im Laufe der Zeit begann sie
auch weitere rechte Erzählungen zu verbreiten.
Ihr YouTube-Kanal wurde Ende April 2021
wegen Verstößen gegen die YouTube-Gemeinschaftsrichtlinien
zu Fehlinformationen und Belästigung gesperrt,
ist aber seit März 2024 wieder erreichbar.“
Das jüngste Video,
das dort aufrufbar ist,
zeigt sie in den USA,
auf irgendeiner hardcore rechten Convention,
wo sie den Republikanern erklärt,
dass C in DNC (Demokratische Partei)
stehe für Communism.
Die Mittzwanzigerin
legte davor in Münster
eine beeindruckende (kind of) Schullaufbahn hin
bevor sie erst in Mannheim ein VWL-Studium abbrach
und danach im Internet ein Psychologiefernstudium,
um sich dann selbständig zu machen.
Die heutige „Youtuberin“ hat momentan
kaum mehr als 100.000 Abonnent*innen.
Dafür aber ist sie extrem vernetzt:
AfD,
Heartland Institute,
RNC,
Fox News,
Donald Trump,
Elon Musk.
Wisst Ihr Bescheid.

Bevor wir aber natürlich
auch gleich noch zu ihrer Großtante im Geiste kommen,
nur schnell noch was anderes
zum Drüberbescheidwissen:
In der Schweiz kam es kürzlich
zu einem „Geheimtreffen 2.0“.
Gemeinsam mit Vertretern
von „Blood & Honour“ und Konsorten
diskutiert irgendeine AfD-Kotré,
wie man politische Gegner deportieren könnte,
und irgendein AfD-Bundestagsabgeordneter-Beckamp
bietet dem illustren „Vorfeld“
Steuergelder zur Faschismusfinanzierung an.

Und damit dann zu Alice Weidel.
Denn natürlich
durfte/musste/sollte/wollte
die AfD-Kanzlerkandidatin
den Terroranschlag in Magdeburg
noch für den Wahlkampf benutzen.
Als einzige deutsche (Spitzen-)Politikerin
hält sie am Abend vor Heiligabend
eine „Rede“ vor dem Dom der Bördemetropole.
Und das ging so:
Tausende skandieren
„Alice, Alice, Alice!“
bevor sie überhaupt das erste Wort sagt.
„Liebe Magdeburger! …
Liebe Freunde! …“,
nach jeder Wortsalve wartet sie,
bis das Echo verklingt.
Ihre nächsten Worte
sind dann auch schon Lügen:
„Tat eines Islamisten, gegen Menschen, Deutsche, Christen“
(in dieser Reihenfolge);
vielleicht glaubt sie das sogar.
Nach kaum der ersten Minute,
sie hatte grade begonnen,
auf die Tränendrüse zu drücken,
muss der Rettungsdienst aktiv werden,
in der ersten Reihe
ist jemand bewusstlos geworden,
Alice geht kurz von der Bühne.
Dann dankt die den Rettungskräften
und der Polizei:
„Applaus bitte!“
Der Kloß steckt ihr immer noch im Hals
als sie ihre Deutung der Ereignisse framt:
Der emotionale Abstand falle schwer,
wenn man selbst zwei Söhne hat,
kein Trost sei möglich.
Sie atmet schwer
und schnäuzt sich fortlaufend.
„Hinterbliebene …
Ihr … seid nicht … allein.
Wir … hoffen … und bangen … mit euch!“
Alice fordert Solidarität mit den Opfern,
auch wegen der „Fehler unserer Regierung!“,
und überhaupt:
Deutschlandhasser raus!
Wie eingeübt schallt es aus dem Publikum:
„Abschieben!
Abschieben!
Abschieben!“
Eine einzelne Stimme
schreit aus der Talsohle des Echos:
„Der Islam gehört nicht zu Deutschland!“
Dann trauert Alice weiter
und weiß:
Nach der Trauer kommt die Aufarbeitung!
Werteverachter raus!
(„Abschieben!“),
die bisherigen Antworten der Regierung:
„Unverschämt!
(„Abschieben!“)
Die Verachter …
gehören … nicht … zu UNS!“
(„Abschieben!“
„Wer Deutschland nicht liebt,
soll Deutschland verlassen!“,
genau drei mal)
Sie fordert auch noch was:
Echte Aufklärung!
Polizisten besser schützen!
„Wir … alle … gemeinsam … wollen,
dass sich endlich ….
etwas ändert!
Wir … wollen … wieder …
in Sicherheit … leben! …
Freunde … ich wiederhole …
Wir … wollen …
dass sich …
endlich …
etwas ändert!“
Tränen laufen endlich über ihre Wangen,
das Taschentuch ist übervoll.
„Wir wollen …
dass wir … nie wieder …
mit einer … Mutter … trauern … müssen,
die auf so brutale … und sinnlose Weise …
ihren … Sohn … verloren hat.“
Ihre Stimme bricht.
Als sie sich wieder gefangen hat,
ruft sie zum Spenden auf,
für die Jugendfeuerwehr und das DRK.
Und dann spürt sie noch etwas:
„einen Funken des Zusammenhalts,
der wachsen sollte,
gesegnete Weihnachten!“
Beinahe verbeugt sie sich
vor ihrem Volk.
(„Alice (nicht „Alles“!) für Deutschland!“)

Schlimm, ich weiß.
Aber:
Zum gleichen Zeitpunkt
verhindert eine lange Menschenkette
um den Alten Markt
(Ort des Anschlags)
immerhin,
dass Alice Weidels Tränen drohen
dort auf den Beton zu fallen.
Außerdem stehen die örtlichen Polizeikräfte
zunehmend in der Kritik,
und der Nährboden
für die wildesten Verschwörungstheorien gedeiht prächtig.

So what,
am Tag nach Weihnachten,
löst der Bundesuhu den Bundestag auf;
ach ja,
da war ja noch was:
Die richtige,
wenn auch endnervige
deutsche Innenpolitik.
Während der Einzelhandel
schon wieder vom Weihnachtsgeschäft enttäuscht ist,
der nächste Preisschock
(Benzin, Gas, wegen CO2-Steueranhebung)
nur noch drei Tage entfernt ist,
und dem Öffentlichen Dienst
ein ziemlich schneller
„schleichender Blackout“ bevorsteht,
liegt die FDP
in den meisten Umfragen bei 3%,
was nicht viel mehr als
aber immerhin fast nichts ist.
Auf Anarchokapitalismus haben
also nur die wenigsten Bock.
Mal schauen,
wie lange noch.
Und immerhin empfindet
sogar Friedrich Merz
das Gebaren von Elon Musk
als „übergriffig“.

Gut.
Dann kurz nochmal Zeit
für
that time of the year!
Persönlich darf ich mich glücklich schätzen,
die hellsten Tage der dunklen Zeit
war ich bei Familie und Freund*innen,
es gab keinen Streit,
die Braten waren auf den Punkt,
die Soßen üppig,
die Siedler-Runden kurzweilig,
die Spaziergänge erhellend,
der Kerzenschein beruhigend,
die Gespräche richtig dosiert wichtig,
aber eher nervenschonend;
ich schlafe durch.
Das einzig tragische (sort of),
das ich hier bezeugen musste,
war ein Crash am Morgen
des Heiligen Abends.
In der scharfen S-Kurve
zwischen Warnstedt/Weddersleben
und Quedlinburg
musste ein Abschleppkran
eine völlig zerbeulte Karre
aus dem kleinen Abhang
auf der rechten Seite heben.
Verletzt hatte sich aber niemand,
so weit das zu erkennen war.

Am ersten Weihnachtsfeiertag
hat der Zeitgeist aber bereits genug
von der Besinnlichkeit:
In Kasachstan stürzt
ein vollbesetzte Passagiermaschine ab.
Nahe der Stadt Aktau
an der Küste des Kaspischen Meeres
sterben dabei 38 Menschen,
29 Menschen überleben,
einige mit schwersten Verletzungen.
Weil an der Außenhaut des Flugzeugs
ungewöhnliche Schäden zu sehen sind,
gibt es umgehend Spekulationen
um einen möglichen Abschuss der Maschine
mit einer Flugabwehrrakete,
Aserbaidschan bestätigt ebenfalls
eine Fremdeinwirkung.
Keine zwei Tage später ist Putin persönlich in Baku
und bittet um Entschuldigung.
Die russische Luftabwehr
habe vermutlich beim Versuch,
ukrainische Drohnen abzuwehren,
leider nicht nur die getroffen;
großes Sorry.
Und erst gestern
stürzt in Süd-Korea
erneut eine Passagiermaschine ab.
179 von 181 Insassen sterben in einem Flammenmeer.
Putin wird zur Stunde
noch nichts nachgesagt.

 

Kriegsprotokoll. Schreibtisch. Deutsche Heimatfront. Letzte Reihe.
Woche 146.
Immer noch nicht mal ein Weihnachtsfrieden. Montag: Am Morgen greifen Drohnenschwärme das Umland von Kiew an. Storoschewe (Donezk) ist „befreit“. Deutschland liefert das nächste Militärpaket: 15 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 A5, zwei Gepard-Flugabwehrpanzer, eine Panzerhaubitze 2000, zwei Flugabwehrsysteme vom Typ Iris-T, zwei Patriot-Abschussbasen. Selenskyj verkündet den bisherigen Tod von 3.000 Soldaten aus Nordkorea. Heiligabend: Schwere Kämpfe um Torezk, Pokrowsk und Kurachowe. Raketen treffen Krywyj Rih. Erster Weihnachtstag: Luftangriffe auf Charkiw, Cherson und Dnipro. Das Stromnetz kommt großteils zum Erliegen. Die ukrainische Artillerie beschießt Kursk. Pokrowsk wird von zwei Seiten angegriffen. Zweiter Weihnachtstag: Hihant (Donezk) ist „befreit“. In Nikopol (Dnipropetrowsk) wird der zentrale Markt von russischer Artillerie getroffen. Freitag: Der erste nordkoreanische Soldat gerät in ukrainische Kriegsgefangenschaft und stirbt. Sumy wird massiv mit Artillerie angegriffen. Russland sperrt nach dem Flugzeugabsturz den südlichen Luftraum. Iwaniwka (Donbass) und Sahrysowe (Charkiw) sind „befreit“. Die Ukraine will den (russischen) Gasdurchfluss in die Slowakei stoppen. Samstag: Merz kann sich deutsche „Friedenstruppen“ in der Ukraine nur mit völkerrechtlichem Mandat und im Konsens mit Russland vorstellen. Andrij Melnyk fordert 20.000.000.000 Militärhilfe von Deutschland, pro Jahr, vier Jahre lang. Die erste Ladung Flüssigerdgas aus den USA ist in der Ukraine eingetroffen. Das russische BIP ist im letzten Jahr um 3,6% gestiegen. Sonntag: ACAB diktiert der Bild am Sonntag: „Die Unterstützung der Ukraine ist weiterhin ein absoluter Selbstschutz unserer eigenen Sicherheit und unseres Friedens.“ Russland sieht sich gezwungen, sich ebenfalls nicht mehr an den INF-Vertrag zu halten, und behält sich vor, demnächst auch überall Kurz- und Mittelstreckenraketen zu stationieren. Auf Pokrowsk erfolgen an einem Tag 26 Attacken: Panzer, Artillerie, Luftwaffe. Das gleiche ich Kursk, nur noch ein paar mal mehr (35).

 

Unterdessen
leiden laut UNICEF
473.000.000 Kinder weltweit
unter Kriegen und Konflikten
– so viele wie niemals zuvor
seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs;
nur falls noch jemand einen Fakt braucht,
um die Existenz des Dritten
zu begründen.
Ungefähr eine halbe Million davon
leidet seit mehr als einem Jahr
im Gaza-Streifen
und hat nicht mal die Chance,
über das Meer irgendwohin zu fliehen.

Unterdessen
sind im selben Zeitraum
allein im westlichen Mittelmeer
mehr als 10.000 Menschen
auf der Flucht ertrunken,
1.500 davon Kinder.
Die junge welt ordnet ein:
„Dem spanischen König
sind die ertrunkenen
kein Wort wert.
Seine Weihnachtsansprache hatte einen Tonfall,
der für viele nach der extrem rechten Partei Vox klang.
Als er auf die Migration zu sprechen kam,
sagte er, sie würde
„ohne die richtige Lenkung“
zu Spannungen führen
und „den sozialen Zusammenhalt untergraben“.
Für diesen Zusammenhalt
ist permanent unterlassene Hilfeleistung
mit jährlich Tausenden Toten
offenbar kein Problem.“

Unterdessen
kündigt der neue Machthaber
in Syrien
eine Art Wahlen an,
in nur vier Jahren erst,
sowie eine neue Verfassung,
demnächst.
Der vorgelegte Zeitplan
zur Neuordnung des Landes
sieht auch die Auflösung
aller Geheimdienste
und der HTS-Miliz vor.
Was Zeitpläne
doch nicht alles vorsehen können.

 

Auch vor meinen Fenstern
ist es inzwischen
schon wieder stockdunkel.
Die Deadline probiert in der Stube
schon Kostüme für die Silvesterparty an,
und ich habe ja versprochen,
noch ein bisschen
in die chronische Glaskugel zu schauen,
in der Hoffnung,
irgendwo ganz tief drinnen
doch noch so etwas wie einen
Streifen von Silber zu finden,
und wenn es auch nur
die Reflektionen meiner Tageslichtleselampe sind.
Eine der sich dort verdichtenden Ideen
ist, die Chronik sinnfälligerweise
ab jetzt einfach zu spiegeln.
Und würde ich das ganze hier
nur etwas weniger ernst meinen,
böte sich dafür sicher auch
eine KI an.
Dagegen aber sprechen gute Gründe,
schließlich will ich
so wenig wie möglich Mitschuld daran tragen,
dass die KI zu schnell
zu intelligent wird.
Weil:
Einer der „Godfathers“ der KI
hat das hier vorgerechnet:
Er sieht die Chancen darauf,
dass die Menschheit
innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte
von der KI ausgerottet wird,
inzwischen bei guten 20%.
Und irgendein anderer „Godfather“
behauptet auch noch,
dass die KI noch nicht mal
ihr Embryonalstadium erreicht hat.
Die Klimakatastrophe
scheint noch überholt zu werden.

Zum Ende dieser Episode,
sowie auch der gesamten Staffel,
lehne ich die Spiegelung der Chronik
aber auch noch aus einem anderen Grund ab.
Denn das mit dem Spiegeln,
das kann mensch anscheinend
eben wirklich übertreiben,
wie Dr. Kate Adamala,
eine Expertin für synthetische Biologie
an der University of Minnesota erklärt:
“We therefore recommend
that research with the goal
of creating mirror bacteria
not be permitted,
and that funders make clear
that they will not support such work.
We should not be making mirror life.”
Ja, es gibt synthetische Biologie.
Ja, es gibt bereits Spiegel-Bakterien.
Und ja,
Elon Musk wird bereits Bescheid wissen.

Mag sein,
dass dieses Episodenende
selbst mir zu kryptisch geraten ist.
Aber hey,
nochmal:
Geschafft!
Vor mir und der Deadline
liegen ein paar ruhige Wochen,
wie viele,
das wissen wir noch nicht.
Hoffentlich genug.
Wir stellen uns aber erstmal darauf ein,
dann wenigstens nur die alten Krisendiskurse
weiter zu dokumentieren,
in der Hoffnung,
dass sie dem Weltuntergang
für’s erste noch Genüge tun.

Apropos,
schlussendlich dann noch
ein kleines Mitmachgimmick,
jedenfalls für alle,
die bis hier runter gescrollt haben.
Einfach, damit ich was habe,
auf das ich mich für die nächste Staffel freuen kann.
Was ich nämlich noch nicht habe,
das ist ein Staffeltitel.
Dabei gibt es nur wenige Regeln:
In der Regel
sind die Texttitel dieser Chronik
genialerweise geklaut
oder nur minimal variiert.
Klauen dürft Ihr,
wo Ihr wollt,
solange es Titel sind.
Titel von Songs,
von Alben,
von Büchern,
von Filmen,
von irgendwelchen Kulturgütern halt.
Und in der Regel
passen die Titel
auffallend zum Inhalt der Chronik
oder beabsichtigen das irgendwie.
Also,
welchen Titel könnte
das erste halbe Jahr
der zweiten Hälfte
von #DieDoppeltenZwanziger
tragen?
Irgendeine Form von Optimismus,
falls Euch noch eine einfällt,
ist ausdrücklich erwünscht;
ganz ohne was
hofft es sich so schwer.

 

„We can change the world
despite all our enemies.
We’re fighting on,
listen to your heart and sing.
Pray for love,
it feels like a memory.“

(Biffy Clyro. 2013)

 

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